Brent Crude Oil Prognose Brent Crude Oil: Vorsicht, Hexenkessel!

News: Aktuelle Analyse des Brent Crude Oil Futures

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Brent Crude Oil
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Ticker: COIL
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Währung: USD

Rohöl-Trading ist sowieso etwas, das man erfahrenen Tradern mit Disziplin und guten Nerven überlassen sollte. Aber jetzt ist der Markt ein von der Nachrichtenlage hin und her geworfener Hexenkessel. Brent Crude Oil könnte nach oben ausbrechen, aber wird es das auch?

Zwischen dem Tief am Dienstagvormittag und den Schlusskursen am Donnerstagabend liegen bei Brent Crude Oil über zehn Prozent. Ein gewaltiger Satz nach oben, der diesmal nicht auf Preisaktivitäten der OPEC+-Staaten zurückzuführen ist, sondern auf unerwartete Wendungen des Israel/Palästinenser-Konflikts. Dachte man noch vor kurzem, dass über die Interventionen anderer Länder, vor allem durch die USA, eine Art Burgfrieden in Form einer zeitweisen Beruhigung des Konflikts zu erreichen wäre, ist das jetzt komplett vom Tisch. Und dass am Donnerstag gemeldet wurde, dass eine Bombardierung der iranischen Ölproduktion diskutiert werde, ließ die Kurse der wichtigsten Ölsorten wie Brent Crude explodieren.

Was nachvollziehbar ist, immerhin stand der Iran 2023 auf Platz 8 der größten Rohöl-Fördernationen. Zudem würde eine solche Ausweitung des Konflikts die gesamte Region in Unruhe versetzen, selbst Reaktionen der eigentlich nicht politisch ausgerichteten OPEC wären nicht ausgeschlossen. Doch daraus abzuleiten, dass der Ölpreis ab jetzt immer weiter steigen muss, ist höchst riskant, denn:

Expertenmeinung: Ob und wie die Lage eskaliert, ist offen. Die nonstop einlaufenden Meldungen sind eine Sache. Wie eine Seite handelt und die andere reagiert  … und wie sehr das auf den Ölpreis faktisch mit Blick auf die Angebotslage und psychologisch mit Blick auf die Marktteilnehmer einwirkt … eine andere.

Brent Crude Oil: Chart vom 02.10.2024, Kurs 77,85 US-Dollar, Kürzel: COIL | Online Broker LYNX
Brent Crude Oil: Chart vom 02.10.2024, Kurs 77,85 US-Dollar, Kürzel: COIL | Quelle: TWS

Durch die dynamische Vollendung eines Doppeltiefs ist das Chartbild bei Brent Crude Oil aktuell zwar bullisch. Aber für einen wirklich großen Aufwärtsschub müssten noch zwei weitere Charthürden genommen werden. An der einen ist der Kurs des hier abgebildeten Dezember-Liefertermins (als nächster Liefermonat) des Brent Crude-Futures jetzt dran: am Kreuzwiderstand aus 100-Tage- und 200-Tage-Linie bei 78 US-Dollar. Würde er überwunden, wäre die nächste und für ein markant bullisches Signal entscheidende Widerstandslinie die über die Hochs vom April und Juli zu zeichnende Abwärtstrendlinie bei momentan 83 US-Dollar. Aber auch, wenn Brent darüber hinaus laufen würde:

Die Charttechnik wird in einem solchen Nachrichtenumfeld immer die zweite Geige spielen. Je nachdem, was noch an Unerwartetem über die Nachrichtenticker läuft, kann der Kurs umso höher steigen oder aber einbrechen. Und das, das zeigt der Verlauf der vergangenen Tage, abrupt. Sich da ins Getümmel dieses Hexenkessels zu stürzen, sollte für Privatanleger gut überlegt sein.

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Vorherige Analysen des Brent Crude Oil Futures

Ob man jetzt seinen Heizöltank füllen sollte oder doch noch lieber abwartet, diese Frage beschäftigt ab jetzt wohl sehr viele intensiv, immerhin kann es da um große Summen gehen, die man zu viel zahlt, wenn das Timing nicht gut ist. Die Frage ist also: Wird Öl noch billiger?

