Konjunkturdaten: Top-Indikationen … oder doch nur Hokuspokus?

von Ronald Gehrt

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Soft Data? Was soll das sein, mögen sich viele Anleger fragen. Zunächst also die Definition … die zugleich die Problematik dieser Daten impliziert, die das Thema dieses Artikels sein werden. Soft Data, also „weiche Daten“ sind Konjunkturdaten, die nicht auf „Zählbarem“, sondern auf subjektiven Einschätzungen beruhen. Konkret:

Zu ersten Kategorie der sogenannten „harten Daten“ gehören z.B. Arbeitsmarktdaten, die Industrieproduktion, Einzelhandelsumsätze und das Bruttoinlandsprodukt. „Weiche Daten“ hingegen sind Stimmungsindizes. Der ifo-Geschäftsklimaindex, der ZEW-Index der Konjunkturerwartungen, die Einkaufsmanagerindizes oder Konsumklimaindizes zählen hierzu. All diese „Soft Data“-Indikationen finden unter den Anlegern große Beachtung. Sie werden als richtungweisend angesehen und geben oft den Ausschlag, ob die Investoren kaufen, sich neutral verhalten oder aussteigen. Zu Recht? Sind diese Daten wirklich so wichtig und zuverlässig?

Vorteile und Nachteile „weicher Daten“

Ein ganz entscheidender Vorteil dieser Daten ist ihre Aktualität. Nehmen wir den im folgenden Chart abgebildeten ifo-Geschäftsklimaindex. Hier werden etwa 7.000 deutsche Unternehmen zu ihrer Einschätzung über die aktuelle und kommende Entwicklung ihres Unternehmens befragt. Diese Ergebnisse kommen gegen Ende des Monats, in dem diese Befragung stattfindet, bereits auf den Tisch. Man ist da also hautnah an der aktuellen Entwicklung dran.

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Das ist ein großer Vorteil, weil die „harten“ Daten deutlich später eintreffen. So erhalten wir z.B. die Veränderungen der US-Industrieproduktion oder der US-Einzelhandelsumsätze zwei Wochen nach dem Ende des betreffenden Monats. Für Europa dauert es noch deutlich länger, da dauert es in der Regel einen Monat, bis diese Zahlen zur Verfügung stehen. Noch dramatischer ist es beim Bruttoinlandsprodukt. Selbst in den USA, wo es in der Regel mit diesen Daten schneller geht, kommt die erste Schätzung für ein Quartal vier Wochen nach dessen Ende. Bis die endgültigen Daten auf dem Tisch liegen, ist das nächste Quartal beinahe vorbei. Was heißt:

Die „harten“ Daten haben eine solche Zeitverzögerung, dass sie bereits „alt“ sind, wenn sie veröffentlicht werden. Für die Entscheidung, ob man hier und heute kaufen oder verkaufen soll, ist es wenig einbringlich zu erfahren, ob die Wirtschaft in einem Quartal, das längst vorbei ist, gut gelaufen ist oder nicht. Denn jetzt könnte sich die Lage ja ganz anders darstellen. So betrachtet sind diese „weichen Daten“ ein Segen: Man bekommt auf den Tisch, wie sich die Lage jetzt, ganz aktuell darstellt. Aber Vorsicht, diese Daten haben einen entscheidenden Haken: ihre Subjektivität!

Ifo-Index und ZEW-Index: Reine Ansichtssache

Sehen wir uns dazu einmal den ZEW-Index der Konjunkturerwartungen an. Hier werden, im Gegensatz zum ifo-Index, Finanzexperten befragt, wie sie die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland (es gibt auch noch den Bereich der Eurozone) in den kommenden Monaten einschätzen. Werte über null bedeuten, dass eine Mehrheit mit Wachstum rechnet. Das klingt gut und wie eine zuverlässige Indikation. Immerhin geben hier Experten ihre Meinung ab. Aber ist das wirklich so?

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Der vorstehende Chart des ZEW-Index zeigt, dass er keineswegs parallel zum ifo-Index verläuft. Zwar ist es richtig, dass eine Mehrheit optimistischer Unternehmen nicht zwingend bedeutet, dass die Konjunktur in Deutschland insgesamt genau parallel zu diesem Optimismus verlaufen muss. So könnten Sparmaßnahmen der öffentlichen Hand oder weniger gut laufende ausländische, aber hier produzierende Unternehmen das Bild beeinträchtigen, viele andere Einflüsse wären ebenso möglich. Aber was wir hier in den beiden Charts sehen, die beide mit dem Jahr 2000 beginnen, ist schon relativ auffällig „anders“. So findet sich zu den derzeitigen Rekordhochs des ifo-Geschäftsklimaindex beim ZEW-Index der Konjunkturerwartungen keine Entsprechung. Wie ist das möglich?

