Gerresheimer Aktie Prognose Gerresheimer: Zeit für die Bären, ihre Koffer zu packen?

News: Aktuelle Analyse der Gerresheimer Aktie

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Nach dem Abitur 1984 studierte der gebürtige Hamburger an der Universität der Bundeswehr Betriebswirtschaftslehre. Im Anschluss an seine Dienstzeit als Offizier begann seine Zeit als Analyst und Finanzjournalist. Seit 1996 war und ist er als Redakteur, Referent und Kolumnist in zahlreichen Funktionen aktiv, seit 2016 ist er unter anderem Analyst bei LYNX. Gehrt ist ein Allrounder, der in der fundamentalen, d.h. volks- und betriebswirtschaftlichen Analyse ebenso sattelfest agiert wie in den verschiedenen Disziplinen der Technischen Analyse wie Chart- und Markttechnik und Sentinentanalyse.

Vorherige Analysen der Gerresheimer Aktie

Gültigkeit der Analyse: 1 Woche
Erwartung: Neutral
Wir beabsichtigen nicht, diesen Artikel zu aktualisieren. In Zukunft können aber Analysen zum selben Finanzinstrument veröffentlicht werden.

Eine ebenso deutliche wie unerwartete Gewinnwarnung am Montagmittag führte zu einem drastischen Selloff in der Gerresheimer-Aktie. Was fängt man jetzt mit dieser Aktie an? Kaufen, noch aussteigen, halten, vielleicht sogar auf der Short-Seite traden?

Knapp 23 Prozent brach die Aktie des Verpackungsmittel-Spezialisten am Montag ein, nachdem das Unternehmen kurz nach 12 Uhr eine sogenannte „Prognoseanpassung“ meldete. Wobei die da getroffenen Aussagen im ersten Moment eigentlich gar nicht so wirkten, als würden sie ein derartig großes Minus rechtfertigen. Was genau wurde da mitgeteilt?

Gerresheimer Aktie: Chart vom 03.06.2025, Kurs 47,86 Euro, Kürzel: GXI | Quelle: TWS | Online Broker LYNX
Gerresheimer Aktie: Chart vom 03.06.2025, Kurs 47,86 Euro, Kürzel: GXI | Quelle: TWS

Gerresheimer senkte die Prognose für das Umsatzwachstum im laufenden Geschäftsjahr (das hier bis zum 30.11. läuft) von zuvor drei bis fünf auf ein bis zwei Prozent. Der Ausblick auf die um Sonderfaktoren bereinigte EBITDA-Marge (EBITDA = Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) wurde von bislang 22 auf jetzt 20 Prozent nach unten korrigiert. Letzteres hieße, dass aus einem Euro jetzt knapp zehn Prozent weniger an operativem Gewinn herausgeholt werden als gedacht … und das bei einem nur noch marginal zulegenden Umsatz.

Gerresheimer begründete die Senkung des Ausblicks mit einer unverändert gedämpften Nachfrage im Bereich Kosmetik und einem aus Sicht des Unternehmens nur temporär sinkenden Nachfrage nach „Contaiment-Lösungen für oral einzunehmende, flüssige Medikamente“ … ich als Banause würde dazu „Ampullen“ sagen. Da man zudem betonte, dass die mittelfristige Wachstumsperspektive nicht beeinträchtigt sei, wirkt das, als sei das alles nicht wirklich dramatisch, aber:

Expertenmeinung: Manch einer dürfte sich gefragt haben, warum das dann dazu führt, dass man die in der Bilanz 2024/2025 noch mit 1,25 Euro vorgeschlagene Dividende pro Aktie auf nur noch 0,04 Euro kürzen will. Und wieso es offenbar noch am 11. April keinerlei Hinweise auf diese negative Entwicklung gegeben hat, zumindest wurde die jetzt gesenkte Prognose an diesem Tag im Rahmen der Ergebnis-Vorlage des ersten Geschäftsjahresquartals noch bestätigt. Hinzu kommt, dass es bereits Ende September vergangenen Jahres zu einer Abwärts-Korrektur der Wachstumsprognose gekommen war. Daher könnte man das Gefühl bekommen, dass auch diese Gewinnwarnung nicht die letzte ist.

Diese drei Aspekte zusammen genommen machen es schon eher verständlich, dass die Reaktion am Markt derart herb ausfiel. Dies und die Reaktionen der Analysten, denn die kamen nicht nur umgehend, sondern auch zahlreich und oft drastisch:

13 Analysten reagierten umgehend am Dienstag. Alle senkten ihre Kursziele, wobei die Range der bis dahin geltenden Kursziele zwischen 80 und 122,50 Euro lag. Die Spanne der neuen Kursziele beträgt 47,50 bis 108 Euro, wobei diese 108 Euro das einzige Ziel oberhalb von 100 war, das nächsthöhere der neuen Ziele liegt bei 97 Euro.