Das Problem ist … und das ist ja der Grund, warum man Jahr für Jahr aufs Neue rätselt, wann wohl ein guter Moment ist, um Heizöl zu kaufen … dass man das eigentlich nicht wirklich sicher absehen kann. Weswegen viele dazu neigen, zwei- oder sogar dreimal zu tanken und lieber die dadurch höheren Preise in Kauf zu nehmen als mit „einmal volltanken bitte“ dann drastisch schief zu liegen. Zwar hätte Brent Crude Oil als für Europa wichtigste Ölsorte jetzt ein Signal nach unten abgeliefert. Aber ob das Bestand hat, ist nicht alleine vom Chartbild abhängig.

Eine ganz entscheidende Frage ist: Was tun OPEC+ und andere Förderländer wie die USA? Fährt man die Fördermenge hoch oder herunter? Und wie wird sich die tatsächliche Ölnachfrage in den kommenden Monaten entwickeln? Da würde schon ein leichter Rückgang ausreichen, um den Preis der wichtigen Ölsorten wie Brent oder WTI weiter zu drücken. Es sei denn wiederum, die Fördermengen würden, um den Preis stabil zu halten oder zu treiben, noch mehr gekürzt, als die Nachfrage es vorgeben würde.

Die Sache ist also knifflig, so dass man sich wirklich nicht grämen sollte, wenn man glaubt, günstig eingekauft zu haben und der Heizölpreis dann unverhofft doch noch deutlich sinkt. Es sind zu viele Faktoren im Spiel, die man nicht absehen kann, ein Beispiel ist der der Erdöl-Vorräte bei den US-Unternehmen:

Expertenmeinung: Der Lagerbestand an Rohöl bei US-Unternehmen wurde gestern Nachmittag für die abgelaufene Woche veröffentlicht. Mit -6,87 Millionen Barrel fiel der Bestand unerwartet stark und stellte das viertstärkste Wochen-Minus der vergangenen zwölf Monate dar. Aber was hat das konkret zu bedeuten? Dass die US-Unternehmen mehr Öl verbrauchen, die Wirtschaft also besser läuft als gedacht und somit die Nachfrage zulegt, so dass der Ölpreis stiegen muss? So könnte man es interpretieren, aber auch aus dem genauen Gegenteil kann ein Schuh werden. Denn es kann genauso sein, dass die Unternehmen keineswegs mehr Öl brauchen, sondern nur zuletzt weniger eingekauft haben, weil sie erwarten, dass der Ölpreis in nächster Zeit nachgibt und man seine Bestände somit in ein paar Wochen deutlich billiger auffüllen kann. Sie sehen:

Brent Crude Oil Future: Chart vom 05.09.2024, Kurs 72,78 US-Dollar, Kürzel: COIL | Quelle: TWS | Online Broker LYNX
Brent Crude Oil Future: Chart vom 05.09.2024, Kurs 72,78 US-Dollar, Kürzel: COIL | Quelle: TWS

Hier müsste man schon eine erlesene Glaskugel besitzen, um ernsthaft vorhersagen zu können, was in einer, in zwei oder in vier Wochen sein wird. Bevor man sich den Kopf über Faktoren zermartert, die man ohnehin nicht absehen kann, würde man daher besser fahren, recht stur entlang der Charts zu urteilen, ob man hier Long oder Short sein will bzw. sein Heizöl jetzt oder doch später kaufen soll. Aktuell sieht es dabei wie eingangs erwähnt recht vorteilhaft aus, was weiter fallende Preise angeht:

Brent Crude Oil ist im hier abgebildeten Liefermonat November (der aktuell nächste Termin im Future) durch eine seit Juni geltende Supportzone zwischen 74,40 und 75,00 US-Dollar nach unten ausgebrochen und hat vorher mehrere unter dem jeweils vorherigen liegende Zwischenhochs ausgebildet. Bemerkenswert ist auch, dass der Kurs dabei seit Anfang August dreimal im Bereich der 50- und 100-Tage-Linien nach unten abgewiesen wurde, was auf aktiv bärische Trader hinweist. Aber!

