Trendbetrachtung auf Basis 6 Monate: Mit Spannung warteten Anleger auf die neuesten Zahlen des Messaging-Dienstes. Vor allem das Thema Werbeeinnahmen war besonders interessant. Nun sind die Zahlen auf dem Tisch und es folgte eine massive Talfahrt der Snap-Aktie.
Die Kurse wurden im nachbörslichen Handel um über 25% in den Keller geschickt. Dies dürfte dann wohl der Anfang vom Ende sein. Bereits seit Ende 2020 hat der Titel mehr als 85% verloren. Schauen wir uns die Zahlen im Detail an. Der Umsatz lag mit 1,13 Milliarden USD lediglich knapp unter den erwarteten 1.14 Milliarden USD. Gleichzeitig wurde ein Gewinn je Aktie in Höhe von 8 Cent erreicht. Analysten rechneten lediglich mit einem Breakeven-Ergebnis. Dennoch zeigen sich Anleger über das weiterhin eher mäßige Wachstum enttäuscht.
Expertenmeinung: Aus meiner Sicht waren die Zahlen gar nicht mal so schlecht, aber es liegt nicht an mir, diese zu beurteilen. Der Konzern kündigte ein Aktienrückkaufprogramm in Höhe von 500 Millionen USD an. Zudem sollen rund 20% der Belegschaft im Rahmen einer umfassenden Umstrukturierung entlassen werden.
Dem Kurs dürfte dies zumindest vorerst nur bedingt helfen. Der einzig noch nennenswerte Boden befindet sich bei 7.89 USD, dem Tief des Corona-Crashs. Hier dürfte das Papier heute wohl im regulären Handel eröffnen. Danach hätten wir nur noch das Allzeittief bei 4.82 USD auf dem Jahr 2018 als letzte Support-Ebene auf dem Tisch.
Aussicht: BÄRISCH
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Anzeichen dafür, dass Anleger zutiefst verunsichert sind, findet man zurzeit täglich. Wenn man sich die mediale Berichterstattung anschaut, ist das kein Wunder.
Einer Auswertung von Bloomberg zufolge hat die Anzahl an Artikeln mit dem Begriff „Bear Market“, also Bärenmarkt, geradezu ein historisches Hoch erreicht. In den letzten zehn Jahren wurden nur im März 2020 mehr Artikel zu diesem Thema veröffentlicht.
Und noch eine Sache fällt auf: Die Autoren scheinen sich mit ihren Schreckensszenarien gegenseitig übertreffen zu wollen.
Bereits die Überschriften sind angsteinflößend. Hier nur die ersten drei Beispiele einer kurzen Google-Suche: 1.„Brutal Stock Selloff Is a Multitude of Bear Cases Coming True“ 2. „It May Be a Bear Market, But It’s Not a Panic. That’s Worrisome“ 3. „Gartman Advises Selling Rallies in This Year’s ‘Bear Market’“
Ich möchte den Autor keineswegs kritisieren, denn ich kenne ihn nicht. Er ist sicherlich ein hervorragender Professor für wirtschaftspolitischen Journalismus. Das bedeutet aber nicht, dass er auch erfolgreich an der Börse ist. Das wissen wir nicht.
Das ist übrigens der Hauptgrund, warum ich keinerlei Börsenberichterstattung lese. Als Leser weiß ich nicht, was die Motivation hinter einem Artikel oder einem Researchbericht ist und mir ist auch nicht bekannt, ob der Verfasser überhaupt selbst erfolgreich investiert.
Das ist ein Problem.
Man nimmt sich auch keinen Tennislehrer, der selbst nicht Tennis spielen kann, egal wie viel er über Tennis gelesen hat. Und eine Sache ist klar, wirtschaftspolitischer Journalismus, VWL und Erfolg an der Börse sind drei Paar Stiefel. Sonst wären schließlich alle Volkswirte Börsenmillionäre.
