Börse aktuell

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Börse: Aktuelle Nachrichten der Woche

Neues von der Börse: Unsere aktuellen Börsennachrichten informieren Sie jede Woche über die derzeitige Börsenentwicklung. Was beschäftigt die Börse? Was steht diese Woche an? Diktieren Bullen oder Bären die Märkte? Sollten Sie Ihre Investitionen erhöhen oder lieber Gewinne mitnehmen? Wir geben Ihnen die Antworten auf diese Fragen, wagen einen Ausblick auf die kommende Börsenwoche und bewerten anstehende Ereignisse, die Auswirkungen auf den Börsenverlauf haben könnten.


Börse aktuell vom 25.-01.10.2023

„Remember to come back in September“ … kehrt die Hausse im vierten Quartal zurück?

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DAX
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Sell in May and go away“, das kennt fast jeder Anleger. Dass diesen Spruch umzusetzen nur bedingt eine gute Idee ist, haben wir an dieser Stelle schon einige Male dargelegt. Aber was ist mit dem zweiten Teil dieser Regel, die da lautet: „… but remember to come back in September“? Das würde ja jetzt anstehen – schauen wir mal, ob und wie sich das in den letzten Jahren gerechnet hätte.

Ein paar Aspekte sollten wir im Schnelldurchlauf vorab erwähnen, bevor wir uns mal ansehen, wie ein „Comeback im September“ denn im Schnitt für die Investoren gelaufen wäre. Zunächst einmal ist wichtig:

Diese Idee des „sell in May“ ist uralt und hatte früher einen Grund mehr, um funktionieren zu können: Ab Juni begann die Urlaubssaison und dauerte bis Anfang September. Wer damals im Urlaub war, war in der Zeit vor dem Internet von Informationen und Handelsmöglichkeiten fast völlig abgeschnitten, deshalb verkauften viele Anleger einen Teil ihrer Aktien, um im Fall von Abwärtsbewegungen weniger exponiert zu sein. Seit man problemlos zu jeder Zeit von jedem Ort aus traden kann, ist dieser Aspekt vom Tisch. Ein anderer jedoch nicht:

Der Spruch an sich hat immer noch einen tauglichen Hintergrund

Es gibt durchaus eine Art Zyklus aus Hoffen und Bangen im Jahresverlauf. Dadurch, dass man die Zeit in fixe Abschnitte in Form von Jahren teilt, bedeutet jedes neu beginnende Geschäftsjahr eine Art inneren Neuanfang. Was auch für die Volkswirtschaften an sich gilt. „Nächstes Jahr wird es wieder besser“ oder ggf. „noch besser“, hört man nicht nur oft, man verinnerlicht dieses Denken in Jahresschritten auch. Nicht umsonst sterben die Vorsätze zum Neuen Jahr einfach nicht aus, obschon man eigentlich wissen sollte: Nur, weil die letzte Ziffer in der Jahreszahl eine andere ist, mache ich noch lange nicht mehr Sport. Und das macht diesen Spruch in seiner Gesamtheit wiederum sehr interessant, wobei, das abschließend:

Niemand hat bislang klar festgelegt, ob man bei „sell in May“ und bei „come back in September“ am Anfang, in der Mitte oder am Ende des Monats verkaufen bzw. wieder einsteigen sollte. Was den Ausstieg im Mai angeht, ist der beste Moment auch wirklich nicht fixierbar. Beim September indes schon: Das Ende des Monats wäre da die weit klügere Wahl, denn wie zuletzt an dieser Stelle vor drei Wochen dargelegt, ist der September im Schnitt der schwächste aller Handelsmonate.

Der Jahreszyklus im Kopf und sein Effekt auf den Aktienmarkt

Diese Neigung, einem neuen Jahr die Chance auf ein „jetzt wird alles besser“ zuzuschreiben, ist überall zu finden. „Was wird das neue Jahr bringen“ ist eine Frage, die einem medial jedes Mal um die Ohren gehauen wird, so dass man selbst dazu neigt, in dieses Muster zu verfallen … obwohl man eigentlich genau weiß, dass die Welt keine „Runden zählt“, sich nichts ändert, nur, weil Neujahr ist. Aber wozu führt das?

Es führt dazu, dass man irgendwann gegen Jahresende beginnt, das „alte Jahr abzuhaken“. Zum Beispiel könnte man sich in Sachen 2023 sagen: Gut, die Inflation ist doch noch nicht besiegt, Zinssenkungen gibt es doch keine, die Wirtschaft stagniert, das haben wir uns eigentlich alles anders vorgestellt … aber! 2024 kommt, was 2023 nicht kam. Da gehen dann die Zinsen runter, die Wirtschaft wird durchstarten. Solche Hoffnungen beginnen, im Herbst zu keimen … und das ist es, was dieser Regel „come back in September“ die Chance bietet, zu funktionieren. Und das kann laufen, bis …

… bis einem dann im neuen Jahr nach und nach dämmert, dass die großen Erwartungen, mit denen man es behangen hat wie einen Christbaum, auch diesmal von einer weniger rosigen Realität eingeholt werden. So geschehen in diesem Jahr. Zwar wäre man, wenn man im Mai ausgestiegen wäre, keiner großen Baisse entgangen. Aber in Sachen Kursgewinne verpasst hätte man, das zeigen die Charts, in Bezug auf den Gesamtmarkt auch nichts.

Börse aktuell: Dax Entwicklung 2022/2023: Überprüfung der Redewendung Sell in May and go away … but remember to come back in September | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Dax Entwicklung 2022/2023: Überprüfung der Redewendung Sell in May and go away … but remember to come back in September | Quelle: marketmaker pp4

Dabei von Oktober bis Mai … wie rechnet sich das?

Da sich das alles reimt, muss ich diesen Spruch „dabei von Oktober bis Mai“ selbst noch in den Ring werfen. Das soll ja dann die Phase sein, in der man als Anleger investiert sein sollte. In der Zeit zwischen dem Aufkeimen großer Erwartungen an das nächste Jahr bis zu der Phase, in welcher diese in sich zusammenfallen. Wie wäre das gelaufen?

Grundsätzlich gut. Wenn man die Statistik des DAX betrachtet, zurückgerechnet bis 1959 inklusive seiner Vorgänger-Indizes, liegen alle Monate mit einer im Durchschnitt negativen Performance in der „sell in may“-Periode. Der Mai ist über diese 64 Jahre in etwa neutral, aber Juni, August und September sind Monate mit im Schnitt negativem Vorzeichen, nur der Juli ist langfristig ein positiver Monat. Alle Monate sonst, von Oktober bis April inklusive, weisen im Durchschnitt ein Plus auf. Die Macht der Hoffnung kann also durchaus etwas bewegen.

Wenn man für den DAX mal die Jahre 2000 bis 2022 hernimmt, das also über 23 Jahre betrachtet, und sich die Performance von Anfang Oktober bis Anfang Mai ansieht, so kommt man auf 14 Jahre, in denen man mit dieser Vorgehensweise Geld verdient hätte. Bei vier Jahren ging sich das in etwa null auf null aus, in fünf Jahren hätte man damit Verlust gemacht. Das klingt gut genug, um sich zu sagen: „Dann also nichts wie ran an den Speck, wenn diese letzte Septemberwoche über die Bühne ist“. Aber so leicht sollte man es sich besser nicht machen, denn:

Börse aktuell: Dax Entwicklung 2022/2023: Überprüfung der Redewendung Sell in May and go away … but remember to come back in September | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Dax Entwicklung 2022/2023: Überprüfung der Redewendung Sell in May and go away … but remember to come back in September | Quelle: marketmaker pp4

Und was ist mit dem „Crashmonat“ Oktober?

Auch, wenn die Monate Oktober bis April inklusive im langjährigen Mittel positiv sind, heiß das nicht, dass da nicht ein paar ganz üble Monate dabei sein könnten. Wer sich erinnert: 2018 beispielsweise war das vierte Quartal fatal, die Aufwärtswende kam erst an Weihnachten. Zwar wäre man beim DAX im Fall eines Einstiegs Anfang Oktober 2018 und einem Verkauf Anfang Mai 2019 trotzdem immerhin in etwa null auf null herausgekommen. Aber man muss ja nicht, nur, weil es so schön einfach ist, Abwärtsbewegungen mitmachen in der Hoffnung, dass die positive Statistik der „come back in September“-Regel das insgesamt schon ausgleichen bzw. überkompensieren wird.

Dabei ist es nicht sinnvoll, einfach den Oktober auszuklammern und erst Anfang November zu kaufen, nur, weil man ihm den Spitznamen “Crashmonat“ verpasst hat. Ja, die Crashs 1929, 1987 und auch 2008 fielen in den Oktober. Auch 1989 (Russland-Krise) und 1997 (Asien-Krise) rasselten die Kurse im Oktober heftig abwärts. Aber das verteilt sich eben über eine sehr lange Zeitspanne.

Die Mehrzahl der Oktober-Monate waren gute, weshalb die Durchschnitts-Performance des DAX ab 1959 für diesen Monat auch bei immerhin +0,72 Prozent liegt. Wobei, zugegeben, die anderen Monate von November bis April einschließlich außer dem trüben Februar (im Schnitt nur +0,2 Prozent) besser sind, am besten liegen da der November mit +1,43 und der März mit +1,57 Prozent. Aber Vorsicht!

