Egal, ob Sie sich auf der Käufer-Seite oder auf der Verkäufer-Seite befinden, Sie kommen nicht drum herum, die Mechanismen von Optionen-Ausübungen zu verstehen, wenn Sie Optionen richtig handeln wollen. Vor allem die Stillhalter unter Ihnen, die Optionen zwecks Prämien-Einnahmen leerverkaufen, sollten genau wissen, wie sie mit Optionen umgehen, für die eine Ausübung vor der Tür steht.
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Was bedeutet die Ausübung einer Option?
An dieser Stelle sollten wir zuerst das Grundprinzip des Optionshandels in Erinnerung rufen: Im Optionshandel hat der Käufer einer Option das Recht, aber nicht die Verpflichtung, das zugrunde liegende Wertpapier (zum Beispiel eine Aktie) zu einem bestimmten Preis an oder vor einem bestimmten Datum in der Zukunft zu kaufen (im Falle einer Call Option) oder zu verkaufen (im Falle einer Put Option).
Die Ausübung einer Option bedeutet einfach, dass der Käufer von dem oben genannten Recht Gebrauch macht. Wenn der Käufer einer Option entscheidet, die zugrunde liegende Aktie zu kaufen oder zu verkaufen, anstatt die Option verfallen zu lassen oder die Position zu schließen, wird er die Option “ausüben“.
Der Preis, zu dem der Käufer der Option die Aktien durch die Ausübung der Optionen kaufen oder verkaufen kann, ist der Basispreis. Im englischen Fachjargon nennt sich der Basispreis Strike.
Durch die Ausübung einer Put Option können Sie als Optionskäufer das zugrunde liegende Wertpapier innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu einem festgelegten Preis verkaufen.
Durch die Ausübung einer Call Option können Sie als Optionskäufer das zugrunde liegende Wertpapier innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu einem festgelegten Preis kaufen.
Um eine Option auszuüben, ist es erforderlich, dies Ihrem Broker mitzuteilen. In der von LYNX bereitgestellten Handelsplattform – der Trader Workstation – stehen dafür entsprechende Funktionen zur Verfügung. Klicken Sie hierzu auf die gekaufte Option in Ihrem Depot mit der rechten Maustaste und wählen Sie dann im erscheinenden Menü die Zeilen „Optionsausübung“ und „Ausübung“. Ihr Broker wird eine Gegenpartei finden (einen Optionsverkäufer, auch Stillhalter genannt), die die Option leerverkauft hat. Dieser Optionsverkäufer ist dann verpflichtet, die Bedingungen des Optionen-Kontrakts zu erfüllen.
Der Leerverkäufer einer Call Option wird zum Beispiel je Kontrakt 100 Aktien zu dem Basispreis der Call Option verkaufen müssen, wenn auf der anderen Seite der Inhaber der Call Option sie ausübt. Hat der Leerverkäufer der Call Option die 100 Aktien nicht in seinem Depot, muss er sie trotzdem liefern! Als Ergebnis wird er einen negativen Bestand von 100 Aktien in seinem Depot feststellen.
Ausübungsstile: Amerikanische und europäische Optionen
Es gibt zwei Ausübungsstile von Optionen, die einen wichtigen Unterschied aufweisen. Mit Optionen im amerikanischen Stil können Sie die Optionen vor ihrem Verfallsdatum jederzeit ausüben. Europäische Optionen können erst am Verfallsdatum ausgeübt werden.
Die Bezeichnungen „amerikanisch“ und „europäisch“ können leicht zu Missverständnissen führen. Sie sagen weder etwas darüber aus, an welchem Handelsplatz eine Option gehandelt wird, noch beziehen sie sich auf den geografischen Ursprung des Basiswertes. Beide Optionsstile kommen sowohl an US-amerikanischen als auch an europäischen Börsen vor. Der Unterschied liegt ausschließlich im Zeitpunkt der möglichen Ausübung.
In der Regel gehören Optionen auf Aktien und auf Exchange Traded Funds (kurz: ETF) zum amerikanischen Ausübungsstil. Optionen auf Indizes sind meist europäischer Natur. Eine Option auf den SPY, den ETF, der den S&P 500 Index widerspiegelt, hat einen amerikanischen Ausübungsstil und kann theoretisch jederzeit vor dem Verfallsdatum ausgeübt werden. Eine Option auf den SPX, den S&P 500 Index selbst, ist europäischer Natur und kann nur am Verfallsdatum ausgeübt werden.
Bevor Sie eine Position eingehen, ist es wichtig zu wissen, ob die Optionen, mit denen Sie handeln, amerikanisch oder europäisch sind, damit Sie wissen, ob eine frühzeitige Ausübung in Frage kommen könnte.