Dass niemand zum Verkauf riet, ist dabei kein Argument zu Gunsten eines Einstiegs, denn die Prognosesenkung kam für die Analysten ja ebenfalls überraschend, so dass man nur noch reagieren konnte, nachdem das Kind bereits im Brunnen lag. Und da der Kurs bereits deutlich gesunken ist, ist auch die Bewertung, bei der man im Licht des neuen Ausblicks auf ein Kurs-/Gewinn-Verhältnis in der Region um zwölf käme, im historischen Vergleich nicht teuer. Was aber nicht heißt, dass die Aktie nicht trotzdem weiter nachgeben könnte.

Denn jetzt trauen viele der Sache eben nicht mehr so recht. Die Reaktion der Analysten und das Chartbild kommen da noch Belastung obendrauf. Sie sehen, dass die Aktie gerade erst in der Vorwoche ganz knapp über die wichtige Charthürde im Bereich 62,90/63,90 Euro gelaufen war und durch diese Meldung humorlos auf ein neues Jahrestief geschickt wurde. Und am Dienstag, dem Tag 1 nach der Abwärts-Korrektur, war von den Käufern nichts zu sehen.

Also, was tun? Die Bewertung wäre jetzt sogar dann noch hinnehmbar, wenn die Prognose erneut gesenkt würde, solange eine solche, zukünftige Senkung dann nicht allzu groß ausfallen würde. Daher: Jetzt noch auszusteigen, weil man keinen Stop Loss eingezogen hatte, der den Kurs gesichert hätte, ist womöglich zu spät. Womit sich auch die Frage erledigen würde, ob man hier vielleicht einen Short-Kandidaten vor sich hätte. Jetzt, nachdem die Reaktion bereits da ist und heftig war, ist Gerresheimer dafür eher kein guter Kandidat.

Aber trotzdem ist Gerresheimer eine Aktie in einem mittelfristig intakten Abwärtstrend, die in den vergangenen Quartalen immer wieder deutlich negative Reaktionen auf Bilanzzahlen zeigte. Das ist kein Titel, in den man unbesorgt einsteigen könnte, weil er jetzt „billig“ ist. Nur, wenn genug andere auch so denken würden, hätte man da eine Chance. Und dass gestern so gut wie niemand so dachte, macht deutlich, dass man sich durchaus trotzdem die Finger verbrennen könnte oder zumindest lange warten müsste, bis sich ein Einstieg so nahe nach diesen „bad news“ auszahlen würde.

Quellenangaben: Anpassung der 2025er-Jahresprognose, 02.06.2025: https://www.gerresheimer.com/unternehmen/news/detail/gerresheimer-passt-prognose-fuer-das-geschaeftsjahr-2025-an

Über den Autor

Nach dem Abitur 1984 studierte der gebürtige Hamburger an der Universität der Bundeswehr Betriebswirtschaftslehre. Im Anschluss an seine Dienstzeit als Offizier begann seine Zeit als Analyst und Finanzjournalist. Seit 1996 war und ist er als Redakteur, Referent und Kolumnist in zahlreichen Funktionen aktiv, seit 2016 ist er unter anderem Analyst bei LYNX. Gehrt ist ein Allrounder, der in der fundamentalen, d.h. volks- und betriebswirtschaftlichen Analyse ebenso sattelfest agiert wie in den verschiedenen Disziplinen der Technischen Analyse wie Chart- und Markttechnik und Sentinentanalyse.

Analysemethode

Die Analysen von Ronald Gehrt basieren auf einer Kombination fundamentaler Fakten und Daten mit der aktuellen chart- und markttechnischen Situation des/der hier vorgestellten Index/Rohstoffs/Währungspaars/Aktie. Bilanz- und Konjunkturdaten sowie wirtschafts- und finanzpolitische Fakten, Nachrichten und/oder Statements werden als Grundlage zur Beurteilung der charttechnischen und markttechnischen Perspektive des untersuchten Werts analysiert.

Gültigkeit der Analyse: 1 Woche
Wir beabsichtigen nicht, diesen Artikel zu aktualisieren. In Zukunft können aber Analysen zum selben Finanzinstrument veröffentlicht werden.

Presseberichten zufolge haben Warburg und KKR ein Übernahmeangebot für Gerresheimer vorgelegt. Jetzt noch schnell einsteigen?