Mit Abwägen und dem Blick auf die Charts fährt man besser!

Je mehr Jahre in eine Statistik einfließen, desto valider wird sie, zugleich werden aber Ausreißer durch die große Zahl an Jahren „glattgebügelt“. Und auch, wenn man in den vergangenen 64 Jahren unter dem Strich mit „sell in May, but remember to come back in September“ Gewinn erzielt hätte: Wer will denn auf diese Weise investieren? Zumal man, wenn es dumm läuft, dann ausgerechnet in einer Phase damit beginnen würde, wo es so oft schiefgeht, dass man lange Jahre bräuchte, um die Verluste der Anfangsphase dieser „Strategie“ wieder reinzuholen.

Hätte man beispielsweise im Oktober 2017 begonnen so vorzugehen, wäre man 2017/2018 ebenso wie 2018/2019 auf der Stelle getreten. 2019/2020 hätte man Verlust gemacht, 2020/2021 Gewinn, 2021/2022 wieder einen Verlust, 2022/2023 einen Gewinn. Nicht gerade grandios. Und warum lief es ausgerechnet zuletzt nicht ideal?

Börse aktuell: Dax Entwicklung 2017 bis 2023: Überprüfung der Redewendung Sell in May and go away … but remember to come back in September | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Dax Entwicklung 2017 bis 2023: Überprüfung der Redewendung Sell in May and go away … but remember to come back in September | Quelle: marketmaker pp4

Weil wir im März 2020 den Selloff wegen Corona und 2022 wegen des Ukraine-Konflikts hatten. Und das führt zu einer anderen Erkenntnis: Die Jahre, in denen das „come back in September“ eher nicht funktionierte, waren genau die Jahre, in denen die Aktienmärkte ohnehin wankten oder im Abwärtstrend waren. Konkret waren die drei Jahre, in denen das ab 2000 bis 2016 schief ging, die Jahre 2000/2001, 2007/2008 und 2008/2009. Sie sehen: Das waren genau die ohnehin miesen Börsenjahre. Und viele der Jahre, in denen die Phase Oktober bis April gut war, waren auch außerhalb dieser Zeit, also in der „sell in may“-Phase, gut gelaufen.

Börse aktuell: Mit Abwägen und dem Blick auf die Charts fährt man besser!

Statistiken sind interessant, geben Denkanstöße und lassen einen (hoffentlich) dadurch öfter genauer hinsehen. Aber sie sind kein Autopilot, weil sie die Ausnahmen glätten, die Extremfälle in der großen Masse der Daten verschwinden lassen.

Will man nicht dummerweise in einem solche Extremfall landen, täte man besser daran, die Daten beiseite zu legen und selbst zu überlegen, ob der Herbst 2023 einer sein könnte, in dem das Gros der Anleger mit großen Hoffnungen auf 2024 schon mal vorkaufen könnte bzw. das Geld dafür da und verfügbar wäre. Und man wäre gut beraten, anhand der Charts zu prüfen, ob es, wenn man bei diesem Abwägen zu einem „Ja“ käme, auch wirklich so kommt, sprich ob DAX & Co. mit bullischen Signalen aufwarten. Dann dem Trend zu folgen, ergäbe Sinn. Sich blind auf eine Performance-Melange aus vielen Jahrzehnten zu verlassen, nicht. Denn alleine einer Statistik wegen wird die Hausse im Oktober 2023 auf jeden Fall nicht zurückkehren.

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

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Börse aktuell: DAX, Dow Jones und Co.

Die heutigen Top-News und Börsenmeldungen zum DAX und der Börse USA mit dem Dow Jones, dem Nasdaq und dem S&P 500 als weltweit einflussreiche Indizes bilden einen Schwerpunkt unserer aktuellen Berichterstattung von der Börse. Auch gute Aktien, die momentan sehr stark im Fokus der Anleger stehen und steigende Börsenkurse prophezeien, werden wir Ihnen hier vorstellen. So bekommen Sie einen umfassenden Börsenausblick und können Ihre eigenen Börsenprognosen verifizieren oder falsifizieren.

Börse: Aktuelle Entwicklung und Trends

Die aktuelle Entwicklung und der aktuelle Trend an der Börse werden maßgeblich von Wirtschaftsnachrichten, Konjunkturdaten und Neuigkeiten von börsennotierten Unternehmen bestimmt. Diese wirken sich nicht nur auf Aktienkurse aus, sondern auch auf andere Assetklassen wie börsengehandelte Fonds, Optionen und Futures. Des Weiteren werden durch Börsennachrichten auch die Anleihemärkte und Rohstoffmärkte in Bewegung versetzt. Daher haben wir auch die Zinsen, den Ölpreis und Goldpreis immer im Blick.

Börse: Aktuelle Tipps zum Marktgeschehen

Neben Börsennews bekommen Sie auch hilfreiche Tipps, um das gegenwärtige Marktgeschehen besser zu interpretieren. Der Börsenmarkt setzt sich aus vielen verschiedenen Märkten zusammen. Jedes Land, jede Branche und jedes Finanzprodukt wird von individuellen Faktoren beeinflusst, sodass es schwierig ist, alle Märkte mit ihren jetzigen Chancen und Risiken zu verfolgen und zu analysieren. Mit Börse aktuell liefert Ihnen unser Börsenprofi die Börseninformationen, die wirklich wichtig sind, und zugleich eine kompakte Börsenvorschau der Woche.

Börse aktuell: Die letzten Nachrichten

Auf die Aussage der EZB am vergangenen Donnerstag, dass man mit den Leitzinserhöhungen jetzt vermutlich durch sei, folgte eine kräftige Rallye am Aktienmarkt. Aber kann man diesem Braten trauen? Denn ein womöglich von manchen ignorierter Halbsatz macht deutlich: Die harte Phase für die Wirtschaft könnte jetzt erst beginnen. Hat man das übersehen … oder hatte die Rallye womöglich einen anderen Grund?

Dass die EZB ihre drei Leitzinssätze am Donnerstag noch einmal um 0,25 Prozent anhob, war zwar von manchen zwar nicht erwartet worden. Aber ob der Basis-Leitzins, der sog. Hauptrefinanzierungssatz, jetzt bei 4,25 oder 4,50 Prozent liegt, ist für die Gesamtsituation nicht wirklich entscheidend. Weitaus bedeutsamer war, wie die Notenbank diesen Zinslevel einordnet. Dazu ein Zitat aus dem Statement zur Zinsentscheidung:

„Auf Grundlage seiner aktuellen Beurteilung ist der EZB-Rat der Auffassung, dass die EZB-Leitzinsen ein Niveau erreicht haben, das – wenn es lange genug aufrechterhalten wird – einen erheblichen Beitrag zu einer zeitnahen Rückkehr der Inflation auf den Zielwert leisten wird.“

Das lässt sich so interpretieren, dass die Phase der Zinsanhebungen jetzt vorüber ist. Zumindest, solange nichts passiert, das die Inflation dramatisch befeuern würde. Aber kann das der Grund gewesen sein, durch den die Eurozone-Aktien daraufhin kräftig zulegten und die US-Indizes (obgleich die US-Notenbank erst übermorgen entscheidet und die Sache anders sehen könnte) gleich mit? Das könnte nur dann der Fall gewesen sein, wenn viele auch große Akteure sehr kurzsichtig denken und/oder einen Teil dieses Statements nicht gelesen oder nicht verstanden haben. Und das bezweifle ich.

Es ist immer entscheidend, warum die Zinsen längere Zeit oben bleiben!

Zwar kann man nicht übersehen, dass EZB-Entscheid nebst Kommentierung und der Beginn der Kaufwelle zeitlich genau zusammen liegen, wie der folgende Chart zeigt. Aber haben wir es nicht oft erlebt, dass Notenbank-Entscheidungen oder wichtige Konjunkturdaten nur als „Vehikel“ von Kauf- oder Verkaufswellen dienten, mit denen man solche Bewegungen dann oberflächlich begründet in der Hoffnung, dass dadurch viele Trader auf die Bewegung aufspringen? Das haben wir in der Tat. Und ich sehe einen entscheidenden Grund, warum es sinnvoll wäre, auch diese Rallye dahingehend abzuklopfen, und zwar:

Börse aktuell: Entwicklung DAX nach EZB Zinsentscheid im September 2023 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung DAX nach EZB Zinsentscheid im September 2023 | Quelle: marketmaker pp4

Das Erreichen des Hochs eines Zinsanhebungs-Zyklus ist per se in keiner Weise bullisch, sondern kann sogar bärisch wirken. Und in unserem Fall ist das nicht unwahrscheinlich. Denn es kommt ja sehr darauf an, warum die Notenbanken die Zinsanhebungen beenden und das hohe Leitzinsniveau dann, und genau das war ja von der EZB klar formuliert worden, längere Zeit aufrechterhalten wird.