Bedenken Sie jedoch, dass beide Arten von Optionen weiterhin während ihrer Laufzeit gekauft oder verkauft werden können: Eine eingegangene Position kann jederzeit glattgestellt werden.
Vorzeitige Ausübung und Auswirkungen für den Optionsverkäufer
Eine vorzeitige Ausübung erfolgt, wenn der Inhaber einer Call Option oder einer Put Option die Ausübung vor dem Verfallsdatum anstößt. Das funktioniert nur mit Optionen mit amerikanischem Ausübungsstil. Infolgedessen kommt der Optionsverkäufer in die Pflicht, die Aktien oder einen anderen Basiswert zu liefern oder zu kaufen.
Für den Optionsverkäufer ist diese Ausübung, vor allem wenn sie ursprünglich nicht eingeplant war, ein potenzielles Risiko für die gehandelte Position. Die Auswirkungen können eine Handelsposition völlig aus der Bahn verwerfen. Viele Trader sind in solchen Situationen zunächst unsicher, insbesondere wenn aus einer Optionsposition plötzlich eine Aktienposition entsteht. Dies gilt umso mehr, wenn die Ausübung einen Teil einer Optionen-Kombination betrifft (eine Option wird ausgeübt, die andere nicht), denn dann entsteht schnell das Gefühl, dass die Strategie auseinanderfällt.
Die Strategien, die durch eine vorzeitige Ausübung am meisten durcheinander gebracht werden können, sind in der Regel Vertical Spreads, Butterflies, Kalender Spreads und Diagonal Spreads. Die beiden letztgenannten Strategien können besonders knifflig werden, wenn eine vorzeitige Ausübung geschieht, da die Optionen in diesen Kombinationen unterschiedliche Verfallsdaten aufweisen.
Die erste Entwarnung in Richtung Stillhalter ist allerdings, dass eine vorzeitige Ausübung von Optionen nur in den seltensten Fällen entsteht. In der Regel zieht ein Optionskäufer aus einer vorzeitigen Ausübung keinen Vorteil. Dennoch gibt es einige Fälle, in denen der Käufer gut beraten ist, die Ausübung durchzuführen. Und es gibt auch unter den Optionskäufern Laien, die wenig Ahnung vom Optionshandel haben und einfach ihre Optionen ausüben, ohne zu wissen, warum sie das tun. Ob ein Optionskäufer aus den richtigen oder aus den falschen Gründen die Optionen vorzeitig ausübt ist für den Optionsverkäufer irrelevant: Auf diese Fälle muss der Stillhalter vorbereitet sein.
Wenn Sie die Vor- und Nachteile einer vorzeitigen Ausübung kennen, können Sie antizipieren, wann das Risiko für Ihre Positionen ernst zu nehmen ist und können bereits im Vorfeld agieren.
Die Wahrscheinlichkeit einer vorzeitigen Ausübung einer Option hängt zuerst davon ab, ob es sich um eine Call Option oder eine Put Option handelt. Gehen wir einfach die einzelnen Szenarien durch.
Call Optionen: 4 Gründe, warum der Optionskäufer vermutlich nicht vorzeitig ausüben wird
1. Grund: Höheres Verlustrisiko
Wenn der Optionskäufer eine Call Option besitzt, ist sein maximales Verlust-Risiko auf den Betrag begrenzt, den er für die Option gezahlt hat, auch wenn die Aktie auf null fällt. Obwohl die Call Option praktisch 100 Aktien entspricht, ist der Kapitaleinsatz des Optionskäufers nur ein Bruchteil dessen, was er für die 100 Aktien bereitstellen müsste, wenn er die Option ausüben würde. Übt er vorzeitig aus und bekommt er die 100 Aktien geliefert, wird sein maximales Verlustrisiko plötzlich deutlich höher sein, wenn die Aktie beispielsweise stark fällt.
2. Grund: Einschränkung des Gewinnpotenzials
Mit einer Call Option profitiert der Käufer gehebelt von der Kursentwicklung der zugrunde liegenden Aktie. Übt er die Option aus und bekommt er die Aktien geliefert, profitiert er nur noch eins zu eins und ohne Hebeleffekt von der Kursentwicklung.
3. Grund: Ineffizienter Kapitaleinsatz
Wenn ein Optionskäufer eine Call Option vorzeitig ausübt und die Aktien kauft, muss er den Gegenwert der Aktien früher aufbringen. Je gehandeltem Kontrakt, zahlt er entsprechend den Basispreis x 100 Aktien – ein deutlich höherer Betrag als die ursprünglich gezahlte Optionsprämie. Warum also nicht so lange wie möglich warten, idealerweise bis zum Verfallsdatum, bevor er diese Aktien kauft? In der Zwischenzeit kann der Optionskäufer sein Geld anderweitig investieren.
