Der Markt steht vor 5 massiven Problemen. Gleichzeitig sind Anleger so aggressiv positioniert wie nie zuvor. Fiasko vorprogrammiert?
Der Umstand, dass die Märkte am Allzeithoch stehen, hat für sich genommen einen geringen Informationsgehalt. Worauf es wirklich ankommt, sind die Rahmenbedingungen und die Struktur des Marktes.
Problem Nr. 1: Nachlassende Bauaktivität
Ein zentraler Aspekt ist die zunehmende Schwäche des US-Wohnungsmarktes. Dieser Sektor, der stark von Zinssätzen abhängt, gilt traditionell als verlässlicher Indikator für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung.
Wie wir in der letzten Analyse gesehen haben, läuft es bei D.R. Horton und einigen börsennotierten Wohnungsbauern nicht schlecht (Comeback am Bau: D.R. Horton startet durch), doch das sollte man nicht mit dem Gesamtzustand der Branche verwechseln.
Es ist vielmehr ein Zeichen dafür, wie gut sich hocheffiziente Wohnungsbauer wie D.R. Horton auch in Krisenzeiten halten.
Die Kurs-Korrelation zwischen dem S&P 500 und dem Sektor „Residential Contruction“ ist jedoch auf nahe null gesunken – ein Zustand, der in sehr vielen Fällen unmittelbar vor Crashs eintrifft.
Zuletzt war das beispielsweise im September 2018 der Fall, kurz bevor der S&P 500 um etwa 20% eingebrochen war. Es handelt sich dabei um ein Warnsignal, das nicht ignoriert werden sollte.
Und es gibt weitere Hinweise darauf, dass die Probleme im Bausektor noch nicht zu Ende sein könnten. Die Zahl der Baugenehmigungen sowie der verkauften, aber noch nicht im Bau befindlichen Wohneinheiten ist im Jahresvergleich um mehr als 30 % zurückgegangen.
Problem Nr. 2: Sinkende Immobilienpreise
Das dürfte unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass die Zahl der Angebote für Bestandsimmobilien stark gestiegen ist. Es scheint, dass Käufer, die ursprünglich auf eine Refinanzierung ihrer Hypotheken gehofft hatten, nun gezwungen sind, ihre Immobilien in einem zunehmend schwächelnden Marktumfeld zu verkaufen.
Selbst in Metropolregionen beginnen die Preise zu fallen (Newsweek Artikel). Am stärksten betroffen sind Florida und Texas, wo in einigen Gegenden ein geradezu dramatischer Preisverfall stattgefunden hat.
In Orlando (Florida) sind die Immobilienpreise vom Peak um 23 % gesunken und in Austin (Texas) um 21 %. In ländlichen Gebieten sind es teilweise mehr als 30 %.
Wer günstig kaufen kann, muss nicht bauen.
Der Wohnungsmarkt spielt eine Schlüsselrolle in der US-Wirtschaft, da er einen starken Multiplikatoreffekt hat. Er schafft Arbeitsplätze im Bausektor, treibt den Konsum durch den Kauf von Möbeln und Haushaltswaren an und generiert Steuereinnahmen für die Bundesstaaten.
Historisch betrachtet führen stark sinkende Immobilienpreise mit einer Verzögerung von etwa 3 – 6 Monaten zu einer nachlassenden Konjunktur. Vielleicht ist der Preisrückgang in 110 von 300 Metropolregionen noch nicht breit genug angelegt, doch die Zahl der betroffenen Gegenden steigt stetig.
Im Februar waren es nur 30, im Mai 60 und jetzt sind es 110.
Problem Nr. 3: Anleger sind massiv gehebelt Long
Doch das ist wahrscheinlich noch das kleinste Problem. Wesentlich bedenklicher ist die Positionierung der Anleger. Laut TradeTheNews machen Call-Optionen derzeit etwa 70 % des gesamten Optionsvolumens aus, ein Wert, der zuletzt zu Zeiten der Meme-Aktien im Jahr 2021 erreicht wurde.
Tatsächlich kommt es aktuell auch wieder zu Kurssprüngen wie damals. Gestern wurde die Aktie von Kohl’s Corp zeitweise um mehr als 100 % in die Höhe katapultiert.
Opendoor hat sich innerhalb von wenigen Tagen am Hoch nahezu verzehnfacht.