Das hat zwei Gründe. Zum einen können die Befragten nicht differenzieren, sondern haben nur die Möglichkeit, in Bezug auf ihre Erwartungen „besser“, „schlechter“ oder „unverändert“ anzugeben. Ohne eine Abstufung können die Ergebnisse aber markant verfälscht sein. Denn es ist ein immenser Unterschied, ob die Befragten mit einem immensen Wachstum in ihrem Unternehmen rechnen oder nur mit einer ganz leichten Verbesserung. Im Chart des ifo-Index sähe beides aber gleich aus, beim ZEW-Index ist es nicht anders.

Zum anderen ist eben diese subjektive Einschätzung ein problematisches Element. Denn erstens sind Optimismus und Pessimismus ansteckend, so dass Unternehmer und Finanzmarktexperten eine Entwicklung ebenso überzogen einschätzen können, wie wir „normalen“ Marktteilnehmer. Zweitens haben die Befragten auch keine anderen „harten Daten“ als unsereins, was den ZEW-Index angeht. Die Unternehmen können ihre interne Entwicklung als Maß nehmen, aber aufgrund der mangelnden Abstufung ihrer Erwartungen muss der ifo-Index trotzdem nicht zwingend in die richtige Richtung weisen. Und der ZEW-Index ist nichts anderes als die Projektion der Konjunktur auf Basis allgemein zugänglicher Informationen. Dass beide Indizes nicht parallel laufen müssen, ist daher nachvollziehbar. Und wenn wir im folgenden Chart sehen, dass der ifo-Index in Bezug auf die wichtigen Wendepunkte des DAX keinen allzu zwingenden Vorlagengeber darstellte, wird das in diesem Kontext auch verständlich.
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Die Stop-Loss Order: Verluste richtig begrenzen

Die Stop-Verkaufsorder hilft Ihnen dabei, Gewinne abzusichern oder Verluste zu begrenzen. Mit dem Stop-Preis geben Sie eine Kursschwelle für den Verkauf Ihrer Position an. Sinkt der Aktienkurs auf den Stop-Preis, wird automatisch eine Market-Order übermittelt und Ihre Position zum nächsten ausführbaren Kurs glattgestellt.

Die Einkaufsmanager-Indizes: Ein Blick in die Zukunft?

Große Beachtung bei den Investoren finden auch die Einkaufsmanager-Indizes, die für jede wichtige Industrienation ermittelt werden. Allen voran steht der PMI, der „Purchasing Manager-Index“ der USA für das verarbeitende Gewerbe, siehe den folgenden Chart. Davon abgesehen, dass der da ebenso ermittelte Index für die Dienstleistungsbranche eigentlich wichtiger wäre, weil der Dienstleistungssektor deutlich mehr zum Bruttoinlandsprodukt beiträgt, haben diese Indizes den Ruf, in die Zukunft blicken zu können, also „Frühindikatoren“ zu sein. Wieso?

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Weil die Einkaufsmanager ganz vorne in der Produktionskette stehen. Sie müssen auf Veränderungen der Auftragslage sofort reagieren. Ihre Einschätzungen sind daher weit wichtiger als z.B. die von Personalabteilungen. Denn man entlässt keine Arbeitnehmer oder stellt binnen Tagen oder Wochen neue ein, nur, weil sich die Aufträge kurzfristig verbessern oder verschlechtern. Der Wareneinkauf hingegen muss sofort reagieren. Aber:

Nichtsdestotrotz sind die Einschätzungen dieser Einkaufsmanager subjektiv, können z.B. durch allgemeinen Optimismus oder Pessimismus im Unternehmen beeinflusst sein. Darüber hinaus müssen Veränderungen im Einkauf nicht sechs Monate vorhalten, wie man es ihnen zuschreibt. Und auch hier findet sich das Problem, dass es keine Differenzierung gibt, sondern nur „besser“, „schlechter“ oder „unverändert“ als Einschätzung möglich ist. Und „Unverändert“-Antworten werden einfach aus der Berechnung herausgenommen, was das Ganze immens verzerren kann.

Werte über 50 indizieren laut Lehrbuch, dass die Wirtschaft tendenziell wächst. Aber ein Wert von 55, der solides Wachstum suggeriert, kann sehr unterschiedlich zustande gekommen sein. So könnten z.B. 25 Prozent der Einkaufsmanager optimistisch sein, 15 Prozent sind negativ gestimmt und ganze 60 Prozent erwarten keine Veränderung. Käme da noch hinzu, dass die 25 Prozent, die Wachstum erwarten, nur ein kleines Wachstum sehen, wäre das alles, nur nicht bullisch. Aber: Das weiß man nicht, weil die Ausprägung der Erwartungen nicht erfasst wird. Da man die Nettodifferenz für den Index berechnet, käme dennoch ein starker Wert von 60 heraus, der aber die Realität nicht wiedergeben würde.