Auf der anderen Seite steht vor einem Anlauf an die markanten Supportlinien bei 69,90 und 67,78 US-Dollar noch eine markante Kreuzunterstützung bei 72,00 US-Dollar, die jetzt bereits nahe ist und aus der unteren Begrenzung des im April etablierten Abwärtstrendkanals und dem Februar-Tief besteht. Damit bleibt ein weiteres Abrutschen von Brent Crude in Richtung 69,90 und 67,78 US-Dollar zwar möglich. Aber jetzt könnten den Bären schon eher sekundäre Aspekte Stöcke in die Speichen werfen, beispielsweise ein heute Nachmittag stärker als erwartet ausfallender US-Arbeitsmarktbericht, der eine stärkere US-Wirtschaft suggerieren und die Bullen am Ölmarkt ermutigen würde. Was hieße:

Brent Crude Oil hätte jetzt Chancen, billiger zu werden, aber ob die wirklich genutzt werden, ist unsicher genug, um den Gedanken, dass Ölheizungs-Besitzer ihre Käufe auf mehrere Tranchen verteilen, erwägenswert zu machen!

Brent Crude Oil ist in den vergangenen vier Wochen erheblich abgerutscht und ringt derzeit mit dem Anfang Juni markierten Zwischentief, das den tiefsten Ölpreis seit Anfang Februar markiert. Kommen jetzt weitere Abgaben, rutscht Brent womöglich auf neue Jahrestiefs?

Dass das bärische Lager weiteres Abwärtspotenzial sieht, ist klar, sonst stünde der Ölpreis aktuell nicht so markant unter Druck. Die Frage ist, ob die Argumente so stark sind, dass die momentan umkämpfte Supportlinie bei 75,20 US-Dollar (bezogen auf den aktuellen, nächstliegenden Futures-Liefermonat Oktober) nicht so effektiv von den Bullen verteidigt wird, dass es tatsächlich zu einer erneuten Verkaufswelle kommt. Einer, die Brent Crude über das Februar-Tief bei 72,64 US-Dollar hinaus an – und aus Sicht der Short-Seller im Idealfall natürlich unter – das bisherige Jahrestief bei 70,52 US-Dollar drückt.

Brent Crude Oil: Chart vom 06.08.2024, Kurs 76,83 US-Dollar, Kürzel: COIL | Quelle: TWS | Online Broker LYNX
Brent Crude Oil: Chart vom 06.08.2024, Kurs 76,83 US-Dollar, Kürzel: COIL | Quelle: TWS

Und die Argumente müssten ziemlich beeindruckend sein, denn Sie sehen im Chart, dass diese Unterstützung am Dienstag den zweiten Tag in Folge hielt und der Kurs aufgrund des recht dynamischen Abstiegs der Vorwochen markttechnisch überverkauft ist. Zwar gestaltet sich die Ausgangslage trotzdem recht günstig, weil Brent Crude Oil in der Vorwoche im Bereich der drei wichtigsten gleitenden Durchschnitte (50-, 100- und 200-Tage-Linien) und unterhalb der Widerstandszone 82,50/83,00 US-Dollar nach unten abgewiesen wurde, aber:

Sollte Brent diese jetzt erreichte Auffanglinie noch ein, zwei Tage halten, müssten nicht einmal die Bullen attackieren. Da würde es dann reichen, wenn Short-Seller, die wegen der nicht fallenden Auffanglinie unruhig werden, ihre Short-Trades eindecken und den Ölpreis auf diesem Wege an der Linie nach oben drehen. Es sei denn, wie gesagt, man könnte sicher sein, dass der Weg auch weiterhin nach unten weisen müsste. Ist das so?

Expertenmeinung: Nein, nicht zwingend. Zwar klingt das Argument logisch, dass die Rezessionsangst in den USA den Ölpreis drücken müsste. Weil im Fall einer rückläufigen Konjunkturentwicklung mit einer nachgebenden Nachfrage zu rechnen wäre, während die Ölproduzenten dann vermutlich zusehen, dass sie so viel wie möglich verkaufen können und Fördermengenkürzungen ins Leere laufen, da der am meisten Umsatz macht, der sich nicht daran hält. Aber!