In den Neunzigerjahren gab es in den USA (die EZB startete erst 1999, daher nehme ich das US-Beispiel) eine mehrjährige Phase, in der die „Fed“ den Leitzins auf einem recht hohen Niveau hielt und jahrelang nur wenig veränderte, die folgende Grafik zeigt diese Zeitspanne. Das war damals für den Aktienmarkt nichts, das ihn gebremst hätte, die zweite Hälfte der Neunziger war für die Wall Street eine sehr gute Zeit. Aber das hatte auch einen Grund, den wir in diesem Chart ebenfalls sehen:

Börse aktuell: Entwicklung US-Leitzins und US-Bruttoinlandsprodukt von 1993 bis 2009 im Vergleich | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung US-Leitzins und US-Bruttoinlandsprodukt von 1993 bis 2009 im Vergleich | Quelle: marketmaker pp4

Das Wachstum war und blieb stark. Und die Motivation der „Fed“ war eine andere. Nämlich die, die eigentlich immer die Basis für Zinserhöhungen sein sollte: das Wachstum rechtzeitig so zu bremsen, dass es gar nicht erst zu einer aus dem Ruder laufenden Inflation kommt.

Diesmal ist die Situation jedoch eine andere: Die Inflation ist eben im Vorfeld außer Kontrolle geraten. Dass das an den Verzerrungen im Wirtschaftsgefüge als Folge der Corona-Problematik lag, entschuldigt zwar, dass die Notenbanken den Leitzins nicht so schnell und früh anhoben, dass die Preise gar nicht erst aus der Bahn geraten. Aber es ändert nichts daran, dass wir jetzt hohe Zinsen haben, um die Inflation loszuwerden und nicht, um sie zu verhindern.

Zins-Plateaus sind normalerweise keine gute Phase für den Aktienmarkt

Dass das verklausulierte Verkünden eines Zinsplateaus, d.h. einer längeren Phase hoher Leitzinsen, kein Grund für Jubel am Aktienmarkt ist, ergibt sich genau daraus. Denn wenn die EZB schreibt, dass  die Beibehaltung des jetzt erreichten Levels, der immerhin so hoch ist wie seit 22 Jahren nicht mehr, „einen erheblichen Beitrag zu einer zeitnahen Rückkehr der Inflation auf den Zielwert leisten wird“, meint sie damit erstens mit „zeitnah“ nicht „in Kürze“. Denn immerhin hat die Europäische Zentralbank am Donnerstag zugleich neue Inflationsprognosen vorgelegt und sieht die Teuerung im Jahr 2024 im Schnitt jetzt bei 3,2 Prozent und damit höher als bislang.

Börse aktuell: Entwicklung EZB-Leitzins und DAX von 1999 bis 2023 im Vergleich | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung EZB-Leitzins und DAX von 1999 bis 2023 im Vergleich | Quelle: marketmaker pp4

Zweitens impliziert diese Aussage einen für die Wirtschaft und den Aktienmarkt negativen Aspekt, den die Anleger eigentlich kennen müssten: Hohe Zinsen wirken erst mit der Zeit und keineswegs sofort. Nur neue Kredite oder die, bei denen die Zinsbindung ausläuft, sind teuer. Erst jetzt, nachdem die inflationsbedingten, das Wachstum stützenden Vorkäufe vorüber sind und man seitens der Verbraucher davon ausgeht, dass die Preise erst einmal hoch bleiben, geht die Anschaffungsneigung zurück. Und solange man damit rechnet, dass sinkende Preise noch nicht in Reichweite sind und das derzeitige Preislevel z.B. bei Autos, Möbeln oder Reisen immens hoch ist, bleiben die Konsumenten mit dem Fuß auf der Bremse … das werden die Ergebnisse des dritten und vierten Quartals bei vielen Bilanzen auch widerspiegeln.

Schon in „normalen“ Phasen, in denen wir nicht mit dieser untypischen Situation einer aus Materialengpässen und Lockdown-Phasen befeuerten Inflation konfrontiert wurden, waren Zinsplateaus keine gute Zeit für den Aktienmarkt, wie die vorstehende Grafik zeigt. Aber jetzt gilt das erst recht. Die „Wirkphase“ der hohen Zinsen hat erst begonnen … und muss weitergehen, bis die Inflation vorbei ist.

Danach könnte sie in Deflation übergehen, dann werden die Notenbanken die Zinsen rasant senken müssen. Aber erst am Ende des Weges, wenn man im Gegenteil zu jetzt davon ausgeht, dass das Tal der Zinssenkungsphase erreicht ist, das Geld wieder „billig“ ist, dann kommt eine gute Zeit für Wirtschaft und Unternehmensgewinne. Wie lange es bis dahin dauert, ist nicht vorhersehbar. Aber auf jeden Fall lange genug, um konstatieren zu können: Das jetzt am Aktienmarkt schon mal vorwegnehmen zu wollen, ist absurd.

Könnte die Rallye einen anderen Grund gehabt haben? Ja, das könnte sie!

Also kann es nicht schaden, nach möglichen anderen Gründen für die Rallye nach der EZB-Entscheidung zu fahnden. Und da wird man schnell fündig. Denn einen Tag später stand ja der „dreifache Hexensabbat“ an, die große Abrechnung an der Terminbörse. Ein Termin, an dem extrem viel Geld verdient werden kann. Aber auch verloren, wenn die Kurse so knapp vor der Abrechnung in die für die großen Spieler falsche Richtung davonlaufen, dass man sich nicht mehr dagegen absichern kann. Liegt da die Basis der Aufwärtsbewegung?

Börse aktuell: Entwicklung Dow Jones im Jahr 2023 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Dow Jones im Jahr 2023 | Quelle: marketmaker pp4

Wenn man sich die Charts von Dow Jones und Euro Stoxx 50 anschaut, liegt es nahe, das zu bejahen. Der Dow war wieder in eine Schlüssel-Supportzone gerutscht und kam bis dahin einfach nicht mehr aus ihr heraus. Eine negative Reaktion auf das Avis der EZB, den Leitzins vorerst hoch zu lassen, hätte diese Zone direkt vor der Abrechnung am Terminmarkt brechen können, das galt es zu verhindern. Dass der Index schon am Freitag während der Abrechnung wieder zurückfiel, ist dabei nicht übrigens gerade ein Signal dafür, dass man sich auf womöglich ähnliche Aussagen der US-Notenbank übermorgen freut.

Börse aktuell: Entwicklung Euro Stoxx 50 im Jahr 2023 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Euro Stoxx 50 im Jahr 2023 | Quelle: marketmaker pp4

Und beim Euro Stoxx 50 war die Lage noch brenzliger. Denn der rang um die 200-Tage-Linie, von der er diesmal einfach nicht loskam. Hätte man auf diese EZB-Entscheidung hin eine Abwärtsbewegung gesehen, hätte man das medial natürlich völlig anders kommentiert, etwa mit „EZB droht mit für lange Zeit hohen Leitzinsen, Anleger entsetzt“ oder sonstigen Sprüchen. Es wären Anschluss-Verkäufe zu befürchten gewesen, die den Euro Stoxx 50 ausgerechnet in dem Moment, in dem es für die großen Akteure am Terminmarkt um Unsummen geht, aus der Handelsspanne nach unten hätten drücken können. So aber wirkte es, als gäbe es keinen Grund zur Unruhe, sondern zur Freude.

Dass sich die Gewinne des Freitags nicht besonders gut halten ließen, sollte jedoch Anlass sein, die Sache im Auge zu behalten. Denn Aspekte, die als bullisch gepriesen werden, ohne es wirklich zu sein, haben gemeinhin keine allzu nachhaltige Auftriebskraft.

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

Deflation scheint bei einer Inflationsrate von zuletzt 6,1 Prozent in Deutschland kein Thema zu sein. Aber ob man die Historie bemüht oder die Logik: Sie könnte schneller da sein, als die meisten glauben. Und sinkende Preise wären doch genau das, was wir brauchen … warum also spricht nahezu niemand von einem solchen Szenario?

In dieser Woche dürfte die neueste Prognose der EZB in Sachen Wachstum, Arbeitslosigkeit und Inflation anstehen. Für dieses, für nächstes und für übernächstes Jahr wird in die Glaskugel geblickt. Und obschon man eigentlich weiß, dass man diese Dinge nicht prognostizieren kann, weil zu viele unvorhersehbare und in ihrer Relevanz zugleich nicht eingrenzbare Faktoren jede Prognose über den Haufen werfen können (und es erfahrungsgemäß auch dauernd tun) wird man mitteilen, ob man jetzt eine höhere oder niedrigere 2024er-Inflationsrate sieht als die 3,0 Prozent, die man zuletzt vorhergesagt hat. Doch eigentlich muss man sich auch bei den relativ moderat scheinenden 3,0 Prozent die Frage stellen: Wieso so viel?

Die Inflationsrate sinkt von alleine, wenn …

Die folgende Grafik zeigt, wie schnell und weit die Preise in den vergangenen zweieinhalb Jahren gestiegen sind. Und zwar als Verbraucherpreisindex, der die Preisentwicklung nicht prozentual, sondern als Preisindex darstellt und mit einer logarithmischen Skalierung, um die Vergleichbarkeit zu ermöglichen. Eine solche Dynamik der Teuerung hatten wir in diesem Jahrhundert noch nicht einmal ansatzweise.

