Während viele Anleger hektisch von Trend zu Trend springen, befindet sich Otis im langfristigen Aufwärtstrend. Ist es diese unaufgeregte Stärke, die die Aktie so interessant macht?
Still, leise und erfolgreich
Otis ist ein typisches Beispiel dafür, wie langfristiges und oft auch antizyklisches Investieren, oder Investieren entgegen dem Sentiment, funktioniert.
Erfolgreiche Investoren kaufen Top-Unternehmen zu einem vernünftigen Preis, und dann passiert oft jahrelang überhaupt nichts.
Der Anlagestil ist still und leise und wird daher von der breiten Masse der Anleger überhaupt nicht wahrgenommen.
Zu Otis hatte ich mich nach dem Börsengang im Jahr 2020 beispielsweise viermal positiv geäußert und dann noch einmal Ende September 2022. Seitdem ist keine Analyse mehr erschienen, denn es gab keinen Handlungsbedarf.
Der Kurs stieg mit der Zeit immer weiter und markierte kürzlich ein Allzeithoch. Seit dem Börsengang hat er sich mehr als verdoppelt und am Hoch nahezu verdreifacht.
Jetzt könnte es allerdings wieder so weit sein, dass sich eine Chance auftut.
Oligopol mit Macht
Otis ist einer der weltweit führenden Hersteller von Aufzügen und Fahrtreppen. Das Geschäft ist nicht nur hochprofitabel, dank Millionen an Wartungsaufträgen ist es auch vergleichsweise krisensicher.
Ein wesentlicher Wachstumstreiber für Otis ist die anhaltende globale Verstädterung. Da Bauflächen in Ballungszentren knapp sind, wächst die Bedeutung vertikaler Bauweise.
Was beispielsweise in einigen Ländern in Südostasien an vertikalem Bau stattfindet, kann man sich in Deutschland kaum vorstellen – es sei denn, man hat es mit eigenen Augen gesehen.
Hochhäuser werden dort immer mehr zur Regel, aber ohne Aufzüge wird es auch schon bei einigen Stockwerken schwer.
Diese Urbanisierung verstärkt den Bedarf an Aufzügen – nicht nur für Büro- und Wohngebäude, sondern auch für Infrastruktureinrichtungen wie Bahnhöfe, Flughäfen oder Einkaufszentren.
Der Markt für Aufzüge wächst, und das dürfte auch so bleiben. Und je mehr Aufzüge installiert sind, desto mehr kann Otis im Service-Geschäft verdienen, was wiederum zu planbaren Cashflows führt.
Das Service-Geschäft als Cashflow-Garant
Darüber hinaus handelt es sich bei der Branche um ein Oligopol. Der globale Markt für Aufzüge und Fahrtreppen wird von wenigen großen Akteuren dominiert, zu denen neben Otis vor allem Schindler, Kone und Thyssenkrupp Elevator (heute TK Elevator) zählen.
Besonders ist bei Otis das integrierte Geschäftsmodell, das nicht nur auf den Verkauf, sondern vor allem auf den langfristigen Service abzielt. Mit mehr als 40.000 Technikern weltweit verfügt das Unternehmen über eine beachtliche operative Schlagkraft. Jeder neu installierte Aufzug ist potenziell ein Jahrzehnt währender Servicefall, was die Cashflows berechenbar macht und die Bindung zu den Kunden langfristig sichert.
Bauprojekte werden aufgrund von Krisen sicherlich eingestellt oder verschoben. Bei der Wartung von Aufzügen hat man allerdings wenig Spielraum. Sie müssen durchgeführt werden, da Wartungen gesetzlich vorgeschrieben und technisch unvermeidbar sind.
Derzeit hat Otis Serviceverträge für mehr als 2 Millionen Aufzüge. Mehr als 40.000 der 70.000 Mitarbeiter sind „Field Technicians“, also Techniker.
Das sind die Erfolgsfaktoren
Diese Faktoren führen zu einem stetigen Wachstum, das sich auch in Zukunft fortsetzen dürfte.