Das ist erst der Anfang
Kommen wir zum Inhalt des Artikels. Der Autor schreibt, dass die Kurse bröckeln, dass das aber erst der Anfang sein dürfte.
Es wird damit also eine eindeutige Haltung zum Ausdruck gebracht. Die Kurse werden weiter fallen. Das erzeugt beim Leser Angst. Hat man erst die zehnte Überschrift gelesen, wo über den Total-Zusammenbruch der Börse und unseres Wirtschaftssystems gesprochen wird, glaubt man es.
Dasselbe gilt für die vielen Vergleiche, die gezogen werden aber meines Erachtens nicht vollends zutreffend sind.
Es wird zum Beispiel behauptet, dass sich die Bewertung seit Anfang der 2010er Jahre verdoppelt hat. Daraus wird weder klar, auf welchen Index sich die Aussage bezieht, noch wird der genaue Zeitpunkt genannt.
Da im nächsten Satz über den S&P500 gesprochen wird, kann man nur mutmaßen, dass es um diesen Index geht. Leider kann ich in meinen Daten aber keinen Zeitpunkt Anfang der 2010er Jahre finden, seitdem sich die P/E des Index verdoppelt hätte.
Am Jahrestief von 2011 lag das KGV bei 11,9 und heute bei 19,1.
Später im Artikel wird das KGV des amerikanischen Marktes mit 32 beziffert. Woher diese Zahl stammt, ich kann es Ihnen nicht sagen. Doch das sind eher Nebensächlichkeiten, wir wollen nicht kleinlich sein.
Crash 1929
Der Autor zieht dann einen Vergleich zu 1929. Demnach seien die Bewertungen derzeit auf einem Niveau wie vor dem damaligen Crash.
Es wird also suggeriert, dass Aktien vom heutigen Niveau um 90% fallen könnten. Keiner kennt die Zukunft, vielleicht wird der Autor damit richtig liegen.
Ich würde allerdings behaupten, dass die Wahrscheinlichkeit dafür gegen null tendiert. Was bei solchen Crash-Fantasien scheinbar vergessen wird, ist die Tatsache, dass hinter den Kursen echte Unternehmen stehen.
Wie realistisch ist es, dass beispielsweise Google jetzt um weitere 90% fallen wird? Entweder liegt die P/E dann bei unter 2 oder der Gewinn muss komplett kollabieren.
Dass die P/E von Google auf 2 fällt, ist ausgeschlossen. Punkt. Wer über einen Kurssturz von 90% spricht, muss also ein Szenario unterstellen, in dem die Gewinne massiv sinken. Wie wahrscheinlich ist das in Anbetracht der Tatsache, dass das Ergebnis von Google weder in der Finanzkrise noch Corona jemals gesunken wäre?
Benutzen wir morgen alle keine Suchmaschinen mehr?
Das Beispiel ist nur exemplarisch. Bei vielen anderen Börsen-Schwergewichten könnte man dieselbe oder noch extremere Rechnungen aufmachen.
Qual der Wahl
Ferner stellt sich eine weitere Frage: Würden die Notenbanken all das zulassen?
Wenn die Notenbanken tatsächlich vor die Wahl zwischen einer vollständigen wirtschaftlichen Implosion (das wäre notwendig, um einen Kurssturz von 90% auszulösen) oder noch mehr billigem Geld stehen, wie werden sie sich entscheiden?
Ich denke, wir alle kennen die Antwort.
Crash 2000
Später wird im Artikel ein Szenario wie nach 2000 beschrieben. Demnach war die Bewertung in den letzten 140 nur einmal höher als derzeit, nämlich kurz vor dem Dot-Com-Crash.
Meine Daten bestätigen das nicht. Die P/E des S&P500 war in den letzten fünf Jahren sogar den größten Teil der Zeit höher als jetzt. Doch auch darum geht es nicht.
Der Kernpunkt ist, dass ein Schreckensszenario nach dem anderen aufgezeigt wird. Alles scheint möglich zu sein, bis hin zu einem Crash von 90% und einem jahrelangen Bärenmarkt.