Börse aktuell: Entwicklung der Inflation in Deutschland - dargestellt anhand des harmonisierten Verbraucherpreisindex von 2000 biss 2023 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung der Inflation in Deutschland – dargestellt anhand des harmonisierten Verbraucherpreisindex von 2000 biss 2023 | Quelle: marketmaker pp4

Wenn man sich dann umschaut, wie erheblich die Wirtschaft seit Monaten in Europa wankt, wäre es eher überraschend, wenn die Preise auch in einem Jahr noch so stark zulegen wie zuletzt. Selbst, wenn der Preisanstieg kontinuierlich weiterginge, aber nur noch in der Region von im Schnitt 0,2 Prozent pro Jahr läge (für Juni, Juli und August lagen wir bei 0,3 Prozent), würde man bei der Inflationsrate schnell in Richtung der Zielzone der EZB, d.h. einer Jahresrate um die 2,0 Prozent, landen. Denn diese Inflationsrate rechnet ja die prozentuale Veränderung eines Monats im Vergleich zu den Preisen ein Jahr zuvor. D.h. blieben wir beim jetzigen Preisanstiegs-Tempo von 0,3 Prozent pro Monat, hätten wir im Juni 2024 eine Inflationsrate von 3,6 Prozent. Geht es auf 0,2 Prozent nach unten, kämen wir ein Jahr später bei 2,4 Prozent heraus.

Und diese Berechnungsweise bedeutet auch, dass es egal ist, ob der Weg an die Zwei-Prozent-Marke weit oder kurz ist, ob man von zehn oder vier Prozent Inflation kommt: Die hohen Inflationsraten verschwinden ja mit Fortschreiten der Zeit aus der Berechnung. Nicht für uns Verbraucher, denn die vorstehende Grafik macht ja klar, dass die Preise natürlich „oben“ bleiben, auch, wenn sie ab jetzt nicht weiter steigen und die Inflationsrate dadurch in zwölf Monaten bei null läge.

Aber werden die Preise denn überhaupt kontinuierlich weiter steigen? Dieser Verbraucherpreisindex zeigt ja auch Phasen, in denen er sinkt, sprich die Preise sogar wieder fallen. Wieso soll das jetzt nicht möglich sein?

Deflation ist möglich … aber zwei Aspekte bremsen derzeit

Es ist möglich. Wenn wir uns im nächsten Chart einmal anschauen, wie eng die Inflationsraten und der Umsatz im Einzelhandel korrelieren, hier anhand der Daten für die Eurozone, sollte man erwarten, dass die Preise jetzt, wenn überhaupt, nur noch wenig zulegen. Der Einzelhandelsumsatz liegt – und zwar auf Basis bereits um die Inflation bereinigter Daten – gegenüber dem Vorjahresmonat niedriger. Das alleine reicht normalerweise schon, um die Unternehmen zu zwingen, die Finger von den Preisen zu lassen. Zumal die Argumente massiv gestiegener Kosten jetzt nicht mehr so ziehen wie vor einem Jahr.

Und dass wir für die Eurozone derzeit noch bei einer Inflations-Jahresrate von 5,3 Prozent liegen, ist nicht das Problem, denn wie oben dargelegt, fällt die Rate, wenn die Preise nicht oder nur noch wenig steigen, aufgrund des statistischen Basiseffekts von alleine, je mehr Zeit vergeht. Warum also liegt diese EZB-Prognose für 2024 bei 3,0 Prozent, auf einem Level also, der zwar keine weiteren Leitzinserhöhungen erfordern müsste, aber andererseits keine schnell sinkenden Zinsen erwarten ließe?

Börse aktuell: Entwicklung der Jahresrate der Eurozone-Inflation und des Einzelhandelsumsatzes in der Eurzone von 2005 bis 2023 im Vergleich | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung der Jahresrate der Eurozone-Inflation und des Einzelhandelsumsatzes in der Eurzone von 2005 bis 2023 im Vergleich | Quelle: marketmaker pp4

Zwei Aspekte stellen Probleme für ein Ende des Preisauftriebs dar, und die EZB erkennt diese auch als solche. Das Dumme dabei: Beides kann die EZB nicht beeinflussen.

Zum einen geht es um die für den eigenen Gewinn günstige, für die Gesamtwirtschaft jedoch fatale „Strategie“ nicht gerade weniger Großunternehmen, beispielsweise im Bereich Automobilindustrie, Nahrungsmittel oder Bekleidung, die (wegen der steigenden Zahl an Verbrauchern, denen das Geld ausgeht) sinkenden Verkaufszahlen durch immer höhere Preise auszugleichen. Man setzt darauf, dass die Vermögenden diese Preise einfach bezahlen werden, weil sie es können und auf nichts verzichten wollen. So gelingt es, mit weniger Absatz trotzdem den Gewinn zu halten oder gar zu steigern. Das ist an sich schon eine äußerst ungute Sache. Aber da die Inflation an den Preisen selbst gemessen wird und nicht daran, wie viele sich diese Preise leisten können, kann der Preisauftrieb dadurch trotz sinkender, realer Einzelhandelsumsätze zu hoch bleiben.

Der zweite Aspekt ist die Lohn/Preis-Spirale, vor der die EZB von Anfang an warnte, die man aber bei Unternehmen und Politik einfach mal als Risiko ausgeschlossen hatte … um sie dann selbst loszutreten. Gemeint ist: Unternehmen, die durch den ersten Aspekt immer noch dicke Gewinne einfahren, heben die Löhne ihrer Mitarbeiter mindestens um die Inflationsrate an, um sie zu halten. Hinzu kommen die Gewerkschaften mit immens hohen Lohnforderungen, basierend auf dem Argument, dass man sicherstellen muss, dass die Inflation keinen Nachteil für die Arbeitnehmer bedeutet. Dabei ignoriert man, dass die Inflation nur verschwindet, wenn der Konsum zurückgeht, ansonsten würden die Unternehmen nie und nimmer freiwillig die Preise senken. Dadurch haben diese Unternehmen dann aber deutlich höhere Lohnkosten. Die schlagen sie auf die Preise ihrer Waren drauf. Das wiederum befeuert die Inflation. Und die wiederum dient als Argument für noch höhere Löhne. Ein Kreislauf, der nicht durchbrochen wird, weil der Arm der Notenbanken nicht in die Unternehmen hinein reicht.

Durch diese beiden Aspekte haben wir auch das Problem, dass das Gros der Bevölkerung sehr wohl in einem rezessiven Umfeld feststeckt, die Zahlen aber keine echte Rezession ausweisen, weil immer weniger, dafür aber zu immer höheren Preisen, weiter konsumieren wie zuvor und damit die rechnerische Wertschöpfung relativ stabil halten.

In früheren Jahren reagierte die EZB schneller … warum nicht diesmal?

Deswegen muss die EZB sich vorbehalten, die Zinsen noch höher zu schrauben. Zwar wissend, dass das immer mehr Menschen in die Bredouille bringt, aber das ist die einzige Schraube, die sie anziehen kann, um die „Preispolitik“ vieler Unternehmen und die Lohn/Preis-Spirale zumindest abzumildern. Denn würde es „normal“ laufen, würde die EZB aktuell womöglich nicht nur über erste Zinssenkungen nachdenken, sondern sie bereits umsetzen. Schauen Sie sich dazu mal die nächste Grafik an: Früher senkte man bereits früher, um es salopp auszudrücken.

Börse aktuell: Entwicklung der Inflationsrate und der Leitzinsen von 1994 bis 2023 im Vergleich | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung der Inflationsrate und der Leitzinsen von 1994 bis 2023 im Vergleich | Quelle: marketmaker pp4

Sie sehen hier, dass die EZB seit Beginn ihrer Aktivität 1999 die Leitzinsen deutlich früher anzuheben pflegte, als es diesmal der Fall war, dann aber auch schneller senkte, wenn die Inflationsrate zurückkam. Man muss zwar berücksichtigen, dass die Inflation in den früheren Phasen niedriger war und man daher bei den ersten Senkungen schon in der Region von etwa zwei Prozent in der Jahresrate lag. Aber wie eingangs geschrieben:

Wenn es nicht zu wild und unvorhersehbar zugeht, passiert das irgendwann im kommenden Jahr vermutlich auch alleine durch den statistischen Basiseffekt. Aber trotzdem spricht man weiter von Anhebungen und nicht von Senkungen und, vor allem, nicht von Deflation, die ja leicht entstehen würde, wenn die Preise nicht nur nicht stiegen, sondern wegen des massiven Drucks auf immer mehr Verbraucher fallen. Wieso nicht?

Warum ist Deflation ein unerwünschtes Thema?

Das hat vor allem einen, gewichtigen Grund: Wenn sich abzeichnet, dass die Preise fallen werden, tun die Verbraucher das Gegenteil dessen, was sie tun, wenn sie damit rechnen, dass die Preise steigen werden. In letzterem Fall kaufen sie so viel wie möglich zu aus ihrer Sicht noch günstigen Preisen vor, dadurch bleibt das Wachstum längere Zeit hoch und stabil, obwohl die Inflation wütet. Aber wenn sie damit rechnen, dass die Preise fallen werden, schieben sie alles an Anschaffungen, was sich irgendwie aufschieben lässt, auf und warten auf tiefere Preise. Und das bedeutet: Die Konjunktur fällt in ein Loch.

Und zwar in ein Loch unbekannter Tiefe. Denn dadurch entsteht wiederum ein Kreislauf, den man Kaufverweigerungs-/Preis-Spirale nennen könnte. Die Konsumenten konsumieren nicht, die Unternehmen geraten in Not und müssen dann eben doch die Preise senken. Das aber führt zu Gewinneinbrüchen und die wiederum zu Entlassungen, so dass das Warten auf niedrigere Preise immer mehr von einer steigenden Arbeitslosenzahl abgelöst wird, wodurch noch weniger konsumiert wird.