Seit dem Börsengang im Jahr 2020 konnte Otis den Umsatz von 12,76 auf 14,17 Mrd. USD steigern.
Was zunächst wie eine verhaltene Wachstumsdynamik wirkt, wurde jedoch erreicht, ohne die Personaldecke spürbar zu erhöhen, wodurch sich die operative Marge von knapp unter 13 auf über 14 % verbessert hat.
Gleichzeitig wurde die Zahl der ausstehenden Aktien von 433 auf 402 Millionen Stück reduziert.
Dadurch befeuert, konnte der Gewinn seitdem von 2,52 auf 3,83 USD je Aktie gesteigert werden.
Otis ist demnach einer der wenigen Fälle, in denen „die Braut“ nicht für den Börsengang aufgehübscht wurde und bei dem der Börsengang auch nicht dazu gedient hat, Unsummen an Kapital einzusammeln, um es dann zu verpulvern – ganz im Gegenteil.
Otis ist unmittelbar nach der IPO dazu übergegangen, durch Buybacks und Dividenden Kapital an die Aktionäre auszuschütten.
Aktuelle Herausforderungen
Die letzten Quartalszahlen – oder vielmehr der Ausblick – haben dennoch einen Kurssturz ausgelöst.
Der Gewinn lag in Q2 mit 1,05 USD je Aktie weit über den Analystenschätzungen von 1,02 USD. Mit einem Umsatz von 3,60 Mrd. USD wurden die Erwartungen erfüllt.
Auf Jahressicht entspricht das einem nahezu unveränderten Umsatz und Gewinn.
Es ist eindeutig zu erkennen, dass die aktuellen Rahmenbedingungen für Neuaufträge herausfordernd sind. Die wirtschaftlichen und geopolitischen Verwerfungen der letzten Monate führen zu einer Zurückhaltung bei Bauprojekten.
Der Auftragseingang für neue Aufzüge und Fahrtreppen ist auf Jahressicht um 1 % gesunken, was vor allem auf einen Einbruch in China um 11 % zurückzuführen ist. Medial ist die Immobilienkrise im Reich der Mitte längst kein Thema mehr – in der Realität scheint jedoch die Hütte zu brennen.
Doch an dieser Stelle offenbaren sich wieder die Vorteile des Service-Geschäfts. Im zweiten Quartal verzeichnete das Segment ein Umsatzplus von 6 % und einen Anstieg der operativen Marge um 20 Basispunkte.
Ausblick und Bewertung
Hinzu kommt ein enormer Modernisierungsbedarf. Die Aufträge in diesem Bereich sind um 22 % und der Auftragsbestand um 19 % gestiegen.
Diese Modernisierungen werden wiederum zu neuen Serviceaufträgen führen.
Daher halten sich meine Sorgen beim Blick auf die gesenkte Prognose in Grenzen. Das laufende Geschäftsjahr ist nur eine Momentaufnahme und nicht mehr.
Otis hat die Umsatzerwartungen für das laufende Geschäftsjahr von 14,6–14,8 auf 14,5–14,6 Mrd. USD und für den freien Cashflow von 1,6 auf 1,4–1,5 Mrd. USD gesenkt.
Die Gewinnprognose wurde mit 4,00–4,10 USD je Aktie jedoch bestätigt.
Der freie Cashflow dürfte demnach leicht steigen und das Ergebnis in etwa um 6 % zulegen. Das wäre das zweitschwächste Geschäftsjahr seit dem Börsengang.
Im Gegenzug kommt Otis derzeit auf eine vergleichsweise niedrige Bewertung. Die forward P/E liegt bei 22, was in Anbetracht aller vorliegenden Informationen vertretbar ist.
Seit dem Börsengang lag die P/E durchschnittlich bei 25,6.

Gelingt jetzt ein Ausbruch über 90 USD, kommt es zu einem prozyklischen Kaufsignal mit möglichen Kurszielen bei 95 und 100 USD.
Fällt die Aktie hingegen unter 85 USD, haben die Bullen ihre Chance vorerst vertan.
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