Erstens ist Rezessionsangst ein dünnes Brett als Plattform einer Baisse, weil es eben auch anders kommen kann. Würde z.B. die US-Notenbank zeitnah den Leitzins gleich um einen halben Prozentpunkt senken und einen weiteren, vergleichbaren Schritt andeuten, dürfte diese Sorge schnell verschwinden (auch, wenn das eine Rezession nicht zwingend verhindern müsste) und damit auch das aktuelle Argument der Bären. Zweitens hat sich die kritische Lage im Nahen Osten, die zuvor Basis eines steigenden Ölpreises war, ja nicht beruhigt, eher ist das Gegenteil der Fall. Was bedeutet:

Selbst wenn Brent Crude Oil diese Unterstützung bei 75,20 US-Dollar unterbietet, könnte es jederzeit zu einem Rebound kommen. Die Lage der Bären ist wacklig genug um hier wenn, dann nur mit einem konsequenten Stop Loss mitzumischen!

Kurzfristig ist die Charttechnik bei Rohstoffen meist wichtiger als fundamentale Aspekte. Aber wenn man, wie am Ölmarkt, gerade über eine „harte Landung“ der US-Wirtschaft diskutiert, spielt das allemal eine Rolle … und führt bei Brent Crude Oil zu einem Matchball für die Bären.

In den letzten Monaten zeichnete sich ab, dass die US-Konjunktur wohl doch, wenngleich beeindruckend spät, auf die massiv angehobenen Leitzinsen und die damit einhergehende Verteuerung von jedweden Finanzierungen für Staat, Private und Unternehmen reagiert. Das wiederum könnte, da es in China und Europa in Sachen Wachstum ohnehin nicht läuft, Druck auf die Ölnachfrage auslösen. Und da OPEC+ zuletzt nichts Neues in Sachen Fördermengenbeschränkung von sich hören ließ, begannen die Rohöl-Bullen offenbar, ihre Exposition abzubauen.

Zwar muss man hier immer traden, als würde man auf Eiern laufen, weil zu jedem Zeitpunkt Meldungen kommen können, die ein bis dahin klar wirkendes Chartbild binnen Minuten auf den Kopf stellen könnten. Aber das per Freitagabend geltende Chartbild ist, zweifellos auch unter dem Eindruck der immer nervöser werdenden Aktienmärkte, wo derzeit vor allem Wachstumstitel unter Druck stehen, eine perfekte Vorlage für einen größeren Abwärtsimpuls:

Expertenmeinung: Nachdem Brent Crude Oil Anfang Juni die zuvor wochenlang belagerte und verteidigte 200-Tage-Linie, im Chart in schwarz gehalten, mit Wucht durchbrach, der Kurs dann aber umgehend auf dem Absatz kehrt machte und dieses bärische Signal in eine Bärenfalle verwandelte, hätten die Bullen alles klar machen können, bzw. müssen. Was aber nicht gelang, denn:

Noch ein gutes Stück unterhalb  der markanten Hochs von September 2023 und April 2024, die bei 89 US-Dollar den Weg an die runde 100 US-Dollar-Marke zustellen, brach Brent Crude die Rallye ab und bildete ein Topp aus. Ein Topp, das mit dem kräftigen Abschlag des Freitags durch den Rutsch unter die Nackenlinien-Zone 82,50/83,00 US-Dollar im hier gezeigten Future mit Liefertermin Oktober vollendet wurde.

Damit haben die „Shorties“ jetzt wieder die Karten in der Hand. Wenn diesem ersten Schlag ein weiterer folgt, indem die momentan bei 79,72 US-Dollar verlaufende 200-Tage-Linie unterboten wird, besteht – gerade in diesem Umfeld, in dem man wieder beginnt, über Rezessionen zu spekulieren – eine gute Chance, das Juni-Tief bei 75,20 US-Dollar erneut anzugehen. Aber wie gesagt, hier muss man wie auf Eiern laufen. Schon ein Schlusskurs über dem Vorwochen-Verlaufshoch von 84,62 US-Dollar würde reichen, und dieser Matchball der Bären wäre im Netz gelandet!