Was die beiden Aktien eint, ist der enorme Short Float. An dieser Stelle möchte ich nochmal eindringlich davor warnen, in derartigen Situationen Leerverkäufe durchzuführen. Ein Short Squeeze kann Sie alles kosten.
Hinzu kommt die fehlende Marktbreite. Die Rallye im Nasdaq 100 und S&P 500 wird von einer kleinen Zahl von Aktien getrieben. Das ist zwar nicht neu, doch aktuell ist der Wert auf ein historisches Hoch gestiegen.
Der Technologiesektor insgesamt nimmt etwa 34 % des S&P 500 ein, ein Niveau, das zuletzt im Jahr 1999/2000 erreicht wurde, kurz vor dem Platzen der Dotcom-Blase.
Ein weiteres Zeichen für eine mögliche Überhitzung ist die Entwicklung des Nasdaq 100, der seit 60 Handelstage in Folge über dem 20-Tage-Durchschnitt geblieben ist. Das gab es bisher nur einmal, Anfang 1999.
Problem Nr. 4: Nachlassende Glaubwürdigkeit und gestiegene Inflationserwartungen
Ein weiterer, oft unterschätzter Risikofaktor ist die abnehmende Glaubwürdigkeit der Geldpolitik. Die Zölle, das unvorhersehbare Verhalten der US-Regierung, die fiskalischen Lockerungen und Debatten über die Unabhängigkeit der Zentralbank tragen zur Verunsicherung bei.
Das spiegelt sich nicht nur in den gestiegenen Anleihenrenditen, sondern auch in den Inflationserwartungen wider. Inzwischen sind die Inflationserwartungen auf Sicht von 5 Jahren sogar höher als die kurzfristigen Erwartungen oder die auf Sicht von 2 Jahren (5-Jahres-Inflationsswaps sind über die 2-Jahres-Swaps gestiegen).
Institutionelle Anleger positionieren sich eindeutig für eine längere Phase höherer Inflation.
Fazit: Ein Markt mit asymmetrischen Risiken
Zusammenfassend ergeben sich fünf zentrale Herausforderungen für den S&P 500, den Nasdaq 100 und den Aktienmarkt als Ganzes. Erstens verliert der Wohnungsmarkt an Dynamik. Zweitens ist der Markt stark konzentriert, vergleichsweise teuer und von den gigantischen Investitionen durch KI-Unternehmen abhängig.
Drittens erodiert das Vertrauen in die Politik und Geldpolitik, was die Kapitalkosten in die Höhe treibt.
Viertens die Zölle. Das Thema habe ich bereits oft behandelt, daher nur eine brandaktuelle News dazu:
Presseberichten zufolge hat die EU Vorbereitungen getroffen, um 30 % Strafzölle gegen die USA zu verhängen, sollten die Verhandlungen scheitern.

Und fünftens sind Anleger wieder massiv gehebelt Long. Die Lage erinnert sehr stark an die Situation Ende Januar. Damals warnte sogar der IB-Gründer Thomas Peterffy (Youtube Video).
Im April dürften sich viele Anleger eine blutige Nase geholt haben. Gelernt hat man daraus – wie immer – nichts. Wir sind, was das Thema Hebel angeht, wieder am selben Punkt wie vor dem letzten Crash. Der Unterschied ist nur, dass die externen Risiken jetzt noch größer sind.
Solche Rallyephasen können sich erstaunlich lange fortsetzen, aber sie enden selten auf die sanfte Tour. Wie bereits vor dem April-Crash vorhergesagt, gilt auch jetzt wieder dasselbe:
Sollte es abwärts gehen, dann mit Tempo. Denn gehebelte Positionen müssen bei sinkenden Kursen in kürzester Zeit aufgelöst werden.
Genau das ist im April geschehen und es ist wieder möglich. Sollte es dazu kommen, ist es dieses Mal aber unwahrscheinlich, dass es wieder schnell aufwärts geht.
Im April konnte man die Märkte schnell wieder beruhigen, da man die Einführung der Zölle um 90 Tage verschoben hat. Dieses Mal würde ein Crash aber nicht durch eine Androhung von Zöllen, sondern durch realwirtschaftliche Probleme ausgelöst. Die lassen sich nicht weg reden und vor allem nicht um 90 Tage verschieben.
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