Trendbetrachtung auf Basis 6 Monate: Der bekannte Flugzeughersteller kommt einfach nicht aus dem Tal der Tränen. Nach enttäuschenden Quartalsergebnissen, welche zuletzt Ende Juli präsentiert wurden, fiel die Boeing-Aktie eine weitere Etage tiefer.
Zwar versuchten die Bullen vorübergehend den Boden bei 162.50 USD zu verteidigen, doch Anfang des Monats wurde der Verkaufsdruck zu groß. Selbst die an der Wall Street gestartete Rally konnte dem Papier keine positiven Impulse bescheren. Derzeit geht die Talfahrt unvermindert weiter. Hier haben die Bären das Zepter fest in der Hand.
Expertenmeinung: Es stellt sich also die Frage, wo die Reise hingehen könnte. Gerade erst wurden wichtige längerfristige Unterstützungen nach unten gebrochen. Beim Blick auf den Wochenchart müssen wir bis ins Jahr 2022 zurückgehen, um die nächsten möglichen Böden im Chart zu finden.
Zu dieser Zeit bildeten sich zwei wichtige Pivot-Tiefs, einmal bei rund 113 und einmal bei rund 121 USD. Es ist bei aktuellen Kursen um 155 USD somit noch eine Menge Platz nach Süden, bevor die Lage wieder besser werden könnte. Die nächsten Quartalsergebnisse werden für Ende Oktober erwartet. Bis dahin bleibe ich eher bärisch auf die Aktie.
Aussicht: BÄRISCH
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Erhebliche Mängel in der Qualitätskontrolle hatten Boeing in den letzten Jahren massive Probleme eingebrockt, Aufträge und Auslieferungen gingen zurück, der Gewinn sowieso. Und jetzt wird bei Boeing auch noch gestreikt: Die Aktie droht, mal wieder über die Klippe zu kippen.
Man hatte zu sehr auf die Bilanz geschielt und die Qualität dafür geopfert, dieses Fazit zogen viele Experten, nachdem Stück für Stück herauskam, was zu den Abstürzen und Pannen von Boeing 737 MAX-Maschinen geführt hatte. Das untergräbt das Vertrauen, das gerade bei derart sensiblen Produkten wie Flugzeugen zwingend ist, wenn man am Markt bestehen will. Boeings Auftragsbücher sind schmaler geworden … und eine solche Situation ist nicht in ein, zwei Quartalen vergessen und vom Tisch. Das alleine deckelt diese Aktie. Aber wie heißt es doch: Schlimmer geht immer.
Die Gewerkschaft hatte von Boeing für den neuen, vier Jahre angesetzten Tarifvertrag für die Mitarbeiter einen Lohnanstieg von 40 Prozent gefordert, um die inflationsbedingte Kaufkraftminderung der vergangenen und die der kommenden Jahre auszugleichen. Boeing war bereit, 25 Prozent mehr zu bezahlen … aber das war für die Gewerkschafter zu wenig. Am Freitag trat man, nachdem eine überwältigende Mehrheit im Zuge der Abstimmung dem Streik zugestimmt hatte, in den Ausstand, was die Produktion erheblich behindert, eventuell sogar zum Erliegen bringt.
Expertenmeinung: Damit steht Boeing vor einem neuen Dilemma. Gibt man den Forderungen nach, würde das den Druck auf die Kassen noch dramatisch steigern. Tut man es nicht, wird die Lage durch Produktionsausfälle schlimmer, man hat also die Wahl zwischen Pest und Cholera. Es überrascht daher nicht, dass die Aktie am Freitag fiel. Es überrascht eher, dass sie eher moderat nachgab und nicht gleich drastisch wegbrach.
