EUR.USD Prognose Euro/US-Dollar: Ein Spiegel der Zinserwartungen … es wird wieder spannend

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Es gibt mehrere Faktoren, die die Relation des Euro zum US-Dollar beeinflussen, aber derzeit dominiert klar die Zinserwartung. Welche Notenbank wird restriktiver agieren? In zwei Wochen wissen wir mehr. Und das kann für das Währungspaar Trend-entscheidend werden.

Anfangs dachte man, dass die im Vergleich zu den USA schwächere Wirtschaft der Eurozone und die unterstellte Uneinigkeit in Europa, basierend auf der großen Zahl an Köchen, die da im Brei rühren, dazu führen werde, dass die US-Notenbank die 2021 aufkommende Inflation deutlich entschlossener und letztlich erfolgreicher bekämpfen werde als die EZB. Man ging davon aus, dass die EZB bei den Zinserhöhungen zaudern würde, weil man um die Gefahr weiß, dass durch deutlich höhere Zinsen das Kartenhaus aus über die Jahre der Nullzins-Politik aufgetürmten Schulden zusammenbrechen würde … ohne dass man dann über ein Gegenmittel verfügt.

Anfangs lag man damit auch richtig. Die EZB begann ihre Zinserhöhungen erst Monate nach der „Fed“. Und die Wirtschaft schien in der Tat deutlich fragiler zu sein. Man implizierte daher, dass das Zinshoch in Europa deutlich unter dem der USA liegen werde und damit der US-Dollar aufgrund der höheren US-Zinsrenditen und seines „Krisenbonus“ weiter stärker sein würde. Das führte dazu, dass der Euro im vergangenen Herbst sogar unter die Parität 1:1 zum US-Dollar rutschte. Doch mittlerweile ist das Bild ein anderes … und der Euro holte erheblich auf. Die Frage ist jetzt:

Den aktuellen Kurs und Chart des Währungspaars EUR.USD und historische Wechselkurse finden Sie hier.

Expertenmeinung: Kommt da noch mehr Euro-Stärke nach oder ist die aktuell laufende Abwärtskorrektur des Euro zum US-Dollar der Beginn eines neuen Abwärtstrends? Diese Frage könnte erste, wegweisende Antworten erhalten, wenn heute in zwei Wochen zuerst die US-Notenbank und dann einen Tag später die EZB tagen und entscheiden.

Zuletzt erkannte man, dass die EZB deutlich weniger affin in Sachen Zinspause zu sein schien als die US-Notenbank. Das befeuerte die Idee, dass die Leitzinsen der Eurozone die derzeitige Differenz von 1,5 Prozent in den kommenden Monaten spürbar verringern könnten. Der Euro legte als Reaktion auf die strikter als gedacht auftretende EZB zu und konnte die 2022 gebrochenen, mittel- und langfristig wichtigen Chartmarken bei 1,0340 und 1,0636 US-Dollar zurückerobern. Unterhalb der massiven Widerstandszone 1,1168 zu 1,1603 US-Dollar war dann aber vorerst Schluss, der Euro drehte in den vergangenen Wochen wieder nach unten.

Denn jetzt werden auch unter US-Notenbankern die Stimmen lauter, die wenn, dann nur eine kurze Pause bei den Zinserhöhungen sehen und weitere Zinsmaßnahmen andeuten bzw. einkalkulieren. Der Grund liegt, ebenso wie in Europa, in der jetzt an der Gesamt-Inflation vorbeiziehenden Teuerung in der Kernrate. Das deutet an, dass sich die Inflation durch die Branche hindurch „gefressen“ hat und damit hartnäckiger sein wird als noch vor einem Jahr vermutet. Damit kommt jetzt zwei Terminen größere Bedeutung zu:

Zum einen den heute anstehenden Vorab-Daten zur deutschen Inflation im Mai. Zum anderen den oben genannten Notenbank-Entscheidungen nebst Pressekonferenzen am 14. sowie am 15. Juni.