Diesen Prozess dann mit sinkenden Leitzinsen zu stoppen, kann funktionieren, muss aber nicht. So etwas hatten wir 2008 erlebt, als die Angst ums Geld im Zuge des Immobiliencrashs zu einer Konsum-Vollbremsung führte und die Weltwirtschaft trotz massiver Stimuli durch Geld der Regierungen und rasant gesenkte Leitzinsen ziemlich lange brauchte, um wieder in die Spur zu kommen. Wobei dann in Europa auch noch die Eurokrise folgte, die zum Teil eine Spätfolge der geplatzten Immobilienblase und zu einem anderen Teil Folge einer zu hohen Verschuldung war (wie wir sie bei Unternehmen und Verbrauchern derzeit auch sehen).

Deshalb hütet sich alles und jeder, das Thema Deflation, die eigentlich für so viele Verbraucher hoch willkommen wäre, auch nur anzusprechen: Aus Angst, dadurch bereits das Warten auf niedrigere Preise zu provozieren und damit die Büchse der Pandora zu öffnen. Aber ob das allein ausreicht zu verhindern, dass die Preise in absehbarer Zeit fallen werden? Ich denke nicht!

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

Der Börsenmonat September ist, rein von der Statistik her, der schwächste aller Börsenmonate. Aber Statistiken werden ja nicht selten z.B. bzgl. Startzeitpunkt und den verwendeten Daten so aufgebaut, dass herauskommt, was dem Verfasser zur Unterfütterung seiner Aussage dienlich ist. Man sollte also etwas genauer hinschauen: Ist der September wirklich so schlecht wie sein Ruf? Und wie steht die Chance, dass die Bullen in diesem Jahr der Statistik entkommen?

Man könnte es kurz machen, indem man konstatiert: Ja, er ist tatsächlich ein schlechter Börsenmonat. Punkt. Aber das alleine wäre keine taugliche Aussage, wenn sich Anleger fragen, ob man da für die kommenden Wochen den Kopf einziehen, Positionen reduzieren oder gar auf die Short-Seite wechseln sollte. Und ein Aspekt, der einerseits unterfüttert, dass dieser Monat wirklich schlecht ist, relativiert die Sache zugleich. Aber der Reihe nach:

So sicher negativ, wie es in der Statistik wirkt, ist der September nicht

Tatsächlich ist der September, ob man nun den DAX oder andere Indizes betrachtet, der schwächste Monat des Jahres. Und das schon lange. Seit 1959 weisen der DAX bzw. seine Vorläufer (den DAX gibt es erst seit 1987) im September ein durchschnittliches Minus von 1,8 Prozent auf. -1,8 Prozent, das wirkt nicht wirklich dramatisch. Aber es ist die stärkste aller durchschnittlichen Monatsveränderungen. Die zweitgrößte Veränderung findet sich für den März mit im Schnitt +1,57 Prozent, gefolgt vom November mit +1,43 Prozent.

Auffällig ist dabei zudem, dass eigentlich nur der September ein im langfristigen Durchschnitt schlechter Monat ist. Sieht man mal vom Mai ab, der mit im Schnitt -0,02 Prozent letztlich neutral ist, gibt es außer dem September nur noch zwei Monate, die eine negative Langfrist-Performance ausweisen: den Juni mit -0,25 und den August mit -0,36 Prozent. An die Deutlichkeit der Richtung des Septembers reicht da also nichts heran. Und trotzdem muss man die Sache relativieren.

Denn gerade wegen des langen Erhebungszeitraums werden die monatlichen Differenzen immer kleiner. Selbst für die so markant wirkenden -1,8 Prozent des Septembers muss man festhalten: Da sind halt auch einige Jahre mit einem September dabei, der kräftige Kursgewinne brachte. Die sind zwar in der Minderheit, wie wir anhand des folgenden Charts sehen, der den DAX auf Monatsbasis seit dem Jahr 2000 zeigt. Aber nicht so sehr, wie man es meinen könnte:

Börse aktuell: DAX Entwicklung im September von 2000 bis 2022 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
DAX Entwicklung im September von 2000 bis 2022 | Quelle: marketmaker pp4

Fest davon auszugehen, dass es jetzt mit dem DAX abwärts gehen wird, ist daher gewagt. Die Länge des gemessenen Zeitraums ist zwar einerseits eine Bestätigung für ein höheres Risiko im September, andererseits wird dadurch nicht deutlich, was der Chart zeigt: Gute September-Performances sind so selten eben doch nicht.

Was auch der Oktober deutlich macht, der einerseits zwar den Spitznamen „Crashmonat“ trägt … wobei in der Tat die Crashs 1929, 1987 und 2008 in den Oktober fielen. Aber die Statistik bescheinigt dem Oktober langfristig, ab 1959 gerechnet, ein durchschnittliches Plus von 0,92 Prozent. Was ebenfalls klar macht: Ausreißer gibt es immer. In jedem Monat, auch im September. Die Frage ist indes, ob das auch diesmal so kommen wird.

Überall geht die Stimmung in den Keller, nur am Aktienmarkt nicht. Noch nicht?

Sie können sich meine Antwort, wenn Sie mich schon länger lesen, denken: Das kann man nicht vorhersagen. Die Zukunft ist immer ein Buch mit sieben Siegeln. Aber an der Börse, an der Logik oft ein Fremdwort ist, weil der Großteil der Marktteilnehmer – bisweilen auch die ganz großen – von Emotionen und nicht von der Ratio getrieben wird, erst recht. Aber natürlich kann man die Rahmenbedingungen abklopfen, um zumindest tendenziell abschätzen zu können, in welche Richtung es laufen könnte.

Da hätten wir in diesem Jahr allerdings in der Tat Vorteile für das bärische Lager. Seit Monaten stemmt sich der Aktienmarkt gegen eine Entwicklung, die zwar zutiefst unerwünscht ist, aber zugleich absehbar war und jetzt an Kontur gewinnt: Je langsamer die Preise weiter steigen, desto schwächer wird die Gesamtwirtschaft. Der Grund: Die Inflation verliert nicht deswegen an Fahrt, weil die Unternehmen die Preise nicht weiter anheben wollen, sondern weil sie es nicht können.

Immer mehr Verbraucher werden von den bereits gestiegenen Kosten erdrückt, so etwas wirkt nun einmal mit einer Zeitverzögerung. Hinzu kommen die ersten Kredite und Hypotheken, deren Zinsbindung ausgelaufen ist und die jetzt zu weit höheren Zinsen weiterlaufen. Und die Preise für Benzin und Heizöl mögen zwar niedriger sein als in der Extremphase des Vorjahres. Aber vergleicht man den Preis für einen Liter Heizöl heute mit dem von Anfang September 2021, sind da eben dennoch 50 Prozent mehr fällig. Hinzu kommt, dass die inflationsbedingten Vorkäufe ausgelaufen sind. Die massiven Materialkäufe der Unternehmen nach der Phase der Materialengpässe sind einem sukzessiven Abbau der Lagerbestände gewichen, so dass jetzt weniger neu bestellt wird. Und China läuft ganz und gar nicht so, wie man sich das Anfang des Jahres vorgestellt hatte. Kurz:

Börse aktuell: Kursentwicklung DAX und Entwicklung der ZEW Konjunkturerwartungen von 2013 bis 2023 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Kursentwicklung DAX und Entwicklung der ZEW Konjunkturerwartungen von 2013 bis 2023 | Quelle: marketmaker pp4

Die Stimmung in der Wirtschaft ist ebenso wie bei den Verbrauchern mies, wie der vorstehende Chart des ZEW-Index der Konjunkturerwartungen zeigt. Und normalerweise folgen die Aktienmärkte dieser Indikation relativ engmaschig, nach oben wie nach unten. Sie sehen: Diesmal ist das nicht der Fall. Das wirkt wie ein bis zum Maximum gespanntes Gummiband. Abwärtsrisiko ist also vorhanden, zumal:

Börse aktuell: DAX mit Trompetenformation - Kursentwicklung von März bis August 2023 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
DAX mit Trompetenformation – Kursentwicklung von März bis August 2023 | Quelle: marketmaker pp4

Langsam könnten diejenigen, die sicher waren, dass der DAX 2023 dynamisch davonziehen wird, nervös werden. Der Chart zeigt, dass zwar dreimal Kurse über dem alten Rekord von 16.290 Punkten aus der Zeit Ende 2021/Anfang 2022 erreicht wurden, diese jeweils knapp über dem vorherigen Hoch liegenden Peaks aber immer sofort abverkauft wurden. Unter dem Strich läuft der DAX seit Mitte April nirgendwohin. Eine „Trompeten-Formation“ (im Chart blau) deutet steigende Volatilität an. Und für das laufende, dritte Quartal läge der Index momentan im Minus, was nicht dazu führen muss, aber leicht kann, dass die institutionellen Investoren dieses Quartal womöglich aufgeben und sich in Sachen werbewirksamer Performance gezielt auf das vierte Quartal konzentrieren.

Aber alles davon kann den DAX an der Börse aktuell drücken, nichts davon muss es zwingend. Dennoch wäre ich für diesen September vorsichtig, denn:

Alles kann, nichts muss … aber denken wir an das Phänomen der selbst erfüllenden Prophezeiung

Für steigende Kurse auf diesem Level, so nahe am bisherigen Rekordhoch, spricht derzeit kaum mehr als der reine Wille des bullischen Lagers, das zu erreichen. Aber das wird nur dann etwas, wenn die Mehrheit dieser Bullen nicht nur dasitzt und mit vollen Depots darauf wartet, dass andere den Markt nach oben kaufen, sondern selbst Hand bzw. Geld anlegt. Und da könnte dieses September-Phänomen aus sich selbst heraus zum Problem werden.