Aber das als relative Stärke im Verhältnis zur Nachrichtenlage und damit als Basis für Käufe zu sehen, dürfte ziemlich gewagt sein. Denn zum einen kann es sein, dass der am Freitag anstehende, große Abrechnungstermin am Terminmarkt den Kurs in der Region um 150 US-Dollar stützt. Zum anderen legte der Dow Jones als „Heimatindex“ der Boeing-Aktie in den vergangenen Tagen rasant zu, das stützt meist auch schwächere Aktien im Index. Die Lage an sich bietet für Long-Trades aber jetzt erst recht keine Basis.
Zumal wir in unserem Chart auf Wochenbasis sehen, dass die Aktie sich bislang ziemlich erfolglos an die Supportlinie bei 159,70 – das ist das Verlaufstief vom April – zu klammern versucht, darunter aber oberhalb der Unterstützungszone 113/121 US-Dollar nichts käme, das sich als Unterstützung aufdrängen würde. Boeing könnte jederzeit über diese Klippe kippen und das Abwärtspotenzial ausloten, es sei denn, es käme schnell zu einer für Boeing vorteilhaften Einigung mit der Gewerkschaft. Aber da das absolut unvorhersehbar ist (zumindest hat sich da zum Abschluss des Artikels am Freitag zum US-Handelsende nichts getan), wäre der Gedanke, bei Boeing jetzt die Hand aufzuhalten, eine sehr riskante Wette.
Steht Boeing trotz der negativen Schlagzeilen und operativen Problemen vor dem Turnaround? Das ist die 500-Milliarden-Dollar Frage.
Schlagzeilen, Fakten und Zahlen: Die Realität
Boeing kommt nicht aus den Schlagzeilen heraus. Ein Problem jagt das andere und immer wieder kommt es zu Vorfällen. Glücklicherweise gab es schon länger keinen mehr, der tödlich geendet hat.
Doch eine Sache sollten wir nicht vergessen, so schlimm sich die Schlagzeilen auch anhören mögen, wenn Bolzen fehlen, sich Türen oder Paneele lösen oder es zu schweren Turbulenzen kommt, in der Regel passiert wenig bis nichts.
Jeden Tag finden weltweit durchschnittlich etwa 100.000 kommerzielle Passagierflüge statt, wobei die genaue Anzahl je nach Tag und Saison variieren kann. In etwa die Hälfte davon dürfte auf Boeing-Maschinen entfallen. Das bedeutet, dass jeden Tag 50.000 Flüge stattfinden, bei denen alles problemlos verläuft. Die Fehler- oder Problemquote ist demnach verschwindend gering und man sollte sich nicht verrückt machen lassen.
Operative Probleme: Boeing im Krisenmodus
Aus Anleger- oder Unternehmenssicht wiegen die operativen Probleme viel schwerer, und die hat Boeing auch, das steht außer Frage. Das Unternehmen steht zunehmend unter der Beobachtung der Behörden, teilweise auch direkt im Produktionsprozess. Dadurch sind die Produktionszahlen gesunken und das drückt erheblich auf die Profitabilität.
Boeing befindet sich daher seit Jahren in einer Art Dauerkrise. Inzwischen ist das Unternehmen seit fünf Jahren durchweg unprofitabel, davor wäre das unvorstellbar gewesen. Und normalerweise würde ich in einer derartigen Situation nicht mal im Traum über ein mögliches Investment nachdenken. Warum sollte man sich derartige Problemfälle ans Bein binden, wenn es hochprofitable Selbstläufer gibt?
Wenn ein Unternehmen hingegen über Jahre hinweg unprofitabel ist, hat man es meistens mit strukturellen Problemen zu tun. Im schlimmsten Fall sind die Probleme schlichtweg nicht lösbar.
Boeing vs. Airbus, Embraer und Comac
Aber bei Boeing handelt es sich nicht um irgendein Unternehmen, sondern um eine Hälfte eines weltweiten Duopols. Ernstzunehmende Wettbewerber gibt es bei größeren Verkehrsflugzeugen nicht.
Embraer hätte das Know-how für die Entwicklung einer großen Maschine, doch bis zur Marktreife würde es noch viele, viele Jahre dauern.
