Eine ebenso deutliche wie unerwartete Gewinnwarnung am Montagmittag führte zu einem drastischen Selloff in der Gerresheimer-Aktie. Was fängt man jetzt mit dieser Aktie an? Kaufen, noch aussteigen, halten, vielleicht sogar auf der Short-Seite traden?
Knapp 23 Prozent brach die Aktie des Verpackungsmittel-Spezialisten am Montag ein, nachdem das Unternehmen kurz nach 12 Uhr eine sogenannte „Prognoseanpassung“ meldete. Wobei die da getroffenen Aussagen im ersten Moment eigentlich gar nicht so wirkten, als würden sie ein derartig großes Minus rechtfertigen. Was genau wurde da mitgeteilt?

Gerresheimer senkte die Prognose für das Umsatzwachstum im laufenden Geschäftsjahr (das hier bis zum 30.11. läuft) von zuvor drei bis fünf auf ein bis zwei Prozent. Der Ausblick auf die um Sonderfaktoren bereinigte EBITDA-Marge (EBITDA = Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) wurde von bislang 22 auf jetzt 20 Prozent nach unten korrigiert. Letzteres hieße, dass aus einem Euro jetzt knapp zehn Prozent weniger an operativem Gewinn herausgeholt werden als gedacht … und das bei einem nur noch marginal zulegenden Umsatz.
Gerresheimer begründete die Senkung des Ausblicks mit einer unverändert gedämpften Nachfrage im Bereich Kosmetik und einem aus Sicht des Unternehmens nur temporär sinkenden Nachfrage nach „Contaiment-Lösungen für oral einzunehmende, flüssige Medikamente“ … ich als Banause würde dazu „Ampullen“ sagen. Da man zudem betonte, dass die mittelfristige Wachstumsperspektive nicht beeinträchtigt sei, wirkt das, als sei das alles nicht wirklich dramatisch, aber:
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Expertenmeinung: Manch einer dürfte sich gefragt haben, warum das dann dazu führt, dass man die in der Bilanz 2024/2025 noch mit 1,25 Euro vorgeschlagene Dividende pro Aktie auf nur noch 0,04 Euro kürzen will. Und wieso es offenbar noch am 11. April keinerlei Hinweise auf diese negative Entwicklung gegeben hat, zumindest wurde die jetzt gesenkte Prognose an diesem Tag im Rahmen der Ergebnis-Vorlage des ersten Geschäftsjahresquartals noch bestätigt. Hinzu kommt, dass es bereits Ende September vergangenen Jahres zu einer Abwärts-Korrektur der Wachstumsprognose gekommen war. Daher könnte man das Gefühl bekommen, dass auch diese Gewinnwarnung nicht die letzte ist.
Diese drei Aspekte zusammen genommen machen es schon eher verständlich, dass die Reaktion am Markt derart herb ausfiel. Dies und die Reaktionen der Analysten, denn die kamen nicht nur umgehend, sondern auch zahlreich und oft drastisch:
13 Analysten reagierten umgehend am Dienstag. Alle senkten ihre Kursziele, wobei die Range der bis dahin geltenden Kursziele zwischen 80 und 122,50 Euro lag. Die Spanne der neuen Kursziele beträgt 47,50 bis 108 Euro, wobei diese 108 Euro das einzige Ziel oberhalb von 100 war, das nächsthöhere der neuen Ziele liegt bei 97 Euro.
Dass niemand zum Verkauf riet, ist dabei kein Argument zu Gunsten eines Einstiegs, denn die Prognosesenkung kam für die Analysten ja ebenfalls überraschend, so dass man nur noch reagieren konnte, nachdem das Kind bereits im Brunnen lag. Und da der Kurs bereits deutlich gesunken ist, ist auch die Bewertung, bei der man im Licht des neuen Ausblicks auf ein Kurs-/Gewinn-Verhältnis in der Region um zwölf käme, im historischen Vergleich nicht teuer. Was aber nicht heißt, dass die Aktie nicht trotzdem weiter nachgeben könnte.
Denn jetzt trauen viele der Sache eben nicht mehr so recht. Die Reaktion der Analysten und das Chartbild kommen da noch Belastung obendrauf. Sie sehen, dass die Aktie gerade erst in der Vorwoche ganz knapp über die wichtige Charthürde im Bereich 62,90/63,90 Euro gelaufen war und durch diese Meldung humorlos auf ein neues Jahrestief geschickt wurde. Und am Dienstag, dem Tag 1 nach der Abwärts-Korrektur, war von den Käufern nichts zu sehen.
Also, was tun? Die Bewertung wäre jetzt sogar dann noch hinnehmbar, wenn die Prognose erneut gesenkt würde, solange eine solche, zukünftige Senkung dann nicht allzu groß ausfallen würde. Daher: Jetzt noch auszusteigen, weil man keinen Stop Loss eingezogen hatte, der den Kurs gesichert hätte, ist womöglich zu spät. Womit sich auch die Frage erledigen würde, ob man hier vielleicht einen Short-Kandidaten vor sich hätte. Jetzt, nachdem die Reaktion bereits da ist und heftig war, ist Gerresheimer dafür eher kein guter Kandidat.
Aber trotzdem ist Gerresheimer eine Aktie in einem mittelfristig intakten Abwärtstrend, die in den vergangenen Quartalen immer wieder deutlich negative Reaktionen auf Bilanzzahlen zeigte. Das ist kein Titel, in den man unbesorgt einsteigen könnte, weil er jetzt „billig“ ist. Nur, wenn genug andere auch so denken würden, hätte man da eine Chance. Und dass gestern so gut wie niemand so dachte, macht deutlich, dass man sich durchaus trotzdem die Finger verbrennen könnte oder zumindest lange warten müsste, bis sich ein Einstieg so nahe nach diesen „bad news“ auszahlen würde.
Quellenangaben: Anpassung der 2025er-Jahresprognose, 02.06.2025: https://www.gerresheimer.com/unternehmen/news/detail/gerresheimer-passt-prognose-fuer-das-geschaeftsjahr-2025-an
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