Sollte sich abzeichnen, dass die Euro-Inflation stärker ist als die in den USA und die EZB vermutlich den Zinsabstand zur „Fed“ verringern wird, kann der Euro zum US-Dollar wieder durchstarten, sogar ein Anlauf in und über die Zone 1,1168 zu 1,1603 US-Dollar wäre dann denkbar. Würde aber die US-Notenbank die derzeit noch weit verbreitete Erwartung, dass das Leitzinshoch nahe und Zinssenkungen nicht mehr fern seien, vom Tisch wischen, kann das die Lage deutlich verändern. Dann kann, in Kombination mit dem in solchen Fällen schnell wieder aufflammenden „Krisen-Bonus“ des Greenback, ein neuer Euro-Abwärtsschub beginnen, der unter 1,0340 US-Dollar dann deutlich an Dynamik gewinnen würde.

Euro/US-Dollar: Chart vom 30.05.2023, Kurs: 1,0720 US-Dollar, Kürzel: EUR.USD | Quelle: TWS | Online Broker LYNX
Euro/US-Dollar: Chart vom 30.05.2023, Kurs: 1,0720 US-Dollar, Kürzel: EUR.USD | Quelle: TWS
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Vorherige Analysen von EUR.USD

In den letzten Wochen hat die Euro/US-Dollar-Relation immer mehr an Dynamik verloren. Das Momentum rutscht Richtung Nulllinie, es wirkt, als sei die Königs-Relation des Forex-Markts auf einmal nicht mehr interessant. Aber man darf unterstellen: Das wird nicht so bleiben!

Betrachtet man das langfristige Bild, so stellt man fest, dass sich die Euro/US-Dollar-Relation derzeit  ziemlich genau in der Mitte zwischen dem Punkt, an dem Anfang 2021 bei 1,2350 die große Euro-Baisse begann und zwischen deren Tief vom September 2022 bei 0,9535 US-Dollar befindet. Mittelfristiges Niemandsland. Ist es nicht seltsam, dass sich der Kurs damit sozusagen an die Nulllinie, an eine Art Gleichgewichtspunkt zwischen Bullen und Bären zurückgezogen hat?

Nein, das ist es nicht. Denn dass wir uns auf aktuellem Niveau sogar fast in der Mitte der Handelsspanne seit 2015 befinden, liegt daran, dass die Wetten, die seit Ende 2021 dahingehend eingegangen wurden, welche der beiden Notenbanken, EZB oder US-Notenbank, die konsequentere Zinspolitik betreiben und welche Auswirkungen das haben werde, ausgelaufen sind. Heute weiß man, dass „Fed“ und EZB im Grunde dem gleichen Fahrplan folgen: Die Zinsen wurden angehoben, die Inflationsbekämpfung konsequent umgesetzt und in beiden Fällen führte das zu Druck auf die Konjunktur.

Expertenmeinung: Dass sich der Euro seit dem Herbst 2022 von seiner Baisse so weit erholt hat, dass man das Währungspaar jetzt als in neutralem Terrain befindlich verorten kann, basierte darauf, dass die Trader erkannten, dass die Vermutung, die EZB werde wegen der gegenüber den USA grundsätzlich schwächeren Eurozone-Wirtschaft einen halbherzigen Kurs einschlagen, falsch war. Zwar liegen die EZB-Leitzinsen noch unter denen in den USA und die Konjunkturdaten sehen in Europa noch besser aus. Aber es ist den Akteuren am Forex-Markt klar, dass das nur am späteren Beginn der EZB-Maßnahmen liegt. Man ist den USA gute drei Monate hinterher, aber was dort passiert, wird in Europa sehr wahrscheinlich mit Zeitverzögerung genauso passieren.

Es gibt also aktuell noch keinen Grund, sich von diesem neutralen Level des Euro/US-Dollar-Kurses zu verabschieden. Zumindest, bis sich an der Erwartung, dass die EZB nachmacht, was die „Fed“ vorlegt, etwas ändert. Und dass das passiert, ist durchaus möglich.

Eine Pause bei den Zinsanhebungen, Andeutungen von bald wieder sinkenden Zinsen, die die eine Notenbank ankündigt, die andere aber nicht, das kann schon reichen, um aus dieser schläfrig wirkenden Währungsrelation wieder eine Basis für dynamische Impulse zu machen. Anfang Mai, konkret in der übernächsten Woche, wird es da wieder spannend. Am 3. Mai entscheidet die US-Notenbank, am 4. Mai die EZB. Und da viele Trader momentan darauf setzen, dass beide Notenbanken den Zins dann noch einmal minimal anheben und zugleich eine Pause bei den Anhebungen verkünden, gibt es da viel Spielraum für Überraschungen … vor allem natürlich, wenn eine der beiden Notenbanken etwas anderes tut und/oder avisiert als die andere. Bis dahin könnte man entweder dem mittelfristigen Aufwärtstrend folgen … oder sich heraushalten und warten, bis eine deutliche Veränderung der Konjunkturlage und Neues von den Notenbanken den verlorenen Schwung zurückbringen.