Die einzige andere Option wäre die Comac919 der Commercial Aircraft Corporation of China. Der Flugzeugtyp hat 2023 ihren ersten Linienflug durchgeführt und ist Berichten zufolge konkurrenzfähig. In China dürfte das vielleicht anders aussehen, aber wenn wir ehrlich sind, will im Westen keiner mit einer Comac919 fliegen. Man wird sich auch aus strategischen und geopolitischen Gesichtspunkten in diesem Bereich nicht von China abhängig machen wollen. Außerdem hat die Comac919 weder die Größe noch die Reichweite, um mit Jumbojets mitzuhalten.
Am Ende bleiben nur Airbus und Boeing und das zeigt auch der Auftragsbestand. Boeing stößt derzeit zwar auf wesentlich weniger Gegenliebe als Airbus, hat aber trotzdem einen Auftragsbestand über 5.500 kommerziellen Flugzeugen mit einem Gesamtwert von 437 Mrd. USD. Hinzu kommen weitere 59 Mrd. USD im Bereich Defense. Space & Security und weiter 16 Mrd. im Servicegeschäft.
Fünfhundert Milliarden Dollar
In Summe beläuft sich der Auftragsbestand auf mehr als fünfhundert Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Der Börsenwert von Boeing liegt bei 106 Mrd. USD.
In Anbetracht dieser Tatsache und der Annahme, dass Boeing die Probleme so langsam in den Griff bekommt und die USA aus strategischer Sicht Boeing niemals untergehen lassen würden, könnte die Aktie langfristig Potenzial haben.
Wann genau es geschäftlich wieder aufwärts geht, ist schwer abzuschätzen. Und daher stößt die Aktie auch auf wenig Gegenliebe. Wer jedoch wartet, bis Boeing wieder profitabel ist und alles rund läuft, wird einen Großteil der Rallye verpassen. Das ist die Crux bei der Sache.
Sollte Boeing wieder in die Erfolgsspur zurückkehren, dürfte die Aktie irgendwann wieder in Richtung Allzeithoch tendieren. Für Anleger spielt es jedoch eine große Rolle, ob das in drei oder zehn Jahren passieren wird.
Darf man den Prognosen Glauben schenken, soll der Turnaround im kommenden Jahr endlich erfolgen. Derzeit wird erwartet, dass man 2025 einen Gewinn in Höhe von 4,00 USD und einen freien Cashflow von 8,00 USD je Aktie erzielen wird.
Das Vertrauen der Anleger ist entscheidend
Die Höhe des Gewinns spielt aber kaum eine Rolle. Vielmehr geht es darum, zu beweisen, dass Boeing wieder Geld verdienen kann. Nur dadurch wird man das Vertrauen der Anleger zurückgewinnen können und nur dann werden die Kurse wieder nachhaltig steigen können.
Ob das gelingt, steht in den Sternen. Tatsächlich muss man sagen, dass sich die Prognostiker im Fall von Boeing nicht gerade mit Ruhm bekleckert haben. Der Turnaround wurde in der Vergangenheit schon mehrfach erwartet. Ich möchte aber auch keine unnötige Schelte verteilen, viele der Probleme waren nicht vorhersehbar.
Nachdem der mediale und der behördliche Druck massiv zugenommen haben und die FAA das Unternehmen erst durchleuchtet und nun engmaschig überwacht, sollte man davon ausgehen dürfen, dass keine neuen Probleme mehr gefunden werden. Wenn ich heute eine Prozentzahl an die Frage pinnen würde, ob zeitnah ein Turnaround erfolgt, würde ich „über 50%“ sagen, sicher ist der Turnaround aber nicht.
Es zeigt sich aber definitiv eine positive Tendenz. Nachdem der FCF zehn Quartale in Folge negativ war, war er in den letzten acht Quartalen immerhin viermal positiv. Beim operativen Cashflow sieht es noch eine Ecke besser aus. Der OCF war in dieser Zeit fünfmal positiv.
