Ein Minus von 11,09 Prozent … und das ohne jegliche Nachrichten vom oder zum Unternehmen? Dieser Sell-off, den die Nemetschek-Aktie gestern sah, ist ungewöhnlich – aber nun einmal passiert. Die Frage ist, ob das am Ende in eine Einstiegschance mündet oder nicht.

Die Aktie des Bau- und Architektursoftware-Entwicklers Nemetschek war 2021 schon einmal eine „Mode-Aktie“, von der viele dachten, dass man die zu jedem Preis kaufen könne. Am Ende war sie derart drastisch überbewertet, dass dieser Hype in eine Toppbildung und in einen Abwärtstrend mündete, der die Aktie auf einen tieferen Level schickte als den, auf dem die Hausse begann. Läuft es womöglich gerade genauso … oder war das nur eine Art „Missgeschick“, das diese Aktie am Dienstag zum Tagesverlierer in MDAX und TecDAX machte?
Der Weg zu einer tauglichen Antwort ist deswegen knifflig, weil die vordergründige Begründung der Verkäufe meiner Ansicht nach nicht viel hermacht. Es hieß, man habe die Aktie zuletzt deswegen so massiv eingesammelt, weil sie zum Kandidatenkreis für den DAX-Aufstieg beim nächsten Verkettungstermin im September gehöre. Deswegen eine Aktie auf Rekordhoch noch weiter zu kaufen, bewegt sich außerhalb jeder Vernunft, aber: Es ist trotzdem keine Seltenheit. Doch wenn der Kurs gestern auf einmal wegbrach, dann müsste das bedeuten, dass diese Sache mit dem Aufstieg vom Tisch ist. Und da wird die Sache dann noch abstruser, denn:
Wer in einen anderen Index aufsteigt oder absteigt, hängt von der Marktkapitalisierung im Streubesitz ab. Wenn die hoch genug ist, macht derjenige in einem Kopf-an-Kopf-Rennen, das sich Nemetschek derzeit am ehesten mit der Lufthansa-Aktie liefern würde, die entscheidenden Punkte, wer stärker steigt als der „Konkurrent“. Und da die Entscheidung erst Anfang September fallen würde, kann hier noch gar keine Vorentscheidung gefallen sein, die dazu führen würde, dass all diejenigen, die nur wegen des Aufstiegs-Effekts (der indes nicht selten zum Bumerang wird) eingestiegen sind, jetzt auf einmal alle zugleich das Handtuch werfen. Aber wenn es das nicht war, was dann?
Die aktuellen Kurse, Charts, Dividenden und Kennzahlen zur Nemetschek Aktie finden Sie hier.
Expertenmeinung: Aus meiner Sicht wäre eine Kombination aus großen Adressen, die ihre Exposition in dieser Aktie zurückfahren wollten, und aus dadurch ausgelösten Stop-Loss-Verkaufsorders eine wahrscheinlichere Antwort auf die Frage nach dem Warum. Denn um hier Kasse zu machen, gäbe es nun wirklich genug Argumente.
Nemetschek hatte Ende Juli zwar gute Ergebnisse vorgestellt und die Gesamtjahresprognose für den Umsatz auf 20 bis 22 Prozent angehoben, den Ausblick für die Gewinnmarge aber unverändert gelassen. Diese Anpassung des Ausblicks zeitigte am 24. Juli nur wenig Reaktionen. Und das Gesamtpaket der Halbjahres-Ergebnisse am 31. Juli führte zwar zu einem neuen Rekordhoch, aber schon da traten Gewinnmitnahmen auf, bevor es in den folgenden Tagen dann doch noch weiter aufwärts ging – bis gestern.
Das Problem ist, dass diese Aktie, wie schon 2021, sehr teuer bewertet ist. Für das laufende Jahr hatten wir hier auf Basis der durchschnittlichen Analysten-Gewinnschätzung ein Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) von 72 am Rekordhoch der Aktie. Das ist viel zu viel für ein derzeit erwartetes Plus von 23 bis 25 Prozent beim Gewinn pro Aktie, das sich in dieser Größenordnung auch im kommenden Jahr zeigen soll. Das Doppelte des prozentualen Gewinnanstiegs, das ist die Faustregel für ein taugliches KGV – das wäre hier also der Bereich 45 bis 50 und nicht über 70. Was heißt: Die Aktie ist zu teuer … und das deutlich, denn um bei der derzeitigen Schätzung eines Gewinns von 1,88 Euro pro Aktie für das laufende Jahr auf ein KGV von 50 zu kommen, müsste der Kurs auf 94 Euro zurücksetzen.
Und die Analysten sind da keineswegs anderer Meinung. Zwar gibt es momentan ein einziges Kursziel, das mit 161 Euro noch deutlich über dem am Montag bei 138,50 Euro erzielten Verkaufsrekord der Aktie läge. Aber eben nur eines. Das zweithöchste bei 140 Euro wurde schon fast erreicht … und der Schnitt liegt bei 122 Euro. Da ist die Aktie jetzt gelandet. Und, das sollte man nicht übersehen: Das KGV, am Montag noch bei 72, ist dadurch auf 65 gefallen. Aber das wäre eben immer noch zu teuer.
Anders sähe die Sache aus, wenn Nemetschek jetzt weiter fallen würde. Denn im Bereich 109,50/113,10 Euro wartet eine solide wirkende Unterstützungszone aus dem Juni-Tief, dem markanten Zwischenhoch vom vergangenen November und der 200-Tage-Linie. Würde diese Zone getestet und verteidigt, wäre das durchaus eine Basis, um in eine nur noch „ein bisschen“ zu teure Aktie hinein zu kommen. Aber wird diese Zone überhaupt erreicht … oder dreht Nemetschek gleich heute wieder nach oben?
Da die Dimension des Abverkaufs durch ausgelöste Stop-Loss-Verkäufe unterhalb der beiden im Tagesverlauf gebrochenen Supportzonen um 126 und 131 Euro intensiviert worden sein dürfte, ist es zwar durchaus möglich, dass der Kurs auf dem Absatz kehrt macht. Aber dann sofort einzusteigen, wäre eben riskant, denn aktuell ist die Bewertung immer noch hoch genug, um andere Marktteilnehmer auf den Gedanken kommen zu lassen, in eine Erholung hinein dann selbst auch noch auszusteigen.
Welche Aktien in den wichtigen Indizes sind in letzter Zeit am meisten gestiegen oder gefallen? Was sind die Top-Aktien 2025? Welche Aktien haben die beste Performance über die letzten 5 Jahre und welche Aktien sind stark gefallen? Hier finden Sie es heraus: DAX Top Flop – MDAX Top Flop – Euro Stoxx Top Flop – Dow Jones Top Flop – Nasdaq 100 Top Flop
--- ---
--- (---%)Displaying the --- chart
Heutigen Chart anzeigen