Euro/US-Dollar: Chart vom 20.04.2023, Kurs: 1,0960 US-Dollar, Kürzel: EUR.USD | Quelle: TWS | Online Broker LYNX

Seit dem 20 Jahres-Tief vom September 2022 bei 0,9536 hat die Euro/US-Dollar-Relation eine deutliche Gegenbewegung vollzogen. Aber wie geht es jetzt weiter? Kann der Euro weiter Boden gutmachen … oder muss man fürchten, dass die Erholung bald endet?

Ein Blick auf das ganz langfristige Bild der Euro/US-Dollar-Relation auf Monatsbasis zeigt, dass die Gegenbewegung, die wir in den vergangenen gut fünf Monaten gesehen haben, die massive, charttechnische Zone, durch die der Kurs im Vorfeld sang- und klanglos hindurchgerutscht war, ebenso problemlos zurückerobert hat. Der Verdacht kommt auf, dass die die Trader befeuernden Argumente so stark waren, dass sie selbst derart markante Chartmarken überlagerten. Und das kann man so durchaus unterschreiben.

Chart vom 06.03.2023, Kurs 1,0671 US-Dollar, Kürzel EUR.USD | Online Broker LYNX

Denn es ging um Maßnahmen und Ausrichtung der beiden für diese Währungen „zuständigen“ Notenbanken EZB und „Fed“, die durch die Inflation genötigt wurden, so aktiv und zugleich restriktiv zu werden, wie man das jahrelang nicht erlebt hatte. Und auch, wenn charttechnisch basiertes Trading auf kurzfristiger Ebene noch entscheidend ist: Der mittelfristige Trend wird mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr davon bestimmt, was die beiden Notenbanken tun werden als von langfristigen Chartmarken. Daher wäre es durchaus machbar, das langfristige Chartbild beiseite zu legen und zu überlegen, wie sich die Lage bei EZB und „Fed“ darstellt.

Expertenmeinung: Der entscheidende Grund für den immensen Abstieg des Euros zum US-Dollar lag darin, dass die große Mehrheit der Trader am Forex-Markt sicher war, dass zum einen die US-Notenbank die Leitzinsen schneller und weiter anheben wird als die EZB. Und man unterstellte zum anderen, dass Europa wirtschaftlich so viel schwächer ist, so dass man dort den Leitzins nicht so weit anheben kann und zudem nicht so schnell aus der folgenden Rezession herauskommt. Da das internationale Kapital vor allem dorthin fließt, wo es am „sichersten“ ist und wo zugleich die besten Zinsen warten, waren die Trader längere Zeit massiv im US-Dollar Long, im Euro Short. Doch dann zeigte sich, dass man falsch lag.

Die EZB startete ihre Zinserhöhungen zwar später, zeigt sich derzeit aber nicht minder, wenn nicht sogar mehr entschlossen, den Zins konsequent nach oben zu schrauben. Zugleich erwecken die Konjunkturdaten bislang den Eindruck, dass sich die Wirtschaft der Eurozone besser hält als die der USA. Als sich das im Herbst abzuzeichnen begann, machte der Euro kehrt und wurde stärker. Folgerichtig ist das schon. Aber ob es nachhaltig ist, ist die Frage.

Denn jetzt, da man sich im Klaren ist, dass Europa weder so zögerlich noch so schwach ist wie gedacht, hat der Euro zum US-Dollar eine Art „stabile Seitenlage“ zwischen 1,05 und 1,10 US-Dollar pro Euro eingenommen. Ein Versuch, sich noch weiter nach oben abzusetzen, wurde abverkauft. Nach oben wäre letztlich viel mehr drin, wenn die EZB die „Fed“ beim Leitzins überholt und die Eurozone-Konjunktur nicht nur deswegen noch stärker wirkt, weil sie der US-Entwicklung drei bis sechs Monate hinterherhinkt, sondern weil sie stärker ist. Doch das ist nicht allzu wahrscheinlich, daher:

Die Luft nach oben dürfte vorerst eher dünn sein. Und nach unten wäre der Weg allemal frei, wenn sich herausstellt, dass die Euro-Wirtschaft doch in die Rezession kippt und der Euro/US-Dollar-Kurs die im Tageschart zu sehende, wichtige Kreuzunterstützung im Bereich 1,0320/1,0350 US-Dollar durchbricht.