Aus technischer Sicht bewegt sich die Aktie in einem behäbigen Aufwärtstrend und notiert aktuell in der Nähe der unteren Trendkanalbegrenzung. Solange die Aktie nicht unter 162 USD fällt, kann es jederzeit wieder zu einem Anstieg in Richtung 190 – 192,50 USD kommen. Darüber würde ein prozyklisches Kaufsignal ausgelöst.
Fällt die Aktie jedoch unter 162 USD, muss mit einer Ausdehnung der Kursverluste bis 150 USD gerechnet werden. Aus Sicht der Bullen sollte die Aktie jedoch nicht unter 150 USD fallen.
Der Dow Jones hat im laufenden Jahr gute Gewinne erreicht. Nicht mit dabei ist eine Aktie, die sonst meistens mit von der Partie ist: Boeing. Die Aktie liegt in Bezug auf die bisherige Jahresperformance der Dow-Aktien auf dem vorletzten Platz. Das könnte sich ändern, wenn …
… es gelingt, den Kurs aus der seit dem Frühjahr geltenden Seitwärtsrange nach oben hinaus zu befördern. Nüchtern betrachtet klingt das knifflig, wenn nicht gar unmöglich. Denn schließlich hat Boeing seit den beiden Abstürzen von 737 Max-Maschinen sehr ernste Probleme, weil man Fehler verschleierte und diese scheinbar auch nicht wirklich in den Griff bekommt.
Über Jahre hinweg hatte man die Gewinnmaximierung über alles andere gestellt. Die Folge war, dass man vieles in Sachen Planung und Produktion auslagerte, was dazu führte, dass der Flugzeugbauer weniger Kontrolle über diese Bereiche hatte. Und auch die Qualitätskontrollen waren hoch problematisch, weil die FAA immer weniger Zugriff hatte, teilweise durften sich Boeing-Mitarbeiter selbst kontrollieren. Was anfangs die Schlagzeilen beherrschte, beherrscht jetzt aufgrund der Hartnäckigkeit der Probleme auch Boeings Auftragsbuch. Airbus profitiert davon, dass Airlines in Sachen Boeing immer zurückhaltender werden. Rein auf rationaler Ebene könnte man also konstatieren:
Solange Boeing nicht wirklich glaub- und dauerhaft wieder so daherkommt, wie es sein muss, hat die Aktie auf der Oberseite keine Chance. Doch da würde man die Rechnung ohne die Trader machen, denn eines ist klar:
Expertenmeinung: Ein starkes, bullisches Signal überlagert Skepsis und negative Nachrichten fast immer. Mit stark steigenden Kursen nach einem charttechnischen Paukenschlag wird die Sicht auf die Aktie verändert, man denkt sich „da wissen andere wohl mehr als ich, da scheint es positive Argumente zu geben“ … und zieht mit. Dass das nichts ist, was auf Dauer funktioniert, ist wohl richtig.
Aber wenn wir uns ansehen, wie weit die Boeing-Aktie im November und Dezember 2023 gelaufen war, bevor sie von der Realität eingeholt wurde, wird auch klar:
Wenn Boeing über die entscheidende, durch die 200-Tage-Linie verstärkte Widerstandszone 196,18 zu 199,62 US-Dollar laufen sollte und damit aus dieser Seitwärtsrange hinauskommt, kann genau das passieren: eine Hoffnungsrallye, die vom Kaufsignal dominiert wird und bei denen das Fehlen von positiven Nachrichten entweder ignoriert oder eine Zeitlang gar nicht bemerkt wird. Ein Auge auf diese Zone sollte man also allemal haben. Aber nicht nur auf diese.
Denn dass solche Hoffnungsrallyes auftauchen, ist ein „kann“, kein „muss“. Rutscht die Aktie unter die untere Begrenzungszone dieser Handelsspanne bei 159,70/162,50 US-Dollar, wirkt die Sache umgekehrt: Dann kann es gut sein, dass sich die Short-Seller auch ohne neue Nachrichten auf die Aktie stürzen nach dem Motto „wo Rauch ist, ist auch Feuer“. Fazit: Diese Aktie kann in den kommenden Wochen spannende, kurzfristige Trading-Chancen durch den Ausbruch aus ihrer Range liefern – in beide Richtungen!