Jüngst wurde ich mit der Aussage konfrontiert, dass Aktien Ende des Jahrzehnts noch 90% unter dem heutigen Niveau notieren werden. Wer daran glaubt, hat einen Vorteil: Er kann sich in den kommenden acht Jahren die Zeit sparen, sich mit der Börse zu beschäftigen.
Superlative
Wie bereits angeschnitten, hätten wir hunderte Artikel mit einem ähnlichen Tenor als Beispiel wählen können. Was sie alle eint, sind Schreckensszenarien und Vergleiche mit den schlimmsten Börsencrashs der letzten 100+ Jahre. Es werden also wahrlich Superlativen herangezogen.
Wir werden sehen, ob es dazu kommt. Aber womöglich sollte man sich nicht nur mit den Extremfällen der Geschichte beschäftigen. Einen Crash von 90% gab es in über 100 Jahren mit gutem Grund nur einmal.
Im Durchschnitt dauern Bärenmärkte 6 Monate und die Verluste liegen bei 32%.
Derzeit ist der S&P500 18% vom Hoch entfernt, der Nasdaq 100 etwas mehr als 29%.
Der Technologiesektor hat also fast schon einen ganzen Durchschnitts-Bärenmarkt hinter sich, der S&P500 ist noch vergleichsweise weit davon entfernt.
Wahrscheinlichkeiten
Was fängt man mit all diesen Informationen an? Die Kernaussage ist, dass man sich nicht nur mit Schreckensszenarien beschäftigen sollte, die einmal im Jahrhundert auftreten, sondern mit dem, was andauernd passiert.
Bärenmärkte sind keine Seltenheit. Durchschnittlich kommt es in mehr als in jedem zweiten Jahr im Jahresverlauf zu einem Rücksetzer von mehr als 10%.
In mehr als jedem vierten Jahr kommt es statistisch zu einem Einbruch von über 20%, alle zehn Jahre müssen Anleger mit einem Minus von 30% rechnen und alle zwanzig Jahre mit mehr als 40%.
Es sollte also niemanden überraschen, wenn es mal wieder abwärts geht.
Das ist schlichtweg die Normalität. Doch wie wir im vorherigen Artikel (Panik. Kapitulation. Nachvollziehbar.) gesehen haben, hätte das den langfristigen Erfolg von Investments nicht infrage gestellt.
Wie so oft fällt mir dazu ein Zitat ein:
„Far more money has been lost by investors preparing for corrections, or trying to anticipate corrections, than has been lost in corrections themselves“
Diese Aussage stammt von Peter Lynch, ebenso wie die folgende Empfehlung: „Never get out oft the market.“
Am Ende müssen Sie sich entscheiden, ob sie irgendwelchen Autoren vertrauen oder denjenigen, die außerordentlichen Erfolg an der Börse hatten und haben.
Die Folgen
All die Artikel und Crash-Vorhersagen üben eine enorme Wirkung auf Anleger aus. Inzwischen haben wir es mit einer handfesten Panik zu tun. Einzig die Volatilität ist noch nicht auf Crash-Niveau.
Vielleicht ist es das, was wir brauchen, um die Verunsicherung der Anleger auf ein absolutes Maximum zu treiben. Sobald dieses Maximum erreicht wird, ist auch das kurstechnische Tief erreicht.
Mit welcher Panik Anleger derzeit reagieren, sehen wir tagtäglich. Das jüngste Beispiel ist Snap.
Ich möchte nicht behaupten, dass die Aktie auf diesem Niveau ein Investment-Case wäre, sie dient nur als Beispiel.
Aber wenn eine Aktie auf die Kürzung einer Quartalsprognose mit einem Einbruch von 43% reagiert, dann weiß man, dass die Nerven der Anleger blank liegen.
Chart vom 25.05.2022 – Kurs: 12,79 Kürzel: SNAP – Tageskerzen
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