Tageschart vom 06.03.2023, Kurs 1,0671 US-Dollar, Kürzel EUR.USD | Online Broker LYNX

Dass ein „müsste aber“ einen an der Börse nicht weiterbringt, ist bekannt. Aber man sollte wissen, wenn ein Impuls gegen die Logik läuft, denn dann ist die Chance, dass daraus ein Trend wird, deutlich kleiner. Und das könnte bei Euro/US-Dollar gestern der Fall gewesen sein.

Der Euro hatte gestern nach der US-Notenbankentscheidung kräftig zum US-Dollar zugelegt und beendete den Mittwoch mit einem Anstieg von 1,38 Prozent auf dem höchsten Stand seit zehn Monaten. Doch gestern kam der Euro wieder zurück, der US-Dollar gewann also etwas Boden zurück, nachdem die EZB-Entscheidung verkündet wurde. Und das ist, rein von den Rahmenbedingungen der Notenbank-Entscheidungen her, nicht logisch.

Denn auf der einen Seite hatte die US-Notenbank die Schrittweite ihrer Zinserhöhungen verringert und zumindest angedeutet, dass man langsam nahe am Zielpunkt in Sachen Leitzinsen sei. Auf der anderen Seite hatte die EZB gestern nicht nur mit 0,50 Prozent den größeren Zinsschritt vollzogen, sondern gleich noch avisiert, dass der nächste Schritt im März ebenfalls 0,50 Prozent betragen werde und es nötig sei, die Zinsen auf jeden Fall konsequent anzuheben.

Diese beiden Entscheidungen zusammengenommen sind gut für den Euro und schlecht für den US-Dollar. Der lange, weitreichende Abstieg des Euros basierte ja darauf, dass man lange unterstellt hatte, dass sich die Zinsschere zwischen den USA und der Eurozone immer weiter vergrößern würde, weil die EZB wegen der schwächeren Eurozone-Wirtschaft  zaudern werde, den Zins vergleichbar konsequent nach oben zu nehmen wie die US-Notenbank. Jetzt aber beginnt sich die Schere zwischen den Leitzinssätzen zu schließen … und zumindest bislang kommt die Eurozone stabiler daher als die US-Konjunktur. Der Euro hätte eine solide Basis, um zu steigen. Warum also fiel er nach der EZB-Entscheidung?

Expertenmeinung: Das dürfte tatsächlich nichts anderes als „Selling on good News“ gewesen sein. Denn wenn man sich ansieht, wie massiv der Euro in den vergangenen vier Monaten zugelegt hat und dabei jetzt schon einen Großteil des Abstiegs des Vorjahres ausgeglichen hat, ist es nicht überraschend, wenn Trader, die seit mehreren Wochen oder sogar Monaten Euro-Long waren, jetzt mal den Gewinn mitnehmen. Denn die Notenbankentscheidungen sind jetzt eben „durch“, neue Argumente pro oder contra Euro kommen kurzfristig also vermutlich nicht.

Hinzu kommt, dass die Euro/US-Dollar-Relation an die obere Begrenzung eines im November oberhalb des ursprünglichen Aufwärtstrendkanals etablierten Kanals gelaufen war und zugleich nahe an der Widerstandszone 1,1121/1,1185 US-Dollar notierte. Sollte der Kurs kurzfristig unter den Supportbereich 1,0780/1,0805 rutschen, wäre es gut denkbar, dass der Euro weiter bis an die zentrale Aufwärtstrendlinie bei derzeit 1,06 US-Dollar zurücksetzt. Aber solange die EZB sich konsequenter und restriktiver zeigt als die US-Notenbank, dürfte die mittelfristige Trendrichtung des Euro weiterhin nach oben weisen.

