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In unserer heutigen Ausgabe von „Irrationale Kursreaktionen“ schauen wir uns Shopify an. Sollte man den Kurssturz zum Einstieg nutzen, oder fangen die Probleme gerade erst an?
Volatilität pur: Shopify
Es spielt kaum eine Rolle, ob man sich die langfristige Kursentwicklung anschaut oder nur die Reaktion auf die jüngsten Quartalszahlen, an Volatilität mangelt es definitiv nicht.
An der Börse ist es normal, dass die Kurse stärker schwanken als die Fundamentaldaten. Shopify ist jedoch ein Extremfall.
Es gibt nicht viele Aktien, die sich innerhalb weniger Jahre ver-50-fachen, nur um dann komplett zu kollabieren und 86% an Wert zu verlieren.
Ausgehend vom Tief hat sich die Aktie dann wieder vervierfacht, in den letzten Wochen jedoch wieder massiv an Wert verloren.
Vergangene Woche kam es zu dem bisherigen Finale dieser wilden Achterbahnfahrt. Die Aktie ist nach den Quartalszahlen um mehr als 20% eingebrochen. Sind die geschäftliche Entwicklung oder der Ausblick wirklich so schlecht?
Der Gewinn lag in Q1 mit 0,20 je Aktie weit über den Erwartungen von 0,16 USD. Der Umsatz übertraf mit 1,86 Mrd. die Analystenschätzungen von 1,84 Mrd. USD ebenfalls.
Schockierend
Auf Jahressicht entspricht das einem Umsatzplus von 23% und einer Vervielfachung des Gewinns.
Der freie Cashflow ist jedoch der bessere Maßstab für die Ertragskraft des Unternehmens und konnte von 86 auf 232 Mio. USD gesteigert werden. Die FCF-Marge hat sich auf Jahressicht von 6 auf 12% deutlich verbessert.
Der Gesamtwert aller verkauften Waren auf der Shopify-Plattform (Gross Merchandise Volume / GMV) erhöhte sich um 23% auf 60,9 Mrd. USD.
Davon wurden 36,2 Mrd. USD über die Payment-Systeme von Shopify abgewickelt, 31% mehr als Vorjahr.
Der Umsatz im hochprofitablen Abo-Geschäft konnte um 34% auf 511 Mio. USD gesteigert werden. Die Bruttomarge liegt in diesem Segment bei über 80% und dürfte weiter steigen, denn die Grenzkosten für weitere Kunden sind sehr gering.
Der Umsatz in diesem Bereich ist auf Jahressicht um 129 Mio. USD gestiegen, die Kosten jedoch nur um 11 Mio. USD.
Falls Sie bisher vergeblich nach einem Grund für den Kurssturz suchen, geht es Ihnen wie mir.
Wenn man diese Überschriften ließt…
Für das zweite Quartal stellt man ein Wachstum im „hohen Zehnerbereich“ in Aussicht („high teens“).
Der Umsatz dürfte demnach auf 1,98 – 2,02 Mrd. USD steigen, was im Durchschnitt minimal unter den Konsensschätzungen von 2,01 Mrd. USD liegt. Darüber hinaus soll die Bruttomarge um einen halben Prozentpunkt sinken – von knapp über 50% auf knapp über 50%.
Falls Sie noch immer nach einem halbwegs sinnvollen Grund für den Kurssturz suchen, geht es Ihnen wie mir.
Doch der „schwache Ausblick“ wurde von den Börsenmedien als Grund für den Kurssturz genannt.
Die Überschriften sehen dann wie folgt aus: „Shopify Stock Slumps to Record Drop as Revenue Outlook Weakens“, „Shopify Stock Plummets After Lower Q2 Growth Expectations“ und „Shopify stock plummets 19% after it warns of a sales slowdown“.
Ließt man nur die Überschriften, könnte man meinen, Shopify würde in Schwierigkeiten stecken. In Wirklichkeit liegt die Umsatzprognose weitgehend auf dem Niveau der Konsensschätzungen, am oberen Ende sogar darüber.
Wurde das übersehen oder willentlich ignoriert?
Es wird aber noch interessanter. Shopify hat vor einigen Monaten das Logistikgeschäft verkauft, aus meiner Sicht die richtige strategische Entscheidung. Dadurch wirkt das Wachstum niedriger als es ist, da der Umsatz aus diesem Geschäftsbereich weggefallen ist.
Für das laufende Geschäft von Spotify, also ohne Logistiksparte, stellt das Unternehmen ein Wachstum im „niedrigen bis mittleren 20%-Bereich“ („low-to-mid-twenties“) in Aussicht.
Schaut man sich jetzt die Ratings an, die seitdem veröffentlicht wurden, muss man leider zu dem Schluss kommen, dass die Analysten auch nur Überschriften lesen. Goldman Sachs, Morgan Stanley, Barclays, Wells Fargo, UBS, Mizuho, Citigroup und RBC haben allesamt ihr Kursziel für Shopify gesenkt.
Über die Bewertung von Shopify kann man sicherlich streiten, die Aktie ist kein Schnäppchen. Aber die jüngsten Quartalszahlen sowie der Ausblick bieten keinerlei rationalen Anlass für Downgrades oder einen Kurssturz.
Ausblick und Bewertung
Aktuell kommt Shopify auf ein KUV von 9,9. Seit dem Börsengang lag das KUV durchschnittlich bei 18 und am absoluten Tiefpunkt bei 6,1.
Der forward P/FCF liegt bei etwa 70, ob das allerdings ein optimaler Bewertungsmaßstab ist, ist fraglich.
Es kommt wie immer auf die Betrachtungsweise an. Die Bären werden das schlichtweg als zu hoch ansehen und damit ist die Sache erledigt.
Die Bullen werden hingegen argumentieren, dass Shopify ein gut skalierbares Geschäft mit wiederkehrenden Einnahmen und planbarem Cashflow in einem gigantischen Markt besitzt und obendrein profitabel und mit hoher Geschwindigkeit wächst.
Ich würde mich eher im Bullenlager einordnen. Sollte Shopify in den kommenden Jahren wie erwartet Wachstumsraten von über 20% und FCF-Steigerungen von über 30% p.a. erzielen, werden die Kurse früher oder später wieder steigen.
Shopify ist am mittelfristigen Aufwärtstrend angekommen. Die Chancen stehen daher nicht schlecht, dass es zeitnah zu einer Erholung kommen könnte. Mögliche Kursziele liegen bei 60 und 66 – 70 USD.
Fällt die Aktie jedoch unter 55 USD, muss mit weiteren Verlusten bis 50 oder 46 USD gerechnet werden.
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