Brent Crude Oil: Chart vom 19.07.2024, Kurs 81,63 US-Dollar, Kürzel: COIL | Quelle: TWS | Online Broker LYNX

Ende Mai rutschte der Kurs von Brent Crude Oil erheblich ab, doch kurz darauf machte er auf dem Absatz kehrt, erzeugte eine bullische V-Formation und hätte jetzt Spielraum bis 90 US-Dollar. Erst klar bärisch, jetzt auf einmal das Gegenteil – wie kann man so etwas handeln?

An der Börse wird in vielen Bereichen öfter abseits der Vernunft und der Rahmenbedingungen gehandelt, als sich das Außenstehende auch nur träumen ließen. Das gilt auch für Rohstoffe und vor allem für den Ölpreis. Was jedoch, genau betrachtet, nicht wundern darf. Denn mit dem, was man als normale Grundlage für die Kursbildung sehen könnte, nämlich mit Angebot und Nachfrage, ist das bei Öl immer so eine Sache.

Zum einen variiert das Angebot ständig, weil die Förderländer die Menge des geförderten Öls nicht nur einer sich veränderten Nachfrage anpassen, sondern bisweilen auch gezielt den Preis beeinflussen wollen, in der Regel natürlich nach oben. Zum anderen kennt man die Nachfrage nie genau, dazu ist der Markt einfach zu groß und wegen Vorab- und Vorratskäufen, die mal klein, mal groß ausfallen können, nicht sicher überschaubar, was bedeutet:

Expertenmeinung: Wenn die OPEC die Fördermenge gezielt reduziert und dann auf einmal doch wieder erhöhen will, wenn Institutionen wie die EIA die Nachfrage-Prognosen anheben oder senken, sind das alles Momentaufnahmen. Das kann übermorgen schon wieder anders aussehen, für eine klare Prognose verändert sich auf der Welt zu viel. Und dazu kommt das Element der Spekulation, das sich um all das eher selten schert und einen eigentlich seitens der Gesamtsituation zu erwartenden Trend jederzeit auf den Kopf stellen kann. Daher kann es, will man bei Rohöl aktiv als Trader agieren, nur eines geben:

Man muss dem Chartbild folgen, seinen Signalen und Trends. Mit „müsste eigentlich“ kommt man bei Rohöl nicht weit. Und da sehen wir:

Brent Crude Oil: Chart vom 01.07.2024, Kurs 86,70 US-Dollar, Kürzel: COIL | Online Broker LYNX
Brent Crude Oil: Chart vom 01.07.2024, Kurs 86,70 US-Dollar, Kürzel: COIL | Quelle: TWS

Das Bären-Lager hat Anfang Juni richtig etwas vor den Bug bekommen. Brent Crude Oil war mit Schwung aus der den Mai dominierenden Handelsspanne herausgefallen und hatte dabei auch die hier wichtigen 50-, 100- und 200-Tage-Linien unterboten. Das sah nach einem Anlauf an die Tiefs aus der Zeit Dezember bis Februar zwischen 69,33 und 73,66 US-Dollar pro Barrel aus. Doch mit einem Schlag drehte der Kurs, zeigte dabei eine tadellose V-Formation und auch den oft auftretenden rechten „Sockel“, der jetzt nach oben verlassen wurde. Fazit: Derzeit ist Brent klar bullisch. Aber:

Das Kursziel wäre die Widerstandslinie bei 90,24 US-Dollar, bezogen auf den hier abgebildeten Futures-Frontmonat September (d .h. Liefertermin September) und diese nicht mehr allzu fern. Zugleich ist Brent Crude markttechnisch trotz des kurzzeitigen Verharrens in den letzten zwei Wochen markttechnisch schon nahe an der überkauften Zone, was heißt:

Da noch auf den Zug aufzuspringen, könnte knapp werden … aber wer sich dieses Chartbild ansieht, stellt fest: Da geben sich charttechnische Signale die Klinke in die Hand. Auf den nächsten „Zug“ zu warten, wäre also kein Beinbruch.