Euro/US-Dollar: Chart vom 02.02.2023, Kurs 1,0914 US-Dollar, Kürzel EUR.USD | Online Broker LYNX

In den letzten gut drei Monaten hat der Euro zum US-Dollar in der Spitze über zwölf Prozent aufgeholt. Für dieses Währungspaar ist das eine beeindruckende Rallye. Die Frage ist: Geht diese Aufwärtsbewegung weiter … oder müssen die Euro-Bullen jetzt in die Defensive?

Ein entscheidender Grund, weshalb die Inflation der Eurozone im Dezember so deutlich zurückkam, findet sich hier. Dadurch, dass der Euro zum US-Dollar zulegte, der US-Dollar also aus Euro-Sicht billiger wurde, wirkte der Rückgang der Energiepreise im Euroraum besonders stark, da alle Rohstoffe in US-Dollar fakturiert werden. Aber das war nur die Folge des steigenden Euros, die Ursache der Erholung der europäischen Gemeinschaftswährung lag woanders.

Über weite Teile des vergangenen Jahres war man davon überzeugt, dass die Wirtschaft der Eurozone im Vergleich zu den USA die deutlich schwächere sei, zusätzlich unter Druck durch den Ukraine-Konflikt. Daher wurde unterstellt, dass die EZB den Zins weniger stark und weniger lang anheben wird als die US-Notenbank, die Inflation dadurch hartnäckiger bleiben wird, die Wirtschaft zu Boden gehen wird und internationale Investoren Europa daher meiden werden. Das waren alles Argumente für den US-Dollar und gegen den Euro. Aber mittlerweile sieht man das etwas anders.

Expertenmeinung: Zumindest bislang hält sich die Eurozone wirtschaftlich überraschend gut. Und die EZB tritt weit konsequenter auf, als man das im Vorfeld dachte. Also begann man, den Euro zurückzukaufen. Man sollte zwar im Hinterkopf haben, dass der eigentliche Druck auf die Konjunktur als Konsequenz deutlich höherer Zinsen erst jetzt beginnt. Man weiß also weder, ob der Druck in den USA oder in der Eurozone stärker ausfallen wird, noch, wie stark er insgesamt sein und wie lange er anhalten wird. Aber bislang ist man noch Euro-positiv. Ob sich das ändern wird, wird sich weisen, aber das Chartbild, für das wir bewusst die Monatsbasis gewählt haben, um den Stand der Dinge im langfristigen Kontext zu zeigen, bietet den Euro-Bullen jetzt in der Tat Chancen, die Rallye fortzusetzen.

Euro/US-Dollar war bis zum Ende des dritten Quartals 2022 sang- und klanglos durch langfristig wichtige Supportlinien gefallen. Ernsthafte Gegenwehr gab es nicht, der Weg nach unten war eigentlich frei. Aber dann drehte der Wind. Und jetzt ist es gelungen, diese durchbrochenen Chartlinien bei 1,0340, 1,0523 und 1,0636 US-Dollar alle zurückzuerobern.

In der vergangenen Woche wurde es zwar zeitweise brenzlig, der Euro drohte in diese Zone zurückzufallen. Aber die zwar nicht fundierte, aber von vielen nur zu gerne angenommene Interpretation der US-Konjunkturdaten des Freitags als Signal an die US-Notenbank, die Leitzinsen nur noch wenig oder gar nicht mehr anzuheben, drückte erneut auf den US-Dollar und half, den Euro zum Wochenschluss wieder knapp über diese jetzt wieder als Support fungierende Zone 1,0340/1,0623 US-Dollar zu ziehen.

Wenn es gelingen sollte, diese optimistische Sichtweise in Sachen US-Zinsen über den Januar zu retten und der Euro dadurch per Ende des Monats über 1,0623 US-Dollar bleibt, wäre nach oben in der Tat noch Luft, denn der nächste, wirklich markante Chartwiderstand würde erst bei 1,1496 US-Dollar warten.

Chart vom 06.01.2023, Kurs 1,0645 US-Dollar, Kürzel EUR.USD | Online Broker LYNX

Die gestern veröffentlichten November-Daten zur US-Inflation fielen erfreulich aus. Die Trader preisten daraufhin umgehend einen deutlich sanfteren Kurs der US-Notenbank ein. Der US-Dollar fiel, die Euro/US-Dollar-Relation stieg. Ist das der Beginn einer Euro-Hausse?