Denn da der Ruf des Septembers als schlechter Monat bekannt ist und, wenn man nur die vergangenen drei Jahre betrachtet, auch jedes Mal schlecht war, kann sich die Sache zu einer selbst erfüllenden Prophezeiung entwickeln, indem viele wegen dieses bärischen Rufs des Septembers den Kopf einziehen und er gerade deswegen auch wirklich schwach wird.

Nichtsdestotrotz würde ich dennoch weniger auf Statistiken und mehr auf charttechnische Fakten geben. Sollte der DAX die zuletzt fast erreichte, dann aber doch nicht getestete 200-Tage-Linie signifikant brechen, ggf. sogar aus dieser „Trompeten-Formation“ nach unten herausrutschen, dann wäre er bärisch, vorher nicht.

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

Alles wartete auf die Quartalsbilanz von KI-Hype-Begründer Nvidia, die am Mittwoch nach US-Handelsende anstand. Als sie kam, schoss die Aktie umgehend höher, bis zu sieben Prozent stieg Nvidia nachbörslich, denn die Ergebnisse lagen weit über den Prognosen. Aber als der reguläre Handel am Donnerstag begann, kam alles anders. Was war da los … und was kann das für den Gesamtmarkt bedeuten?

Die Spannung war groß, aber man konnte mit Händen greifen, dass es eine Unruhe mit optimistischem Unterton war. Der indes auch nötig war. Denn die Rahmenbedingungen für den Aktienmarkt sind an der Börse aktuell nicht gerade ideal, schon gar nicht so nahe an den Rekordlevels. Es läuft in Sachen Inflation, Leitzinsen, Wachstum, China, Gewinnmargen durch die Bank nicht so, wie sich das bullische Lager das noch im Frühjahr ausgemalt hatte. Da war ein Highlight ebenso erwünscht wie nötig. Und der Chip- und Grafikkartenspezialist Nvidia konnte ein solches Highlight liefern.

Immerhin war es Nvidias vorherige Quartalsbilanz nebst den begleitenden Aussagen, die den „KI-Hype“ losgetreten hatte. Jetzt sollten erneut starke Zahlen dafür sorgen, dass die Goldgräberstimmung aufrechterhalten wird. Denn mit Nvidia waren im Mai auch viele andere Chip-Aktien durchgestartet. Zulieferer der Branche ebenso. Und auch Aktien von Unternehmen, die direkt mit oder von KI profitieren oder profitieren könnten, beispielsweise Meta, Alphabet oder Microsoft. Kurz: Nvidia hatte die Chance, einen großen Teil des Technologiesektors mitzureißen. Was auch passierte. Nur passierte es, entgegen den Erwartungen, nach unten.

Die Bilanz war grandios … und „zu teuer“ wäre die Aktie eigentlich auch nicht

Dabei waren Nvidias Zahlen nicht nur okay, sondern herausragend, lagen weit über den durchschnittlichen Prognosen der Analysten. Der Gewinn pro Aktie erreichte 2,70 US-Dollar, die Prognose lag bei 2,07 US-Dollar. Und auch der Umsatz lag mit 13,51 Milliarden US-Dollar weit über der Prognose von 11,13 Milliarden. Für das am 1.8. begonnene dritte Quartal sieht Nvidia einen auf 16 Milliarden steigenden Umsatz, die Experten hatten zuvor im Schnitt 12,5 Milliarden gesehen. Das war nicht einfach gut, das war grandios.

Zwar könnte man einwenden, dass die Aktie relativ teuer bewertet ist. Selbst wenn man jetzt zehn US-Dollar Gewinn pro Aktie für das am 31.01.2024 endende Geschäftsjahr 2023/2024 unterstellen würde, lag das Kurs/Gewinn-Verhältnis zu Beginn des Donnerstagshandels, als die Aktie kurz die runde 500 Dollar-Marke touchierte, bei für Chiphersteller „sportlichen“ 50. Aber wenn KI wirklich ein Riesenmarkt wird, sind die Chips von Nvidia immens begehrt, weil sie für KI-Anwendungen besonders gut geeignet sind. Und Nvidia wird sich hüten, diese Führung aus der Hand zu geben. Also wäre hier dann so viel Wachstum drin, dass auch ein Kurs/Gewinn-Verhältnis von 50 in Ordnung ginge.

Wie konnte also passieren, was wir in diesem Chart auf 15-Minuten-Basis sehen, der explizit die vergangene Handelswoche abbildet?

Börse aktuell: Entwicklung der Nvidia Aktie in der Woche der Veröffentlichung der Quartalsergebnisse für Q2/2023 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX

Wenn man nach einem Beispiel für „stark anfangen und dann stark nachlassen“ suchen würde: Hier hätte man eines. Nvidia startete bereits niedriger als zu den höchsten Kursen im nachbörslichen Handel des Vorabends, sah sofort Verkaufsdruck, versuchte eine Stabilisierung und wurde dann trotzdem erneut gedrückt. Und am nächsten Tag, dem Freitag, gingen die Bullen nicht zum Gegenangriff über, nein, die Verkäufe gingen einfach weiter. Und das, Sie sehen es im Chart unten mit eingeblendet, bei Umsätzen, die nur dann nach oben schnellten, wenn die Aktie fiel.

War das wirklich nur „selling on good news“?

Man könnte die Sache abtun, indem man behauptet, dass das ein oft auftretendes Phänomen sei: Die Anleger erwarten starke Ergebnisse, vermuten, dass die Aktie danach durch die Decke geht und kaufen deswegen schon Tage und Wochen im Voraus. Kommen die Zahlen, können sie so gut sein, wie sie wollen: Wenn zu viele vorher gekauft hatten, nach den Zahlen sofort ihren Gewinn mitnehmen wollen und deswegen zu wenige übrig sind, die noch neu einsteigen wollen, kommt es auf einmal zu einem Angebots-Überhang und die Aktie rauscht nach unten. Ist es wirklich so einfach?

Ich denke nicht. Erstens kann man höchst geteilter Meinung sein, ob da wirklich „zu“ viele vorgekauft haben. Schauen wir uns Nvidia mal im Chart auf Tagesbasis an:

Börse aktuell: Entwicklung der Nvidia Aktie im zweiten und dritten Quartal 2023 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung der Nvidia Aktie im zweiten und dritten Quartal 2023 | Quelle: marketmaker pp4

Weder war die Aktie im Vorfeld der Bilanz aus ihrer Tradingrange ausgebrochen, noch gab es in den Tagen davor ungewöhnlich hohe Umsätze. Und überkauft war die Aktie aus markttechnischer Sicht auch nicht, wie der im Chart mit eingeblendete Stochastik-Oszillator belegt. Also … das mit diesem „selling on good news“ passt nicht so recht. Und es gab da auch einen Aspekt, der einfach nicht ins Bild passen mochte:

Was soll dieser Aktien-Rückkauf?

Nvidia verkündete im Rahmen dieser Bilanz etwas, womit wohl niemand gerechnet hätte: Das Unternehmen will eigene Aktien im Wert von sagenhaften 25 Milliarden US-Dollar zurückkaufen. Was soll denn das? Das sorgte zweifellos bei vielen für gleich zwei hochgezogene Augenbrauen.

Nvidia ist ohnehin schon dabei, eigene Aktien zurückzukaufen. Allein im vom 1. Mai bis 31. Juli reichenden zweiten Geschäftsjahresquartal wurden eigene Aktien im Wert von 3,28 Milliarden gekauft. Knapp vier Milliarden US-Dollar waren vom laufenden Aktienrückkauf-Kapital am 31. Juli noch übrig … und jetzt wird das Programm um weitere 25 Milliarden aufgestockt? Wir reden hier von einem Volumen, das mit dem Restkapital 29 Milliarden ausmacht, das ist mehr als der Umsatz (nicht der Gewinn!) der ersten beiden Quartale zusammen!

Ein Unternehmen hat eigentlich nur zwei Gründe, um eigene Aktien zurückzukaufen. Entweder die Aktie ist gefallen, das Unternehmen aber geht davon aus, dass der Kurs zu billig ist und investiert in aus seiner Sicht niedrige Kurse, nicht zuletzt, um den Anlegern Zuversicht zu vermitteln. Oder aber man weiß mit dem vielen Geld nichts anzufangen, weil Investitionen oder Akquisitionen in dieser Phase keinen Sinn ergeben würden.

Ersteres ist nach dem irrwitzigen Run der Nvidia-Aktie nicht denkbar. Bleibt nur die zweite Möglichkeit. Aber das würde andeuten: Nvidia geht davon aus, dass solche immensen Milliardenbeträge jetzt und in nächster Zeit nicht sinnvoll in Entwicklung und/oder Expansion investiert werden können. Aber … ist denn Nvidia nicht das Flaggschiff eines Hypes?

Zweifel am KI-Hype könnten das gesamte Kartenhaus zusammenfallen lassen

Ich könnte mir gut vorstellen, dass das ein entscheidender Grund war, warum sich ungewöhnlich viele dachten: „take the money and run“! Ein Indiz, dass hier ein wichtiger und zugleich wunder Punkt liegt, zeigt sich darin, dass nicht nur Nvidia auf dem Absatz kehrt machte und fiel, sondern die ganze Herde der KI-Hype-Aktien mit ihr.

