Jedes Jahr wiederholt sich ein Muster, das viele Anleger übersehen. Steuerlich motivierte Verkäufe drücken im Dezember die Kurse – und schaffen im Januar oft überraschende Comebacks.
Wie Anleger ihre Steuerlast senken – und Kurse verzerren
In der Finanzwelt gibt es ein Phänomen, das pünktlich zum Jahresende auftritt und oft konträr zur erhofften „Jahresendrallye“ verläuft: Das sogenannte Tax-Loss Selling (steueroptimierte Verkäufe).
Der Grund für den Ausverkauf schwacher Aktien im Dezember ist meist nicht fundamentaler, sondern steuerlicher Natur.
In vielen Steuersystemen (wie auch in Deutschland durch den Verlustverrechnungstopf) können realisierte Kursverluste mit realisierten Kursgewinnen verrechnet werden. Das senkt die gesamte Steuerlast des Anlegers für das laufende Jahr.
Diese Verkäufe führen dazu, dass Aktien, die ohnehin schon ein schlechtes Jahr hinter sich haben, im Dezember zusätzlichen Abgabedruck erleben. Der Kurs sinkt weiter, als es die fundamentale Lage eigentlich rechtfertigen würde.
Der „Januar-Effekt“
Da der Verkaufsdruck im Dezember künstlich ist – also nicht auf schlechten Geschäftszahlen, sondern auf Steueroptimierung basiert – fällt der Kurs oft unter einen aus Anlegersicht fairen Wert.
Sobald der Kalender auf den 1. Januar springt, fällt dieser Verkaufsdruck schlagartig weg. Oft kaufen dieselben Anleger, die im Dezember aus steuerlichen Gründen verkauft haben, ihre Positionen im Januar wieder zurück. Dies führt häufig zu einer überdurchschnittlichen Erholung dieser „Prügelknaben“ zu Beginn des neuen Jahres.
Spekulationen auf Turnarounds erfordern jedoch Fingerspitzengefühl, denn die meisten Aktien sind mit gutem Grund gefallen.
Man sollte vor allem darauf achten, dass es sich nicht um eine „Value Trap“ handelt. Die Gefahr dafür ist besonders hoch, wenn strukturelle Probleme vorliegen.
Optimaler Turnaround-Kandidat?
Im Idealfall handelt es sich um einen langfristigen Outperformer mit kurzfristigen Problemen. Auf Constellation Brands könnte diese Beschreibung zutreffen.
Das Unternehmen kann auf eine langjährige Erfolgsbilanz zurückblicken, hat aber in unregelmäßigen Abständen auch ein schwaches Jahr erlebt, auf das in jedem einzelnen Fall ein direkter Turnaround gelungen ist.
In den zurückliegenden zehn Jahren konnte der Umsatz von 6,55 auf 10,21 Mrd. USD erheblich gesteigert werden. In dieser Branche ist das ein deutlich überdurchschnittlich hohes Wachstumstempo.
Gleichzeitig hat sich die operative Marge von 27 auf 33 % verbessert. Die Zahl der ausstehenden Aktien wurde von 197 auf 181 Millionen Stück reduziert.
Das Ergebnis konnte in dieser Zeit von 5,43 auf 13,78 USD je Aktie gesteigert werden. Diese Erfolgsbilanz kann sich sehen lassen.
Hausgemachte Probleme?
Constellation Brands hat sich von einem regionalen Weinproduzenten zu einem der bedeutendsten Akteure im globalen Markt für alkoholische Getränke entwickelt.
Das Unternehmen ist heute ein Beispiel für eine fokussierte Wachstumsstrategie, die konsequent auf Premiumisierung und die Dominanz in wachstumsstarken Kategorien setzt. Wer die Dynamik dieses Konzerns verstehen will, muss zunächst seine einzigartige Position im US-Biermarkt betrachten.
Im Gegensatz zu vielen Mitbewerbern konzentriert sich Constellation Brands fast ausschließlich auf den US-Markt und nutzt dabei eine Lizenzvereinbarung, die dem Unternehmen die exklusiven Rechte für mexikanische Biermarken wie Modelo Especial, Corona Extra und Pacifico sichert.
