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Heute steht Salzgitter ganz oben auf den Kaufzetteln der Anleger und rangiert im SDax auf Platz 1. Nachdem die Aktie binnen kürzester Zeit von über 48 auf aktuell 20,74 Euro abgestürzt ist, ist eine Erholung auch mehr als angebracht.

Aus technischer Sicht ist die Aktie massiv überverkauft und an der Kreuzunterstützung bei 19 Euro vorerst abgeprallt.
Gelingt jetzt ein Anstieg über 21 Euro, könnte das eine Erholung in Richtung 22,50 und mittelfristig sogar 26 Euro einleiten.
Fällt Salzgitter hingegen unter 19 Euro, haben die Bullen ihre Chance vorerst vertan. Für die meisten Trader dürfte das an Informationen ausreichen und für einen Trade sieht es auch nicht schlecht aus. Man tradet eben, was man sieht.
Warum darauf verzichten?
Ich möchte allerdings zu Bedenken geben, dass man auch als kurzfristiger Trader etwas weiterdenken sollte.
Wer aktiv handelt, der weiß, dass es sich um ein Spiel mit dem Chance-Risiko-Verhältnis sowie Wahrscheinlichkeiten handelt.
Wenn man erfolgreich sein will, sollte man auch alle Faktoren nutzen, die einem statistische Vorteile bringen.
Jeder kann sich die folgenden Fragen selbst beantworten.
Ist die Wahrscheinlichkeit bei einem „guten“ Unternehmen höher, einen erfolgreichen Longtrade abzusetzen, oder bei einem Unternehmen mit einer mittelprächtigen Geschäftsentwicklung oder gar ernsthaften Problemen?
Ist die Wahrscheinlichkeit für einen erfolgreichen Longtrade, bei einer Aktie, die den Großteil der Zeit zur Oberseite tendiert, größer? Oder ist sie bei einem Mauerblümchen größer?
Die Wahrscheinlichkeit für einen erfolgreichen Longtrade ist selbstverständlich bei starken und übergeordnet bullischen Unternehmen höher.
Obendrein sind die Risiken für einen dauerhaften Kapitalverlust auch niedriger.
Denkt man die Sache jetzt zu Ende, kommt man zu einem einfachen Schluss:
Wenn es einem statistische Vorteile bietet, nur noch herausragende Unternehmen long zu handeln, warum sollte man etwas anderes tun?
Konsequent zu Ende denken
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass man keine Nieten mehr handelt. Also keine Trades mit Problemkandidaten, Underperformern und Unternehmen in Schwierigkeiten.
Und genau das ist eines der Argumente, warum man beim Trading nicht auf die Einbeziehung von Fundamentaldaten verzichten sollte.
Kurzfristig spielen sie zwar keine große Rolle für den Kursverlauf, aber ein Trader-Leben besteht eben nicht nur aus einem Trade, sondern aus unzähligen.
Und in Summe schlagen sich statistische Effekte eben erheblich aus.
Spottbillig und trotzdem gefährlich
Der Frage, wie hoch das Risiko in Wirklichkeit ist und ob es sich um ein „gutes“ Unternehmen handelt, kann man sich von mehreren Seiten nähern.
Damit haben wir es hier zu tun
Am naheliegendsten ist ein Blick in die Geschäftszahlen in der Vergangenheit. Im Fall von Salzgitter ist eine Interpretation einfach.
Das Stahlgeschäft ist notorisch kapitalintensiv, zyklisch und obendrein margenschwach. Im Endeffekt bestimmen die günstigsten Produzenten den Marktpreis.
In den Zahlen von Salzgitter drückt sich das dadurch aus, dass der Umsatz seit mehr als einer Dekade stagniert.
Darüber hinaus war man in dieser Zeit in sechs von zehn Jahren nicht profitabel.
Die operative Marge schwankte währenddessen zwischen -4,3 und +5,7%. Also selbst in guten Jahren ist die Profitabilität nicht gerade berauschend.
Für mich persönlich hätte das in meiner aktiven Tradingzeit bereits ausgereicht, um Salzgitter als Tradingkandidat zu verwerfen.
Zu viel „statistisches Störfeuer“.
Das gilt umso mehr für ein Investment.
KGV 1!
Viele Anleger werden aber sicherlich die Meinung vertreten, dass die Bewertung nur niedrig genug sein muss, damit diese Faktoren eine zunehmend kleinere Bedeutung haben.
Und damit liegen sie vollkommen richtig.
Im Fall von Salzgitter dürfte relativ schnell die Frage aufkommen, was bei einem KGV von 1,2 noch schiefgehen kann.
Wenn das Unternehmen in nur einem Jahr nahezu den gesamten Börsenwert erwirtschaftet und das Geld auch wirklich ausschütten könnte, könnte wahrlich wenig schiefgehen.
Die Sache hat nur ein, zwei Haken. Natürlich sind die derzeit außerordentlich hohen Gewinne nicht wiederholbar, daher sollte man sie auch nicht als Maßstab nehmen.
Die Preise für Stahl sind in den letzten Monaten bereits erheblich zurückgekommen und haben vom Hoch rund ein Drittel an Wert verloren. Der Stahlmarkt bröckelt also gehörig und in Anbetracht der konjunkturellen Lage, wird sich daran wohl so schnell nichts ändern.
Bereits jetzt wird erwartet, dass der Gewinn von Salzgitter 2023 um etwa 70% einbrechen wird.
Das eigentliche Problem ist aber, dass Salzgitter den diesjährigen Gewinn nicht ausschütten kann.
Außerdem fragt man sich nach einem Blick in die Bilanz und die Cashflow-Statements, wo sich der vermeintliche Gewinn von hunderten Millionen Euro festnageln lässt.
KGV 1?
Für das erste Halbjahr hat Salzgitter ein Konzernergebnis von 781 Mio. Euro gemeldet.
Man kann und darf allerdings die Frage stellen, was realwirtschaftlich verdient wurde, wenn der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit gleichzeitig bei -116,3 Mio. Euro lag und die Nettofinanzposition ebenfalls gesunken ist.
Irgendwie und irgendwo scheint das Geld bei Salzgitter zu versickern und was dort versickert, ist für Sie als Anleger verloren.
Ferner sollte man sich die grundsätzliche Frage stellen, ob man wirklich mit Aktien von Unternehmen handeln sollte, deren Schulden den Börsenwert um das Vielfache überschreiten.
Jeder hat ein anderes Risikoprofil, in meines passt Salzgitter nicht.
Fazit: Ein Longtrade ist erfolgsversprechend, irgendwann holt es einen allerdings ein, wenn man ständig gegen die Statistik handelt.
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