Boeing kommt nicht aus den Schlagzeilen – und in der Regel sind diese negativ. Rallyes wie die Ende 2023 scheiterten bislang. Jetzt könnte sich erneut ein Boden bilden, der Basis eines Aufwärtsimpulses wird. Doch ob es nicht doch nur eine „bear flag“ ist, muss sich erst zeigen.
Zuletzt wurde bekannt, dass Boeing den Flugzeugteile-Hersteller Spirit Aerospace übernimmt. Einen Satz nach vorne machte die Aktie indes nicht, denn: Das klingt zwar nach „Ärmel hochkrempeln“, denn Spirit liefert Teile für Boeing-Maschinen. Und unter dem Dach von Boeing wäre die Qualitätssicherung besser zu koordinieren. Aber Spirit war bis 2005 Teil des Konzerns, wurde abgespalten – und jetzt wieder zurückgeholt. Das wirkt eher wie der Versuch, eine schlechte Idee nach Jahren zu reparieren, nicht wie ein aktiver Schritt nach vorn.
Und die Probleme bei der Qualität der Maschinen und damit mit der Sicherheit werden Boeing wohl noch eine ziemliche Zeit begleiten. Denn dass dieses Thema ein ums andere Mal wieder auftaucht, lässt die Anleger zweifeln, dass die Thematik wirklich vom Tisch kommt. Egal, ob es dabei am Willen oder am Vermögen fehlt: Man ist misstrauisch … und das schlägt sich nicht nur in den Auslieferungszahlen nieder, sondern natürlich auch im Chart.
Expertenmeinung: Was die Zahl der ausgelieferten Maschinen angeht, lieferten sich Boeing und Airbus jahrelang ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Doch seit Boeings Auslieferungen 2019 erstmals einbrachen, kommt man nicht einmal ansatzweise wieder an Airbus heran. Fünf magere Jahre sind eine lange Zeit, zu lange, um bullische Anleger mit einem „wird schon wieder“ bei der Stange zu halten. Daher kann es nicht schaden, das Chartbild, das die Aktie aktuell vorweist, nicht stur als Bodenbildung einzuordnen, sondern auch die bärische Variante im Hinterkopf zu haben.
Wir sehen, dass der Boeing-Kurs seit dem letzten Selloff Ende April einen kurzfristigen Aufwärtstrendkanal ausgebildet hat. Höhere Zwischentiefs, höhere Zwischenhochs, das passt im Prinzip. Nur hat dieser Trend bislang noch nichts geleistet, sprich nennenswerte Widerstandslinien überboten. Und bleibt das noch ein Weilchen so, dürfte das dazu führen, dass sich das bärische Lager die Aktie wieder vorknöpft.
Der Boeing-Kurs müsste über die bis Anfang 2023 zurückreichende Widerstandszone 192/193 US-Dollar und über die derzeit bei 199 US-Dollar verlaufende 200-Tage-Linie hinaus, um ein echtes Kaufsignal zu erzeugen. Prozentual keine große Sache, aber zuletzt wurde der Kurs bereits an der Zone 192/193 US-Dollar abgewiesen. Angesichts der weiterhin eher trüben Perspektive in Sachen Unternehmensgewinn wird das also kein Selbstläufer.
Und was, wenn das zu lange nicht gelingt? Sobald der Kurs aus diesem Aufwärtstrendkanal nach unten herausfallen sollte, würde er zu einer bärischen Flagge, einer „bear flag“, wäre also nicht mehr als eine konsolidierende Gegenbewegung in einem übergeordneten Abwärtstrend gewesen. Schlusskurse unter 172 US-Dollar, die damit nicht nur den Trendkanal brechen, sondern auch das letzte Zwischentief vom Juni unterbieten, würden dieses Bild zementieren. Und den Weg an das bisherige Jahrestief bei 159,70 US-Dollar freigeben, das dann, sofern die Nachrichtenlage neue „bad news“ dazu liefert, keineswegs das Jahrestief bleiben müsste.
