Der DAX hat nach einem schwachen Start in den August kräftig Boden gutgemacht und notiert in Schlagdistanz zum Verlaufsrekord von 24.639 Punkten. Geht er da drüber, ist der Weg aus charttechnischer Sicht frei. Aber reicht die Charttechnik, um die Hausse aufrechtzuerhalten?
Wieso nur die Charttechnik, könnte fragen, wer gerade die Meldung gelesen hat, dass die Mehrheit der DAX-Unternehmen im zweiten Quartal mehr verdient hat als im Vorjahreszeitraum. Das suggeriert, dass die Sache insgesamt ja tadellos läuft und damit auch der DAX-Anstieg gerechtfertigt ist. Aber zum einen wäre das nur bislang der Fall. Dass der Index weitersteigt, würde voraussetzen, dass die Gewinne auch fürderhin steigen. Und das ist nie sicher. Zum anderen kommt es darauf an, ob auch der Gewinn der DAX-Unternehmen insgesamt gestiegen ist und ob dieser Anstieg dann prozentual mit dem Zugewinn des DAX konform ginge. Wenn der Index nämlich stärker zulegt als die Gewinne, wird er eben trotzdem sukzessiv teurer und damit die Chancen auf der Oberseite wackliger.

Diese Aussage mit mehrheitlich höheren Gewinnen an sich könnte schon auf den Holzweg führen, denn wenn 21 DAX-Unternehmen fünf Prozent mehr verdient hätten, die anderen 19 aber zehn Prozent weniger, stimmt diese Aussage zwar, aber die Fakten wären dennoch nicht bullisch. Wollte ich jetzt selbst genaue Zahlen ausrechnen, würde dieser Artikel an diesem Freitag nicht mehr erscheinen, aber man kann sich ja behelfen. Der DAX ist seit dem Ende des 2. Quartals 2024 bis zum Ende des 2. Quartals 2025 um etwa 31 Prozent gestiegen. Das Kurs-/Gewinn-Verhältnis (KGV), das den Kurs durch den Gewinn pro Aktie eines Jahres teilt, liegt derzeit für den DAX insgesamt bei 18,5. Je nachdem, wie man rechnet, waren das vor einem Jahr knapp 14 oder gut 16. Kurz: Egal, wie die Gewinne sich auseinander gedröselt darstellen, der DAX ist aktuell teurer bewertet als vor einem Jahr. Und ein KGV von 18,5 ist außerhalb von Verzerrungen wie Rezessionen sehr hoch.
Aber da könnte man sich fragen, ob es nicht andere Argumente gibt, warum der DAX so stark zugelegt hat und jetzt auf dem Sprung zu erneuten Rekorden ist. Und ja, die gibt es. Nur ist die Antwort auf die Frage, ob es auch wirklich gute Argumente sind, aus meiner Sicht ein Grund, hier wie auf Eiern zu laufen.
Expertenmeinung: Ein Argument ist, dass der DAX immer noch billiger bewertet sei als die US-Indizes. Was zwar rein von der Höhe des KGV stimmt, aber an der anderen Branchenverteilung liegt. Im DAX sind viel mehr Aktien aus Branchen gelistet, die traditionell niedrigere Bewertungen aufweisen wie die Autobauer, die Banken oder Versorger. Berücksichtigt man das, was zwingend wäre, ist der DAX keineswegs billiger als Dow Jones oder S&P 500.
Ein anderes Argument bezieht sich auf die Zukunft. Seit Jahresanfang sind nur 11 der 40 DAX-Aktien besser gelaufen als der Index, eine drastisch unausgewogene Verteilung. Und zu diesen Zugpferden gehören die, auf die man seit Ausrufung des großen Schuldenpakets für Infrastruktur und Verteidigung setzt. Diese Aktien sind indes schon so massiv gestiegen, dass die teuer bis überbewertet sind … es sei denn, die großen Erwartungen, die in diesen Kursen stecken, werden wirklich vollumfänglich erfüllt. Das Argument der Bullen ist nicht nur, dass es so kommen wird, sondern dass auch die derzeit unter Druck stehenden Branchen wie die Automobilindustrie, Chemie und Pharma durchstarten und diese bislang hinterherlaufenden Aktien den DAX dann auf immer neue Höhen tragen werden. Das kann so funktionieren, wenn eintritt, wovor bislang aber noch nichts zu sehen ist: dynamisches Wachstum.
Zu diesen eher wackligen Argumenten gesellt sich jetzt auch noch ein in Aufwärtstrends fast immer auftauchender Faktor, der aber nur begrenzt zu ziehen pflegt: die Abrechnung an der Terminbörse. Und die ist heute. In Aufwärtstrends ist es meist so, dass die großen Adressen am Terminmarkt die Abrechnung der Optionen auf Indizes und Aktien zu einem maximal hohen Kurslevel erreichen wollen und, da es hier um entsprechend lukrative Gewinnsummen geht, auch mal aktiv nachhelfen, um das zu erreichen.
Genau das könnte dem DAX seit dem Abriss zur Monatswende wieder Schwung gegeben haben. Das und die Hoffnung, dass, wenn Donald Trump jetzt in Alaska Großes erreicht, am Montag ein immenser Satz der Aktienmärkte nach oben diejenigen belohnen würde, die im Vorfeld auf der Long-Seite aktiv wurden.
Jeder muss für sich selbst entscheiden, wie er/sie in einem solchen Umfeld agieren möchte. Wichtig ist nur, sich alle Aspekte anzusehen und erst dann zu urteilen. Für meinen Geschmack ist hier derart viel Hoffnung und zugleich Leichtsinn im Spiel, dass ich dem DAX im Augenblick auf einer Risikoskala von 1 bis 10 mindestens eine 8 geben würde. Denn das Zugpferd Terminbörse ist am Montag nicht mehr da … und darauf zu setzen, dass dieses Treffen in Alaska die Lage deutlich und nachhaltig verändert, scheint eine eher riskante Wette zu sein.
Riskant genug, um die Unterseite des DAX auf jeden Fall nicht aus den Augen zu lassen. Das bisherige Monats-Verlaufstief bei 23.391 Punkten und das Juni-Tief bei 23.053 Zählern sind Supportlinien, die in einem so wackligen Umfeld wie diesem unbedingt halten müssen, ansonsten könnte es für die Hausse schnell heißen: Der Lack ist ab.

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