4. Grund: Zeitwert verschenken
Durch die vorzeitige Ausübung einer Call Option verschenkt der Optionskäufer den Zeitwert der Option. Das ist vermutlich der wichtigste Grund, warum der Inhaber einer Call Option nicht vorzeitig ausüben sollte.
Nehmen wir als Beispiel eine beliebige Aktie, die aktuell bei 51 Euro notiert. Ein Optionskäufer besitzt einen Call mit Basispreis 50 Euro, den er vor einigen Wochen für 0,80 Euro erworben hat (mit einem Multiplikator von 100 hat er 80 Euro für diesen Call bezahlt). Zum Zeitpunkt des Kaufs der Call Option notierte die Aktie viel tiefer. Jetzt, ein paar Wochen vor dem Verfallsdatum, ist sein Call 1,70 Euro wert. Diese Call Option hat also einen inneren Wert von 1 Euro (51 Euro – 50 Euro) und einen Zeitwert von 0,70 Euro. Der Käufer hat von dem Anstieg der Aktie bereits bereits profitiert und möchte den Gewinn realisieren.
Wenn er die Option ausüben würde, würde er 100 Aktien zu einem Preis von 50 Euro erwerben. Da sie aktuell 51 Euro wert sind, macht er brutto einen Gewinn von 100 Euro. Er muss aber die 80 Euro abziehen, die er für die Call Option bezahlt hat. Es bleiben ihm 20 Euro Gewinn.
Wenn er die Option stattdessen verkauft (also seine Position einfach schließt), verkauft er die Call Option zu 1,70 Euro und macht einen Gewinn von (1,70 Euro – 0,80 Euro) x 100 = 90 Euro. Das sind 70 Euro mehr als mit der Ausübung!
Der Optionskäufer wird also eher dazu tendieren, seine Position vorzeitig zu schließen anstatt sie vorzeitig auszuüben, weil er den Zeitwert der Option nicht verlieren möchte.
Call Optionen: Ein Grund, der für Optionskäufer für eine vorzeitige Ausübung sprechen könnte
Eine entscheidende Ausnahme zu den vorher erwähnten Gründen tritt auf, wenn gerade eine Dividendenausschüttung aussteht. Der Käufer einer Call Option hat keinen Anspruch auf diese Dividenden. Wenn er also die Dividenden erhalten möchte, muss er die Call Option ausüben, um die Aktien geliefert zu bekommen und die Dividenden zu erhalten.
Dieses Szenario ergibt aber nur dann Sinn, wenn der anstehende Dividendenbetrag höher ist als der verbleibende Zeitwert der Call Option (siehe Grund Nummer 4 im vorigen Absatz). Die Ausübung muss dann logischerweise unbedingt vor dem Datum der Dividenden-Ausschüttung erfolgen.
Ganz wichtig für den Optionsverkäufer: Wenn Sie also Stillhalter sind und eine leerverkaufte Call Option in Ihrem Depot haben, sollten Sie unbedingt auf das Datum etwaiger Dividenden-Ausschüttungen achten. Vor allem wenn die Call Option am Geld oder im Geld ist (der Kurs der Aktie liegt über dem Basispreis der Call Option) und wenn die Restlaufzeit gering ist, sollten Sie sich überlegen, ob Sie Ihre Call Option nicht glattstellen, um eine Ausübung zu vermeiden.
Konnten Sie dennoch als Stillhalter einer Call Option die Ausübung nicht vermeiden, haben Sie nun je Kontrakt einen negativen Depot-Bestand von -100 Aktien (es sei denn, Sie hielten bereits die entsprechende Aktienposition im Depot. In diesem Fall, wird diese automatisch verkauft). Sollte der Kurs der Aktie steigen, erhöhen sich für Sie die Verluste. Sie haben an dieser Stelle 2 Möglichkeiten:
- Sie kaufen die Aktien so schnell wie möglich zurück und stellen damit die Position glatt.
- Sie verkaufen eine Put Option auf den Aktien-Bestand leer. Fällt der Aktienkurs unter den Basispreis der Put Option, werden die Aktien am Verfallsdatum zu dem Basispreis der Put Option zurückgekauft und die Position wird so ebenfalls glattgestellt, mit dem Vorteil, dass die Prämie aus dem Verkauf der Put Option bei Ihnen verbleibt. Der Nachteil bei dieser Methode ist allerdings, dass wenn die Aktie weiter steigt, die Put Option wertlos verfallen wird, ohne dass die Aktien zurückgekauft werden.