Das passt absolut nicht zu einem harmlosen „selling on good news“. Sehen Sie sich das mal im folgenden Chart an, in dem ich neben Nvidia auch die Kursverläufe von vier weiteren mit dem Hype verbundenen Aktien eingeblendet habe: von Microsoft und Meta als potenziellen KI-Profiteuren und von Aixtron und Siltronic als Zulieferer der Chipindustrie, die von einem KI-Chip-Boom ebenso profitieren würden.

Börse aktuell: Entwicklung verschiedener KI-Aktien im zweiten und dritten Quartal 2023 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung verschiedener KI-Aktien im zweiten und dritten Quartal 2023 | Quelle: marketmaker pp4

All diese Aktien zeigten dasselbe Muster eines abverkauften, ursprünglichen Kurssprungs. Das macht klar, dass die Akteure nicht einfach nur bei Nvidia Gewinne mitgenommen hatten und der Aktie in diesem Moment bloß die Käufer ausgegangen waren. Man verkaufte den „KI-Hype“ an sich. Denn dass Nvidia als Flaggschiff eines angeblichen Megatrends mit derartigen Unsummen nichts besseres anzufangen weiß, als sich quasi selbst zu kaufen, ist nun einmal ein guter Grund, die Dimension von KI und deren Rolle als Zugpferd zukünftigen Wachstums zu hinterfragen. Das Problem für den Gesamtmarkt ist dabei:

Man hatte diesen Hype im Mai ja ziemlich nötig gehabt, weil all die Argumente, die die Trader seit letzten Herbst in den Markt getrieben hatten, nicht zogen. Weder ist die Inflation besiegt, noch werden die Leitzinsen kurzfristig gesenkt. Die Konjunktur ist in den falschen Bereichen noch stark, das hält die Preise hoch und das Wachstum niedrig. Und China als „Joker“ kommenden Wachstums erweist sich bislang als Niete, die mit Zinssenkungen und der Abwertung der Währung versucht, aus einem Loch herauszukommen, während die Bullen in den USA und Europa auf einen Gipfelsturm gesetzt hatten. Da brauchte es diesen „KI-Hype“, um die Stimmung optimistisch zu halten.

Mit dem Abdrehen der Flaggschiff-Aktie Nvidia kann daher nicht nur der Hype selbst, sondern das gesamte Konstrukt aus Hoffnungen ins Wanken geraten … die kommenden Wochen müssen nicht, könnten aber sehr leicht für die Bullen ruppig werden!

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

Am Ende geht es eben doch immer nur ums Geld. Das passt für viele Lebensbereiche, an der Börse geht man natürlich auch davon aus, dass es so ist. Dass das aber ein Satz ist, der viel unmittelbarer zutrifft als viele denken, ist ein Aspekt, den man durchaus als taugliches Tool dafür nutzen kann, die Wahrscheinlichkeit von Trendwenden nach unten einzuordnen.

Wer versucht, insbesondere die Abwärtswenden am Aktienmarkt mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Bezug zu setzen, wird schnell kopfschüttelnd aufgeben. Denn was rational betrachtet funktionieren müsste, funktioniert eben nicht, wenn zu viele irrational agieren. Was weniger daran liegt, dass die Anleger wirtschaftliche Rahmenbedingungen absichtlich ignorieren und/oder als nicht entscheidend einordnen. Es liegt einfach daran, dass die ganz große Mehrheit solche eigentlich wichtigen Rahmendaten nicht kennt oder mit ihnen mangels nötiger Fachkenntnis nichts anzufangen weiß.

Natürlich ist das bei den „großen Adressen“ anders. Da sitzen Leute, die sehr genau erkennen, wie sich die konjunkturelle Lage darstellt, was daraus für die kommenden Monate ableitbar wäre und was das – eigentlich – für den Aktienmarkt zu bedeuten hat. Aber wenn wir da von Fonds- oder ETF-Managern oder Verwaltern von Pensionskassen reden, ist deren Expertise zu einem großen Teil kaltgestellt. Denn wenn die Sparer ihnen immer weiter frisches Geld zuführen, muss das eben angelegt werden. Und dass man sich den Ast absägt, auf dem man sitzt, indem man als Geldverwalter warnt, dass eben dieses Geld an der Börse aktuell bzw. am Aktienmarkt jetzt droht, weniger zu werden statt mehr, ist nicht zu erwarten.

Also ahnen die meisten nicht einmal die Gefahr, investieren immer mehr Geld, die Geldverwalter investieren es. Damit koppelt sich der Aktienmarkt von den Faktoren ab, auf die es eigentlich ankommen sollte: Wirtschaftswachstum, Unternehmensgewinne, Bewertungen. Ein „Perpetuum Mobile“ unter Ausschluss der Realität … und der Grund, warum die Aktienmärkte in einem bärischen Umfeld meist viel länger steigen, als man das rational erwarten könnte. Aber ließe sich daraus nicht folgern, dass der Aktienmarkt eine Einbahnstraße hin zu immer neuen Hochs sein müsste?

Der potenziell größte Stock in den Speichen im Perpetuum Mobile käme vom Anleihemarkt

Nein. Denn das wird in dem Moment anders, wenn sich ein Faktor verändert: Der Zufluss von frischem Geld in Fonds, Pensionskassen, ETFs & Co. Vor allem natürlich, wenn da sogar Geld abgezogen wird. Aber wieso und wann sollte es dazu kommen?

Zwei Möglichkeiten bestehen: Entweder, weil den Sparern das Geld knapp wird, das sie investieren könnten oder sie sogar an diese Aktieninvestments heranmüssen. Oder weil etwas auftaucht, das weitaus lukrativer erscheint als Aktien … was viele zwar kategorisch bezweifeln, was sich aber dann doch rasant herumspricht, wenn es dazu kommt. Und diese Möglichkeiten haben, wie gesagt, wenig bis gar nichts mit den eigentlichen Rahmenbedingungen zu tun, sondern nur mit Geld. Entweder, weil es knapp wird oder weil es woanders hinfließt. Sehen wir uns das mal anhand einiger Grafiken an. Zuerst zum Thema Verfügbarkeit von Geld:

Inflation, hohe Zinsen und „Quantitative Tightening“ wirken langsam. Aber sie wirken.

Gerade erst war von JPMorgan zu hören, dass man dort laut eigenen Berechnungen vermutet, dass die sogenannten „Über-Ersparnisse“ der US-Privathaushalte, die in der Corona-Phase durch fehlende Möglichkeiten beim Konsum und die Zuschüsse vom Staat aufgelaufen sind, jetzt aufgebraucht sind und es langsam an die Substanz geht. Und dass Geld als Reaktion auf Inflation und deutlich teurere Kredite knapper wird, zeigt sich auch in der Sparquote:

Börse aktuell: Entwicklung der Sparquote in den USA von 1979 bis 2023 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung der Sparquote in den USA von 1979 bis 2023 | Quelle: marketmaker pp4

Die lag zwar im Herbst 2022, zum Höhepunkt der Preissteigerungen, mit 2,3 Prozent schon mal niedriger und da dann auf dem tiefsten Stand der letzten fast 45 Jahre, der im Jahr 2005 erreicht wurde. Aber die 4,3 Prozent, welche die aktuellsten Daten für den Juni ausweisen, liegen dennoch weit unter dem langjährigen Normallevel. Und in diesem Umfeld darf man sicher sein, dass das nicht wie 2005 an einem Konsum-Boom liegt, sondern weil man weniger Geld übrig hat, das man sparen könnte. Schlussfolgerung: Über kurz oder lang beschneidet diese Situation auch das Volumen an Geld, das neu an den Aktienmarkt fließen kann.

Ebenfalls problematisch für den Aktienmarkt ist, dass die hohen Kredit- und Hypothekenzinsen als Reaktion auf den massiven Leitzinsanstieg, aber auch der Entzug von Kapital aus dem Markt durch das „Quantitaive Tightening“ der US-Notenbank, Geld knapper macht. Umso mehr, als zugleich die Kreditvergabe-Kriterien immer rigider werden, für Unternehmen und Private gleichermaßen.

Börse aktuell: Entwicklung der Geldmenge M3 in den USA von 1985 bis 2023 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung der Geldmenge M3 in den USA von 1985 bis 2023 | Quelle: marketmaker pp4

Nicht zuletzt dadurch, dass die US-Notenbank nicht mehr wie in der Zeit der Nullzinsen massiv Anleihen am Markt aufkauft und dadurch die Anleihemarkt-Zinsen niedrig hält, sondern die in diesen Jahren aufgehäuften Bestände auslaufen lässt, ohne das freiwerdende Geld im Markt zu reinvestieren, ist die Geldmenge M3 in den USA seit dem vergangenen Herbst negativ. In dieser Größenordnung ist das in den vergangenen Jahrzehnten einzigartig. Sprich:

Es ist weniger Geld da. Und wenn dieses weniger werdende Geld dann auch noch eine lukrative Alternative zu Aktien finden würde, ist eine Abwärtswende am Aktienmarkt schwer zu verhindern. Und diese Alternative sind Anleihen.