Genau das war erwartet worden: Am Wochenende entschied OPEC+, die Fördermengen-Kürzung bis Ende 2024 aufrechtzuerhalten. Es wurde sogar kolportiert, dass man diese Preis-Stützung bis 2025 ausdehnen will. Aber statt zu steigen, brach Brent Crude Oil ein. Warum?

Mittlerweile liegt die Größenordnung der Menge an Rohöl, die OPEC+, d.h. die eigentlichen OPEC-Länder und Russland, gezielt weniger produzieren, bei über fünf Millionen Barrel pro Tag, grob sind das etwa fünf Prozent des Verbrauchs. Die Zielsetzung ist klar: Preisstabilität. Man will verhindern, dass der Ölpreis in Regionen abrutscht, in dem die derzeit tadellosen Gewinnspannen unerfreulich schrumpfen. Und auch, wenn der Preis von Brent Crude Oil als der für Europa wichtigsten Rohöl-Sorte weiterhin hoch volatil daherkam: Unter dem Strich funktionierte das. Bis jetzt zumindest.

Denn am Montag, dem ersten Handelstag nach dieser Verlängerung der Kürzungen, fiel der Ölpreis … und das durchaus erheblich und charttechnisch relevant. Sie sehen das im Chart:

Brent Crude Oil: Chart vom 03.06.2024, Kurs 78,60 US-Dollar, Kürzel: COIL | Quelle: TWS | Online Broker LYNX
Brent Crude Oil: Chart vom 03.06.2024, Kurs 78,60 US-Dollar, Kürzel: COIL | Quelle: TWS

Brent Crude verließ die den Mai dominierende Handelsspanne mit Schwung nach unten. Und nicht nur das. Dabei wurden die wichtigen gleitenden Durchschnitte der letzten 100 und 200 Handelstage nach unten durchbrochen, zugleich hat der Stochastik-Oszillator auf Verkauf gedreht. Das ist also ein sehr bärisches Signal auf eine Nachricht hin, die den Ölpreis eigentlich hätte höher treiben müssen. Wie kann das sein?

Expertenmeinung: Eine denkbare Interpretation: Große Adressen wollen eine Verschärfung der Inflation und der gesamtwirtschaftlichen Lage verhindern und halten bewusst dagegen, indem sie die OPEC+-Entscheidung mit einer Short-Attacke beantworten. Eine andere wäre: Die Trader sehen weniger die Kürzung als deren Hintergrund. Denn würde OPEC+ von einer steigenden Nachfrage und damit von einer Belebung der Weltwirtschaft ausgehen, wären solche umfassenden Förderkürzungen unnötig. So wirken diese Kürzungen, als wolle man eine deutlich fallende Nachfrage durch das Regulieren des Angebots auffangen. Und eine schwache Nachfrage ist per se eben bärisch. Aber kann der Downturn nachhaltig sein?

Das Problem ist ja, dass damit genau das passiert, was OPEC+ nicht will. Zwar ist diese jüngste Entscheidung erst einmal auf dem Tisch, es kann also sein, dass eine Verschärfung der Kürzungen als Reaktion auf den Abwärtsruck des Ölpreises bis zum nächsten OPEC+-Treffen ausbleibt. Aber das muss das nicht so kommen, Saudi-Arabien hat schon einmal ohne die restliche OPEC überraschend den Hahn weiter zugedreht. Und wenn die Kürzungen erneut verschärft würden, würde das am Ende wirklich dazu führen, dass Rohöl zu knapp wird und der Preis kräftig anzieht. Dann würde dieser Abverkauf vom Wochenbeginn zum Bumerang. Aber das muss sich erst einmal herausstellen, so gesehen:

Für den Moment wurde die OPEC+-Entscheidung beeindruckend gekontert. Brent Crude Oil hätte damit aus charttechnischer Sicht freie Bahn an die Supportlinie bei 74,15 US-Dollar, bezogen auf den hier im Chart abgebildeten Futures-Liefermonat August als nächsten Liefermonat. Erst bei Schlusskursen über 85 US-Dollar hätten die Bullen die Lage wieder unter Kontrolle … aber zumindest an diesem Montag sah es so aus, als wäre das ein steiniger Weg.