Die Verbraucherpreise stiegen in den USA im November nur um 0,1 Prozent in der Gesamtrate und um 0,2 Prozent in der Kernrate, bei der man Nahrungsmittel und Energiepreise ausklammert. In beiden Berechnungen hatte die Prognose bei +0,3 Prozent gelegen. Dadurch lag die Jahresrate der Inflation niedriger als vorhergesagt. Konkret betrug sie in der Gesamtrate 7,1 Prozent nach 7,7 Prozent im Oktober, in der Kernrate 6,0 Prozent nach 6,3 Prozent. Die Reaktion: Der US-Dollar kam unter Druck, der Euro legte somit im Verhältnis zum US-Dollar zu. Ist das logisch und damit auch tragfähig?

Grundsätzlich ja, auf den ersten Blick zumindest. Denn wenn die Inflation in den USA schneller und deutlicher zurückgeht als man das bislang erhoffen durfte, ließe sich unterstellen, dass die US-Notenbank darauf reagiert, indem sie den Leitzins weniger weit und weniger lange anheben wird als geplant und womöglich früher als gedacht Zinssenkungen anstehen. Damit fällt die Erwartung für die Renditen am US-Anleihemarkt niedriger aus, US-Dollar-Investments werden weniger lukrativ und damit auch die Nachfrage nach dem US-Dollar geringer.

Auf der anderen Seite ließe sich unterstellen, dass die EZB nicht parallel agieren wird, weil sich die Inflation in der Eurozone hartnäckiger gestalten könnte. Damit würde sich die Zinsschere, die zuletzt zu Gunsten des US-Dollars weit aufklaffte, weil die US-Notenbank den Zins schneller und massiver anhob, schneller verkleinern: Das würde den seit Sommer 2021 massiv gefallenen Eurokurs stützen. Geht man in seinen Überlegungen nur bis hierhin, hätte der Euro/US-Dollar-Kurs somit allerhand Aufwärtspotenzial.

Expertenmeinung: Aber weist denn die Inflationstendenz in den USA so klar nach unten, wie es sein müsste, damit die US-Notenbank wirklich zeitnah auf einen „Schmusekurs“ zu Gunsten der Anleger und zu Ungunsten des US-Dollars einschwenkt? Wenn man genauer hinschaut, muss man das zumindest mit einem Fragezeichen versehen.

Die Kerninflation kommt sukzessiv näher an die Gesamtinflation heran, was indiziert, dass die Teuerung jetzt alle Bereiche erreicht hat. Und die genaueren Daten zur Inflation im November zeigen, dass die niedrigere Monatsveränderung vor allem durch den deutlichen Rückgang der Öl- und Benzinpreise im November zurückzuführen ist. Der aber, wenn man sich dessen Dimension ansieht, den größten Teil seines Wegs schon hinter sich haben könnte. Andere Bereiche, so die Lebensmittel und die Mieten, steigen hingegen deutlich. Und das weiß auch die US-Notenbank.

Daher sollte man wenn, dann mit eher vorsichtigem Optimismus rechnen, wenn die US-Notenbank heute Abend ihr Statement vorlegt und danach die übliche Pressekonferenz abhält. Erst, wenn die „Fed“ und die EZB morgen ihre Entscheidungen getroffen, Prognosen vorgelegt und Zielrichtungen formuliert haben, ließe sich absehen, ob der gestern unternommene Versuch der Euro-Bullen, die Euro/US-Dollar-Relation über die im Juni 2021 etablierte Abwärtstrendlinie und das 2020-Jahrestief bei 1,0636 US-Dollar pro Euro zu heben, wirklich gelingt.

Wenn Euro/US-Dollar zum Wochenschluss klar über dieser Linie notieren sollte, wäre aus rein charttechnischer Sicht Luft bis 1,1168/1,1239 US-Dollar. Und die Dynamik eines solchen Ausbruchs könnte dann auch eine wacklige, fundamentale Argumentation überspielen. Aber das sollte eben erst einmal gelingen, bis dahin ist dieser Befreiungsschlag noch nicht in trockenen Tüchern!

Euro/US-Dollar: Chart vom 13.12.2022, Kurs 1,0617 US-Dollar, Kürzel EUR.USD | Online Broker LYNX