Wären 55 Prozent der Einkaufsmanager optimistisch, 45 eher negativ gestimmt und niemand „neutral“, würden die 55 Prozent zudem von einem immensen Wachstum ausgehen – es wäre erneut ein Wert von 60, der zu Buche stünde, bei einer aber weitaus positiveren Faktenlage. Das und den Umstand, dass die Einkaufsmanager ebenso subjektiv urteilen wie alle Befragten im Bereich der „weichen Daten“, sollte man im Hinterkopf behalten.

Das Verbrauchervertrauen: Ganz dünnes Eis und zugleich extrem wichtig

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Das US-Verbrauchervertrauen, siehe vorstehender Chart, hat zuletzt zwar einen Rückschlag erlitten, bewegt sich aber immer noch auf einem Level, das seit 2001 nicht mehr gesehen wurde. Allgemein unterstellt man dieser Indikation, dass sie den Optimismus der Bürger (ob in den USA oder anderswo, diesen Indikator gibt es ebenfalls in jedem börsenrelevanten Land) abbildet, damit eine Frühindikation für das Wachstum darstellt und so eine tadellose Entscheidungshilfe ist, ob man als Investor kaufen, verkaufen oder abwarten sollte. Ist das so?

Nein, das ist es nicht. Erstens, weil grundsätzlicher Optimismus und steigender Konsum, der das Wachstum befeuert, zweierlei sind. Zweitens, und das ist noch entscheidender, weil den da befragten Bürgern Fragen gestellt werden, die sie überhaupt nicht kompetent beantworten können. Was wird z.B. beim US-Verbrauchervertrauen gefragt? Es sind genau fünf Fragen:

  1. Wie beurteilen Sie die aktuelle konjunkturelle Entwicklung in Ihrer Region?
  2. Wie wird Ihrer Meinung nach die konjunkturelle Entwicklung Ihrer Region in sechs Monaten aussehen?
  3. Wie stellt sich der Arbeitsmarkt in Ihrer Region derzeit dar?
  4. Wie wird sich der Arbeitsmarkt in Ihrer Region in einem halben Jahr darstellen?
  5. Wie wird sich das Einkommen Ihrer Familie in den nächsten sechs Monaten entwickeln?

Da fragt man sich verblüfft, wie das ein Normalbürger beurteilen soll. Hinzu kommt: Auch hier gibt es, natürlich, nur die Antworten „besser“, „gleichbleibend“ und „schlechter“.

Eigentlich kann dieser Indikator also nichts taugen. Aber wenn wir uns den nächsten Chart ansehen, stellen wir verblüfft fest: Es wirkt, als würden er und der US-Aktienmarkt, hier der Dow Jones, extrem parallel laufen, abgesehen von kurzen Ausnahmen wie in den vergangenen zwei Monaten. Wie ist das möglich?

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Ganz einfach: Da der Aktienmarkt für die meisten US-Bürger ein Spiegel der Konjunktur ist und die Aktienanlage dort viel weiter verbreitet ist als beispielsweise in Deutschland, urteilen viele Befragte alleine deshalb, weil sie diese Fragen ja gar nicht tauglich beantworten können, so, wie es ihnen der Aktienmarkt „vorgibt“. Wenn der Dow Jones steigt, muss es ja Wachstum und mehr Jobs geben, sonst würde er nicht steigen.

Wir wissen aber, dass dem nicht so ist. Besonders fatal ist dabei, dass dieser vom Aktienmarkt so stark beeinflusste Index wiederum als Argument dient, dass der Aktienmarkt steigen muss, weil die Verbraucher so optimistisch sind. Steigt er, werden die Verbraucher noch optimistischer. Sie sehen:

Fazit: Soft Data nicht ignorieren, aber richtig einordnen!

Hier ziehen oder drücken sich zwei Aspekte gegenseitig, ohne dass das den meisten Anlegern bewusst ist. In Wahrheit ist die Aussagekraft des Verbrauchervertrauens ganz, ganz dünnes Eis. Vorsicht also beim Umgang mit „Soft Data“: Sie wirken richtungweisend, sind es aber nur sehr eingeschränkt. Aber!

Deswegen sollte man diese Daten nicht einfach ignorieren. Denn dadurch, dass derart viele Marktteilnehmer sie als Ultima Ratio ansehen, beeinflussen sie die Kurse durchaus. Man sollte sich nur immer darüber im Klaren sein, dass sie weitaus mehr Schein als Sein sind und damit einen Trend zwar beeinflussen können, ihn andererseits aber nicht mit einem solideren Fundament versehen!

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Hinweis: Charts mit MarketMaker pp4 erstellt


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