Die Boeing-Aktie könnte die gerade getestete Supportzone 174/176 US-Dollar halten, die Chance dazu wäre jetzt da. Aber noch ist die Sache offen. Und selbst wenn das gelingt: Wäre das nicht womöglich nur eine Rettung auf Zeit, bevor es doch noch tiefer geht?
Boeing hat Probleme. Und mittlerweile ist sehr klar, dass die andauernden Meldungen über Produktionsmängel ihren Ursprung in einem erheblich unter dem zu fordernden Standard liegenden Qualitätsmanagement haben. Die US-Luftfahrtbehörde FAA kritisierte den Flugzeugbauer scharf, erst am Dienstag sagte deren Chef Whitaker, dass die Prioritäten bei Boeing bei der Produktion und nicht bei Sicherheit und Qualität gelegen hätten.
Dabei beschränken sich die Mängel offenkundig nicht nur auf die 737 MAX, auch andere Modelle wie der Dreamliner sorgen immer wieder mal für negative Meldungen. Die FAA hat Boeing daraufhin Ende Februar eine Frist von 90 Tagen eingeräumt, um einen tauglichen Plan zum Qualitätsmanagement vorzulegen. Derweil sinken die Auslieferungszahlen. Und zuletzt meldete das Unternehmen, dass man im ersten Quartal wohl einen Kapitalabfluss (negativer Cash Flow) von 4,0 bis 4,5 Milliarden US-Dollar verbuchen werde.
Das durchschnittliche Kursziel der Analysten liegt mit aktuell 257 US-Dollar zwar immer noch weit über dem aktuellen Kurs. Aber ob sich dieser Level wird halten können, ist eher fraglich. Da könnte die am 24. April erwartete Bilanz des ersten Quartals, bei der dann wohl auch der Gesamtjahres-Ausblick adjustiert wird, für Bewegung sorgen. Aber könnte die Charttechnik, die aktuell die Chance auf wieder anziehende Kurse suggeriert, nicht schwerer wiegen, die Aktie zumindest kurzfristig trotz alledem ein Kauf sein?
Expertenmeinung: Würde die Boeing-Aktie über dieser Zone 174/176 US-Dollar deutlicher nach oben drehen, wäre das nächste Kursziel die 200-Tage-Linie bei 213 US-Dollar, darüber käme dann die obere Begrenzung der das erste Halbjahr 2023 dominierenden Seitwärts-Spanne bei 224 US-Dollar. Denkbar wäre es zwar schon, dass der Kurs, der ja zuvor erheblich gefallen war, nachdem die als erledigt geglaubten Pannen erneut in die Schlagzeilen gekommen sind, eine solche Gegenbewegung vollzieht, aber:
Das wäre nur dann die Basis einer echten Aufwärtswende, wenn es gelingen sollte, die über Jahre hinweg aufgetretenen Probleme in der Qualitätskontrolle zeitnah und glaubhaft zu beseitigen und neben bullischen Tradern auch die Airlines davon zu überzeugen, dass Boeing bei der Order neuer Maschinen eine perfekte Wahl ist. Und genau das ist derzeit fraglich genug, um sich hier über das rein kurzfristige, spekulative Trading hinaus noch keine Gedanken darüber zu machen, dass die Aktie auf diesem Niveau eine gute Basis für ein mittel- oder langfristiges Engagement bietet.
Bislang sind es nur die Charttechnik und die überverkauften markttechnischen Indikatoren, die der Oberseite des Kurses eine Chance bieten. Solange da nicht auch die Rahmenbedingungen hinzukommen, kann ein erneuter Anlauf an diese Unterstützungszone 174/176 US-Dollar jederzeit folgen … und deren Bruch ebenso.