Renaissance der Nebenwerte?

Seit Monaten thematisiere ich immer wieder, dass es unter den deutschen und europäischen Nebenwerten eine Vielzahl von Schnäppchen gibt. Nebenwerte sind (oder waren) an der Börse komplett aus der Mode gekommen und die Bewertungen waren und sind entsprechend niedrig.
Das hat dazu geführt, dass es zuerst in Großbritannien zu einigen Übernahmen kam, inzwischen ist Deutschland auch in den Fokus gerückt.

New Work verschwindet von der Börse und Compugroup wird übernommen, um nur einige Beispiele zu nennen.
Mit Bilfinger könnte jetzt die nächste Übernahme anstehen.

Presseberichten zufolge haben Warburg und KKR ein Übernahmeangebot über 90 Euro je Aktie vorgelegt.
Derzeit liegt der Kurs von Gerresheimer bei 78,80 Euro.

Ob es sich dabei nur um Gerüchte handelt oder wirklich eine Übernahme im Raum steht, ist zu diesem Zeitpunkt unmöglich zu sagen.
Den Berichten zufolge gab es jedoch auch noch andere Interessenten, obendrein seien die Gespräche in einem fortgeschrittenen Stadium. All das spricht dafür, dass etwas an den Gerüchten dran sein könnte.

Schaut man sich die fundamentale Lage an, kann man weitere Rückschlüsse ziehen, wie wahrscheinlich eine Akquisition ist.

Global Player in der Pharma- und Verpackungsindustrie

Die Gerresheimer AG hat sich in den vergangenen Jahrzehnten als weltweit führender Anbieter von Spezialverpackungen und Systemlösungen für die Pharma-, Healthcare- und Kosmetikindustrie etabliert.
Seit der Gründung im Jahr 1864 von Ferdinand Heye als Glasfabrik in Gerresheim bei Düsseldorf hat sich das Unternehmen von einem regionalen Glasproduzenten zu einem international agierenden Konzern mit rund 13.400 Mitarbeitern und Produktionsstandorten auf drei Kontinenten entwickelt.

Das Produktportfolio umfasst die gesamte Bandbreite von Primärverpackungen, die in der Pharmaindustrie benötigt werden. Dazu gehören Glas- und Kunststoffverpackungen wie Injektionsfläschchen, Ampullen, vorfüllbare Spritzen und Insulin-Pens ebenso wie komplexe Drug-Delivery-Systeme wie Inhalatoren und Mikropumpen. Darüber hinaus bietet das Unternehmen Lösungen für die Kosmetikindustrie, etwa Parfümflakons und Cremetiegel, sowie Spezialbehälter für die Lebensmittelbranche.

Transformative Übernahme

In den letzten Jahren war die geschäftliche Entwicklung dennoch mittelprächtig. Das organische Wachstum ist gering und das Ergebnis läuft weitgehend seitwärts.
Daher hat man im vergangenen Jahr Bormioli Pharma übernommen, der Zukauf könnte transformativ sein.

Bormioli Pharma ist ein führender Hersteller von pharmazeutischen Primärverpackungen aus Glas und Kunststoff sowie Verschlusslösungen, Zubehör und Dosiersystemen.

Das Unternehmen betreibt neun Produktionsstandorte in Europa, erzielt einen Umsatz von rund 370 Mio. Euro und weist eine bereinigte EBITDA-Marge von etwa 21 Prozent auf. Durch die Übernahme werden kurz- und mittelfristig Synergien in Höhe von 3-5 Prozent des Unternehmensumsatzes erwartet.

Der Kaufpreis in Höhe von 800 Mio. Euro entspricht demnach einem KUV von 2,16 und dem 10,3-Fachen des EBITDA. Das ist vertretbar, vor allem, wenn wirklich Synergieeffekte gehoben werden.

Bormioli Pharma passe strategisch ideal zu Gerresheimer und beschleunigt die Transformation des Unternehmens zum integrierten System- und Lösungsanbieter.

Gerresheimer-Chef Siemssen betonte, dass sich beide Unternehmen sowohl im Produktportfolio als auch in der regionalen Abdeckung mit Produktionsstandorten in Europa optimal ergänzen. Mit der Übernahme wird ein neuer Geschäftsbereich für Moulded Glass entstehen, der die Position von Gerresheimer als führender Komplettanbieter für die Pharma- und Biotech-Branche stärkt.

Ausblick und Bewertung

Für das seit Dezember laufende Geschäftsjahr stellt man ein organisches Umsatzwachstum von 3-5 % in Aussicht. Hinzu kommt der Beitrag von Bormioli.

Beim Gewinn soll es zu einer Steigerung des währungsbereinigten Ergebnisses je Aktie im hohen einstelligen Prozentbereich im Vergleich zum währungsbereinigten Wert des Geschäftsjahres 2024 in Höhe von 4,85 Euro je Aktie kommen.

Zur Berechnung unterstellen wir einen Anstieg um etwa 8 % auf ein Ergebnis von 5,20 Euro je Aktie. Gerresheimer käme demnach auf ein KGVe von 15,2.

Sollte es zu einer Übernahme für 90 Euro kommen, entspräche das einem KGVe von 17,3. Es ist gut möglich, dass sich der Vorstand und die Investoren auf diesen Preis einigen könnten.

Aus Anlegersicht gibt es jedoch noch einen weiteren wichtigen Aspekt. Ich habe in der Vergangenheit schon oft im Vorfeld von Übernahmen in Aktien investiert. Dabei stelle ich mir immer eine Frage: Kann ich auch damit leben, wenn der Deal nicht durchgeht? Würde ich auch ohne eine mögliche Übernahme gerne investiert sein?

Im Fall von Gerresheimer ist diese Frage nicht leicht zu beantworten. Die Resultate der letzten Jahre sind eher ernüchternd, der Ausblick ist jedoch gut und die Übernahme von Bormioli könnte die Dynamik verbessern.
Euphorie löst Gerresheimer bei mir nicht aus, aber es ist ein grundsolides Unternehmen.

Gerresheimer Aktie: Chart vom 17.03.2025, Kurs: 78,80 EUR - Kürzel: GXI | Online Broker LYNX
Gerresheimer Aktie: Chart vom 17.03.2025, Kurs: 78,80 EUR – Kürzel: GXI | Quelle: TWS

Gelingt ein Wochenschlusskurs über 82 Euro, kommt es zu einem prozyklischen Kaufsignal mit möglichen Kurszielen bei 85 und 90 Euro. Aus technischer Sicht lägen weitere Kursziele bei 94 – 96,50 Euro, sollte es zu einer Übernahme für 90 Euro kommen, wären sie aber natürlich hinfällig.

Über den Autor

Tobias Krieg ist Chefanalyst bei LYNX Broker und Gründer von LongTerm-Value.
Er ist seit mehr als fünfzehn Jahren an der Börse aktiv, davon mehr als eine Dekade als leidenschaftlicher Vollzeit-Investor. Geprägt durch Vorbilder wie Charlie Munger, Peter Lynch und Bill Miller ist Value Investing der Grundsatz und Growth at a reasonable Price der Wahlspruch.
Denn auch gute Unternehmen können schlechte Investments sein. Ein attraktiver Einstiegskurs zum richtigen Zeitpunkt ist absolut entscheidend.

Analysemethode

Die Aktienanalysen von Tobias Krieg basieren auf einer Kombination aus Charttechnik und Fundamentalanalyse. Dabei liegt der Fokus auf der Bewertung von Unternehmen anhand ihrer finanziellen Kennzahlen, wie z. B. KGV, Cashflow oder Eigenkapitalrendite, sowie auf der Identifikation von überdurchschnittlichen Wachstumspotenzialen zu einem attraktiven Einstiegskurs.

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Eine Gewinnwarnung mitten in der Handelszeit zu veröffentlichen, ist eher ungeschickt. Genau das hat der Verpackungsspezialist Gerresheimer am Montag aber getan. Die Folge war ein „Crash“ von 18 Prozent. Erst jetzt wird sich zeigen, ob das eine Überreaktion war oder nicht.

Wenn man plötzlich eine Aktie mitten im Handel dramatisch wegbrechen sieht, wird man als jemand, der dort positioniert wird, in eine Zwangslage gebracht. Soll man riskieren, erst einmal zu recherchieren, was der Grund für den Kurseinbruch ist und prüfen, wie man selbst die Sache einordnen würde, während der Kurs gerade wie ein defekter Fahrstuhl nach unten rauscht? Dafür lässt einem eine solche extreme Bewegung ja keine Zeit, also tun viele, was man eigentlich andersherum tun sollte: Sie handeln zuerst, bevor sie es riskieren, über die Sache nachzudenken.

Ein Paket an Zahlen und Aussagen, das um 16:21 Uhr als Ad-hoc-Meldung herauskam, brachte die Akteure bei Gerresheimer in diese unangenehme Situation. Da ist eine extreme Reaktion nicht überraschend, denn „schlecht“ waren die News allemal, das ließ sich schnell erkennen. Aber sind sie auch so schlecht, dass die Aktie jetzt weiter fallen müsste? Oder hatte diese unglückliche Situation, dass mitten im Handel eine solche nicht vorhersehbare Meldung kam, zu einer Überreaktion geführt, die jetzt eher Käufe favorisieren würde? Das ist mit Blick auf den Chart eine höchst akute Frage.

Gerresheimer Aktie: Chart vom 30.09.2024, Kurs 80,00 Euro, Kürzel: GXI | Online Broker LYNX
Gerresheimer Aktie: Chart vom 30.09.2024, Kurs 80,00 Euro, Kürzel: GXI | Quelle: TWS

Denn dadurch ist der Kurs jetzt in eine zwischen 74 und 80 Euro liegende Unterstützungszone gerutscht, die die Handelsspanne der vergangenen Jahre quasi in zwei Hälften teilt. Und sollte Gerresheimer in die untere Hälfte rutschen, würde deren untere Begrenzung erst im Bereich 46,60/51,10 Euro warten. Also, wie könnte man das einordnen?

Expertenmeinung: Die vorläufigen Neun-Monats-Zahlen waren eine Enttäuschung. Der Umsatz stieg nur geringfügig um 2,0 Prozent, der operative Gewinn mit 3,1 Prozent kaum mehr, die Analysten hatten da deutlich mehr erwartet. Ursache sei neben einer Überschwemmung in einem US-Werk (was man als Einmaleffekt hätte abhaken können), dass die Lagerbestände der Kunden vor allem bei Glasampullen nur langsam abnehmen. Anders formuliert: Auch Gerresheimer sieht, wie das viele Branchen derzeit erkennen müssen, eine geringere Belebung der Nachfrage als erhofft. Was jedoch die bisherige Prognose ziemlich zusammenstaucht:

Das 2024er-Umsatzwachstum sieht das Unternehmen jetzt bei 3-4 Prozent, bislang war man von 5-10 Prozent ausgegangen. Der Anstieg des Gewinns pro Aktie wird im Bereich 2-8 Prozent gesehen, bislang lag der Ausblick bei 8-12 Prozent. Und die Prognosesenkung reicht bis ins Jahr 2025 hinein, da erwartet Gerresheimer jetzt nur noch 7-10 Prozent mehr Umsatz, bis dato ging man von 10-15 Prozent aus.

Fazit: Diese Prognosesenkung ist nicht von Pappe, zumal die Aktie schon auf Basis der bisherigen Prognosen, die jetzt Makulatur sind, nicht gerade niedrig bewertet war. Dass diese Supportzone 74 zu 80 Euro fällt, ist zwar nicht zwingend, aber denkbar genug, um hier erst einmal ein paar Tage abzuwarten, ob sich eine taugliche Bodenbildung in oder über dieser Zone abzeichnet. Bleibt das aus, wäre Gerresheimer für den Moment noch zu „heiß“, um sie getrost anpacken zu können.

Quellen:
Vorläufige Neun-Monats-Zahlen 2024, Anpassung der Prognosen 2024/2025, 30.09.2024: https://www.gerresheimer.com/unternehmen/news/corporate-news/detail/gerresheimer-veroeffentlicht-vorlaeufigen-zahlen-fuer-q3-und-die-ersten-neun-monate-des-geschaeftsjahres-2024

Über den Autor

Nach dem Abitur 1984 studierte der gebürtige Hamburger an der Universität der Bundeswehr Betriebswirtschaftslehre. Im Anschluss an seine Dienstzeit als Offizier begann seine Zeit als Analyst und Finanzjournalist. Seit 1996 war und ist er als Redakteur, Referent und Kolumnist in zahlreichen Funktionen aktiv, seit 2016 ist er unter anderem Analyst bei LYNX. Gehrt ist ein Allrounder, der in der fundamentalen, d.h. volks- und betriebswirtschaftlichen Analyse ebenso sattelfest agiert wie in den verschiedenen Disziplinen der Technischen Analyse wie Chart- und Markttechnik und Sentinentanalyse.

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Die Analysen von Ronald Gehrt basieren auf einer Kombination fundamentaler Fakten und Daten mit der aktuellen chart- und markttechnischen Situation des/der hier vorgestellten Index/Rohstoffs/Währungspaars/Aktie. Bilanz- und Konjunkturdaten sowie wirtschafts- und finanzpolitische Fakten, Nachrichten und/oder Statements werden als Grundlage zur Beurteilung der charttechnischen und markttechnischen Perspektive des untersuchten Werts analysiert.