Wenn bei einer Optionen-Kombination nur ein Teil der Position ausgeübt wird, während andere Bestandteile bestehen bleiben, gibt es kein allgemeingültiges Vorgehen, um die Position anzupassen. Meine Erfahrung hat aber gezeigt, dass es in solchen Fällen in der Regel sinnvoller ist, in den sauren Apfel zu beißen und die komplette Optionen-Kombination glattzustellen, anstatt komplizierte Anpassungen durchzuführen.
Ausübung von Put Optionen:
Bei Put Optionen verhalten sich die Ausübungsszenarien fast spiegelverkehrt zu Call Optionen. Wenn Sie eine Put Option ausüben, verkaufen Sie Aktien und erhalten den entsprechenden Gegenwert in bar. Es kann also verlockend sein, den entsprechenden Geldbetrag vorzeitig zu bekommen. Allerdings muss auch hier erneut der Zeitwert in die Kalkulation einbezogen werden. Auch hier wird der Käufer einer Put Option vermutlich ein besseres Ergebnis erzielen, wenn er seine Put Option verkauft (seine Position schließt), anstatt die Put Option auszuüben. Damit kassiert er den Zeitwert seiner Option ab.
Wenn sich allerdings das Verfallsdatum nähert und der Zeitwert vernachlässigbar wird, ist eine vorzeitige Ausübung nicht auszuschließen.
Ganz wichtig für den Optionsverkäufer: Wenn Sie eine Put Option leerverkauft haben, bedenken Sie, dass das Risiko einer vorzeitigen Ausübung umso größer ist, je geringer der Zeitwert der Option ist, wenn das Verfallsdatum näher rückt. Sie werden dann gegebenenfalls verpflichtet, je Kontrakt 100 Aktien zu kaufen.
Dieses Szenario wird von erfahrenen Optionsverkäufern häufig bewusst eingeplant, wenn sie die Strategie des Cash-Secured Puts verfolgen. Dabei sind Sie bereit, die Aktien zum festgelegten Basispreis zu erwerben und fürchten sich nicht vor einer möglichen Ausübung. Sie müssen allerdings dafür sorgen, dass im Depot genug Kapital vorhanden ist, um den Kauf der Aktien abzudecken.
Im Gegensatz zu Call Optionen kann eine bevorstehende Dividendenausschüttung die Wahrscheinlichkeit einer vorzeitigen Ausübung von Put-Optionen deutlich verringern. Wenn der Käufer einer Put Option die Ausübung anstößt, wird er je gehandeltem Kontrakt 100 Aktien zum Basispreis der Put Option verkaufen. Wenn er diese Aktien vorher nicht im Depot hatte, verfügt er jetzt über einen negativen Depot-Bestand von -100 Aktien. Was steht diesem Trader bevor, wenn demnächst die Dividenden ausgeschüttet werden? Richtig: Er muss die Dividenden zahlen! Das ist kein wünschenswertes Szenario für den Inhaber der Put Option.
Als Optionsverkäufer ist demnach die Wahrscheinlichkeit gering, dass Ihre leerverkauften Put Optionen vorzeitig ausgeübt werden, wenn Dividenden zeitnah ausgeschüttet werden.
Wenn Sie Optionen-Kombinationen handeln, in denen eine Option ausgeübt wurde und die anderen nicht, verhält es sich wie mit den Call Optionen. Jede Kombination müsste einzeln angeschaut werden, um eventuelle Anpassungen vorzunehmen. Aber auch bei Kombinationen mit Put Optionen ist es ratsam, die komplette Glattstellung in Betracht zu ziehen.
Fazit: Optionen-Ausübungen verstehen und vorausschauend managen
Beim Optionshandel bedeutet “ausüben”, von dem Recht zum Kauf oder Verkauf des zugrunde liegenden Wertpapiers, das im Optionskontrakt festgelegt ist, Gebrauch zu machen. Vor der Ausübung einer Option ist es wichtig zu prüfen, was der Ausübungsstil dieser Option ist und ob Sie sie überhaupt ausüben können.
Der überwiegende Teil der Optionen wird nicht ausgeübt, sondern verfällt wertlos oder wird durch eine Glattstellung vorzeitig geschlossen. Nur in in bestimmten Situationen wird der Optionskäufer einen Vorteil aus der Ausübung ziehen können.
Dennoch sollten vor allem Optionsverkäufer stets darauf achten und eine mögliche Ausübung antizipieren beziehungsweise in ihre Planung einbeziehen. Ist die Ausführung erst einmal geschehen, ist eine strukturelle Neubewertung der Position notwendig. Eine zeitnahe Glattstellung kann dazu beitragen, das Risiko eines ungünstigen weiteren Kursverlaufs der betroffenen Position zu begrenzen.