Der potenziell größte Stock in den Speichen im Perpetuum Mobile ist der Anleihemarkt

Gegen diese Überlegung ließe sich umgehend einwenden: Moment mal, momentan liegt die Rendite für US-Treasury Bonds (i.e. Staatsanleihen) mit zehn Jahren Laufzeit so hoch wie zuletzt Ende 2007, wie wir im folgenden Chart sehen. Und der Aktienmarkt ist trotzdem noch nicht eingebrochen. Wenn das bislang nicht passiert ist, warum sollte es in Zukunft passieren?

Börse aktuell: Entwicklung der Rendite von US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit von 2006 bs 2023 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung der Rendite von US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit von 2006 bs 2023 | Quelle: marketmaker pp4

Weil ein entscheidender Funke noch fehlt: Die Zinswende. Denn ja, diese Renditen sind stark. Und manch einer hätte vor zwei, drei Jahren noch gewettet, dass wir 4,25 Prozent für zehn Jahre Laufzeit nie wieder sehen werden. Aber richtig lukrativ werden die Anleihen erst, wenn sie versprechen, was sich die Anleger derzeit noch vom Aktienmarkt erhoffen: Kursgewinne. Aber!

Die kommen erst, wenn die Renditen wieder fallen. Um das noch mal im Schnelldurchlauf zu rekapitulieren: Bereits am Markt befindliche Anleihen können sich an ein sich verändertes Renditeniveau am Markt nur über den Kurs anpassen, weil die prozentuale Verzinsung auf Basis des Nominalpreises ja unveränderlich ist. Eine Anleihe, die zu 100 Euro ausgegeben wird und einen Zinskupon von 3,0 Prozent hat, wird immer eine jährliche Zinszahlung von 3 Prozent haben. Wenn die Zinsen am Markt auf vier Prozent steigen, würde diese Anleihe niemand kaufen … es sei denn, der Kurs, zu dem sie am Markt gehandelt wird, gleicht sich an, in dem er so weit fällt, dass man auch hier beim Neueinstieg vier Prozent Rendite erzielt. Denn zahlt man statt den ursprünglichen 100 Euro nur noch 75, bedeuten die 3 Euro, die man da im Jahr als Zins bekommt, eine Rendite von vier statt drei Prozent. Was bedeutet:

Solange die Zinsen noch steigen, sind die Renditen zwar gut, aber die Kurse der Anleihen fallen dadurch. Kein Problem, wenn man die Anleihen über die ganze Laufzeit behält, denn am Ende bekommt man den Nominalwert von 100 zurück. Aber will man mit den Anleihen auch einen Kursgewinn erzielen, muss man warten, bis die Kurse zu fallen aufhören, was dann der Fall ist, wenn das Zinshoch erreicht ist.

Dann aber ist sehr viel möglich. Und dann wird es eben für Aktien ungemütlich, denn starke Zinszahlungen und satte Kursgewinne, das ist dann natürlich ein perfektes Investment. Und weil die Zinsen üblicherweise vor allem dann schnell sinken, wenn die Wirtschaft schwach ist, ist zugleich die Chance auf Kursgewinne am Aktienmarkt dann schlecht. Dass es erst so richtig losgeht, wenn die Leitzinsen und mit ihnen die Zinsen am Anleihemarkt fallen (bzw. wenn man dort beginnt, Zinssenkungen vorwegzunehmen), sehen wir im Folge-Chart anhand des historischen Beispiels der Jahre 2001/2002:

Börse aktuell: Entwicklung S&P 500 und 3-Monats-Zinsen in den USA von 2000 bis 2005 im Vergleich | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung S&P 500 und 3-Monats-Zinsen in den USA von 2000 bis 2005 im Vergleich | Quelle: marketmaker pp4

Es muss nicht die Zinswende sein, das Zinshoch könnte reichen, um den Aktienmarkt zu kippen

Daraus kann man eine recht kurios wirkende Erkenntnis ableiten: Dadurch, dass sich US-Notenbank und EZB derzeit weitere Zinserhöhungen vorbehalten und die Gemengelage das auch denkbar erscheinen lässt, halten die Notenbanken, letztlich unabsichtlich, den Aktienmarkt noch oben. Denn wie gesagt:

Erst, wenn die Zinsen nach unten laufen, geht die Party am Anleihemarkt so richtig los. Aber Obacht, das Problem für den Aktienmarkt muss nicht erst mit der ersten Leitzinssenkung beginnen.

Wenn die Anleger davon ausgehen, dass das Hoch der Leitzinsen erreicht ist, könnte das schon die ersten Umschichtungen auslösen. Denn dann hätten wir eine Erwartungshaltung, dass zumindest die längeren Anleihe-Laufzeiten jetzt „on top“ sind, was die Renditen angeht und damit die Kurse über kurz oder lang fallen. Bei kurzen Laufzeiten ist es natürlich wichtig, ob es da dann um „über kurz“ oder um „über lang“ geht. Denn wenn die Zinsen ab dem Einstiegszeitpunkt in Restlaufzeiten von einigen Monaten bis einem Jahr dann in einem Jahr niedriger sind, hätte man dann unerfreulich früh keine vergleichbar hohen Renditen und keine vergleichbar guten Chancen auf Kursgewinne, wenn die eigenen, kurzlaufenden Anleihen ausgelaufen sind und man das Geld wieder anlegen will. Da sieht man daher zu, dass man das Timing gut erwischt und im Zweifel erst zugreift, wenn die Herde in Sachen Renditen bereits ins Tal wandert. Aber:

Bei länger laufenden Anleihen ist der Timing-Faktor nicht so entscheidend. Denn durchaus zu Recht geht man davon aus, dass die Leitzinsen und mit ihnen die Renditen am Anleihemarkt schnell sinken müssen, wenn es erst einmal losgeht. Gerade weil dieser noch vor einem Jahr so nicht erwartete Weg der Zinsen nach oben so lang ist, dörrt das die Wirtschaft aus, in den USA und in Europa gleichermaßen. Daher muss der Stimulus durch niedrigere Zinsen dann vermutlich schnell erfolgen, die Zinsen also womöglich noch schneller sinken, als sie gestiegen sind. Was vor allem dann gelten würde, wenn die Bereiche, die die Notenbanken bislang nervös machen, konkret Arbeits- und Immobilienmarkt, kippen. Denn dann könnten wir ruckzuck Deflation sehen … und dann werden die Notenbanken um rasante Senkungen nicht herumkommen.

Dass man damit rechnet, dass dieser Zinslevel nicht mehr lange gelten wird, egal, ob da noch ein paar kleinere Zinsschritte anstehen oder nicht, sieht man auch an der invertierten Zinskurve, hier im Chart die Laufzeiten zwei und fünf Jahre bei US-Staatsanleihen:

Börse aktuell: Entwicklung der Rendite von US-Staatsanleihen mit 2 Jahren und 5 Jahren Laufzeit von 2000 bis 2023 im Vergleich | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung der Rendite von US-Staatsanleihen mit 2 Jahren und 5 Jahren Laufzeit von 2000 bis 2023 im Vergleich | Quelle: marketmaker pp4

Wir sehen, dass die Rendite für US-Staatsanleihen mit zwei Jahren Laufzeit höher liegt als die mit fünf Jahren. Normalerweise bekommt man umso mehr Zins, je länger man Geld leiht. Aber in diesem Fall nicht, weil man unterstellt, dass die Zinsen wieder fallen, so dass man in fünf Jahren ein weit niedrigeres Renditeniveau haben wird als in zwei Jahren. Die Erwartung einer Zinswende ist also bereits im Markt drin … und der Chart zeigt: So etwas ist in dieser Ausprägung sehr selten.

Daher könnten die Umschichtungen raus aus Aktien und rein in Anleihen jederzeit beginnen, was die langen Laufzeiten von 10 und 30 Jahren angeht. Denn da unterstellt man erst recht, dass man am Ende dieser Zeit viel niedrigere Renditen bekommt, jetzt also nahe an der besten Rendite und, mit Blick auf den kurstreibenden Effekt sinkender Renditen, nahe am Optimum in Sachen potenzieller Anleihe-Kursgewinne ist.

Den Anleihemarkt im Auge zu behalten, ist unbedingt ratsam

Fazit: Absolut sicher zeigt keine Indikation an, dass der Aktienmarkt am Wendepunkt angekommen ist. Sicher weiß man das nun einmal erst, wenn diese Abwärtswende bereits erfolgt ist. Aber der Anleihemarkt bietet schon eine besonders gute, auch logisch unterfütterte Basis. Denn hier geht es nicht um die subjektive Beurteilung von Lage und Perspektive der Wirtschaft durch zahllose, jeder für sich zu einem anderen Urteil kommenden Investoren. Hier geht es darum, wohin das Geld wandert. Und dort, wo Geld hinläuft, stiegen die Kurse. Dort, wo es abfließt, geht es abwärts, ganz einfach.

Und da der Anleihemarkt immer näher an den Punkt einer grandiosen, seltenen Chance auf gute Zinserträge und gute Kursgewinne zusteuert, die sicher kommt, nur vom Zeitpunkt noch offen ist, ist klar: Wenn, dann wird der Aktienmarkt seine Abwärtswende sehen, weil viel Geld in die Anleihen wandert. Daher ist es unbedingt ratsam, mehr noch als auf Konjunkturdaten oder Unternehmensgewinne auf das zu achten, was sich an den Anleihemärkten in den USA und der Eurozone tut!

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt