Da war gestern wirklich einiges geboten bei der Gerresheimer-Aktie. Eine Hiobsbotschaft, die eigentlich gar keine war, führte zu einem kapitalen Crash, der sich Richtung Handelsende aber erheblich relativierte. Was war da los … und was heißt das für die kommenden Wochen?
Am Morgen wurde gemeldet, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Gerresheimers Jahresabschluss 2024 prüfen wird. Es gebe konkrete Hinweise darauf, dass man gegen Vorschriften verstoßen habe, indem Umsätze erfasst wurden, die zum Stichtag des Geschäftsjahresendes (hier der 30.11.) noch nicht realisiert waren.
Das wirkte, als sei die gesamte 2024er-Bilanz Makulatur und die Lage, die sich 2024 ohnehin schon eingetrübt hatte, womöglich viel schlechter als bis dahin vermutet. Dementsprechend zogen einige Akteure sofort die Reißleine … und dürften damit unbeabsichtigt eine Lawine ausgelöst haben. Denn unerwarteter Abgabedruck in einer eher marktengen Aktie in einem Moment, in dem angesichts solcher Nachrichten wohl so ziemlich alle, die ein Kauflimit im Markt hatten, dieses zurückgezogen hatten: Das kann übel ausgehen. Und das tat es dann auch. Was war passiert?
Nachdem der Verpackungsspezialist im Juni mit einer massiven Prognosesenkung einen Kurseinbruch ausgelöst hatte, kam die Aktie zwar nicht wieder auf die Beine, aber neue Tiefs, die sich danach Anfang August und Anfang September ergaben, wurden gekauft, statt erneute Sell-offs auszulösen. Das dürfte so manchen angesichts des vorherigen, erheblichen Kursabstiegs gelockt haben, doch die Hand aufzuhalten. Aber natürlich sicherheitshalber mit engen Stop-Loss-Orders, die man dann jeweils mit einem gewissen „Rangierabstand“ (um das Phänomen gekaufter, neuer Tiefs einzuarbeiten) unter das letzte Zwischentief legte. Und dann kam eben diese Nachricht … und dürfte all diese Stop-Loss ausgelöst haben. Die Folge:
Eine Verkaufswelle. Immense Mengen an Gerresheimer-Aktien trafen auf eine leergefegte Käuferseite im Orderbuch. Die Folge war, dass diese Aktie am Tagestief sage und schreibe 38 Prozent im Minus lag. Aber wieso holte sie dann einen nicht unwesentlichen Teil dieser Abschläge wieder auf?
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Expertenmeinung: Weil Gerresheimer zeitnah Stellung zu dieser Meldung über die BaFin-Prüfung bezog und hervorhob, dass es sich bei den infrage gestellten Umsätzen um Summen in Höhe eines niedrigen zweistelligen Millionenbetrags handele. Im Vergleich zu den für 2024 insgesamt gemeldeten gut zwei Milliarden Euro Umsatz also nichts, das die Bilanz 2024 im Fall einer von der BaFin angeordneten Berichtigung nennenswert verändern würde. Zumal diese Umsätze dann ja auf 2025 gebucht und die laufende Bilanz stützen würden.
Zwar ist eine BaFin-Prüfung dieser Art auch immer etwas, das das Vertrauen in die Unternehmensführung wackeln lässt. Aber noch ist ja völlig offen, wie das ausgeht. Daher kann es nicht überraschen, dass auf diese Relativierung des „Schadenspotenzials“ hin einige zugriffen. Und dass, vermutlich vor allem, Trader, die hier mit leer verkauften Aktien auf der Short-Seite unterwegs waren, diese Positionen schlossen, indem sie die ausstehenden Aktien kauften und damit einen grandiosen, unverhofft in den Schoß gefallenen Gewinn einfuhren. Aber zurück zur Eingangsfrage: Was heißt das für die kommenden Wochen?

Die Gerresheimer-Aktie läuft in einem intakten Abwärtstrend, siehe Chart. Aus dem wird sie wohl – angesichts der, soweit man weiß, unverändert mageren Nachfragesituation – auch nicht so schnell herauskommen. Grundsätzlich ist das also keine gute Basis, so weit über dem gestrigen Tagestief noch zugreifen zu wollen. Zumal der Spielraum nach oben schon beim letzten Zwischentief bei 40,88 Euro auf Widerstand träfe und dieses Anfang September ausgebildete Zwischentief auf Basis der mauen Gesamtsituation zustande kam. Auch wenn sich das BaFin-Problem erledigen sollte: Ab da sind es also die bisherigen Fakten, die drücken. Man kann also nicht damit rechnen, Aufwärtspotenzial bis zur deutlich höher laufenden Abwärtstrendlinie zu bekommen.
Aber diese Gegenbewegung zu nutzen, um einen Short-Trade zu installieren, das wäre nicht minder riskant. Denn es ist ja klar, dass dieser initiale Crash nur wegen dieser „unglücklichen Umstände“ in Form ausgelöster Stop-Loss-Verkäufe so extrem ausfiel. Es gibt keine rationale Basis dafür, dass die Aktie dieses gestrige Tagestief bei 26,52 Euro in absehbarer Zeit (oder überhaupt) wiedersieht. Denkbar wäre das, wenn erneut schwache Bilanzdaten und ein noch niedrigerer Ausblick kämen, aber:
Ob das passiert, weiß man nicht. Daher müsste man, egal, ob man sich hier auf der Long- oder der Short-Seite betätigen würde, in einer marktengen Aktie in einem Umfeld aufgeschreckter Trader aktiv werden. Das birgt ein unkalkulierbares Risiko, daher wäre wohl der beste Rat, sich nicht von dieser immensen Volatilität locken zu lassen und wegzubleiben!
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