Diese Konzentration auf mexikanische Importbiere hat sich als geschickter Schachzug erwiesen, da die demografische Entwicklung in den USA und das veränderte Konsumverhalten der Amerikaner diesen Marken in die Hände spielen.
Sie ahnen es vielleicht schon …
Modelo Especial hat im Jahr 2023 den langjährigen Spitzenreiter Bud Light als meistverkauftes Bier in den Vereinigten Staaten entthront und hält diese Führungsposition bis heute.
Sie ahnen vielleicht schon, dass das aktuell Probleme macht. Da Constellation Brands sein gesamtes Bier-Portfolio für den amerikanischen Markt in mexikanischen Brauereien produziert, treffen die Importzölle in Höhe von 25 % das Unternehmen hart.
Das Management ist dieser Herausforderung durch eine Kombination aus selektiven Preiserhöhungen und einer strikten Optimierung der Lieferketten begegnet.
Bedenkt man, dass die Bierimporte von Constellation mit Zöllen in Höhe von 25 % belegt wurden, ist es bemerkenswert, wie gut sich das Geschäft gehalten hat.
Selbstverständlich waren die Absatzmengen und die Profitabilität rückläufig, allerdings hält sich beides in Grenzen. Das ist umso bemerkenswerter, da der Alkoholmarkt derzeit ohnehin schwächelt.
Viele Konkurrenten haben größere Gewinneinbrüche verzeichnet, obwohl sie nur unter der allgemeinen Schwäche des Sektors leiden und nicht oder nur geringfügig durch Zölle belastet werden.
Erstaunlich robust
Constellation ist selbst unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen profitabel. Auch jetzt liegt die operative Marge bei über 30 %.
Darüber hinaus gewinnt Constellation weiterhin Marktanteile, interessanterweise im Bier-Geschäft. Das Segment verzeichnete im Jahresverlauf ein Wachstum, das rund 1 % über dem Alkoholmarkt lag und 2 % über dem Biermarkt.
Gleichzeitig gewinnt das Unternehmen auch bei alkoholfreien Varianten an Bedeutung. Corona Non Alcoholic ist die am zweitschnellsten wachsende Marke in diesem Segment.
All das spricht für die Resilienz des Unternehmens. Ein Blick in die Geschichte stützt die These, dass Constellation die Probleme zeitnah überwinden wird. In den zurückliegenden 20 Jahren war der Gewinn bereits dreimal rückläufig, und in allen drei Fällen ging es nach nur einem Jahr wieder aufwärts.
Die Prognostiker scheinen das ähnlich zu sehen. Den Konsensschätzungen zufolge soll das Ergebnis im kommenden Geschäftsjahr um 9 % von 11,50 auf 12,50 USD je Aktie steigen.
Ausblick und Bewertung
Constellation kommt demnach auf eine forward P/E von 12,3. Sollte das Ergebnis im kommenden Geschäftsjahr wie erwartet steigen, würde die P/E dadurch auf 11,3 sinken.
Langjährig pendelt die P/E von Constellation um einen Wert von 18.
Den Cashflow verwendet der Vorstand wie gewohnt vor allem für Aktienrückkäufe und die Dividende. Im Jahresverlauf wurden eigene Aktien mit einem Gesamtwert von 604 Mio. USD eingezogen, wodurch die Zahl der ausstehenden Papiere von 181 auf 176 Millionen Stück reduziert wurde.
Die Dividende wurde auf 1,02 USD je Aktie und Quartal erhöht, was einer soliden Dividendenrendite in Höhe von 2,9 % entspricht.

Gestern ist die Aktie plötzlich gestiegen. Der steuerlich begründete Abgabedruck scheint sein Ende gefunden zu haben und die Bullen scheinen ihre Chance zu wittern.
Gelingt jetzt ein Anstieg über die Widerstandszone bei 146 – 150 USD, käme es zu einem prozyklischen Kaufsignal mit einem möglichen Kursziel bei 160 USD. Darüber würde sich das Chartbild aufhellen, was eine Erholung in Richtung 176 oder 190 USD ermöglichen würde.
Fällt die Aktie hingegen unter das bisherige Jahrestief, haben die Bullen ihre Chance vertan.
In diesem Sinne: Ich wünsche Ihnen, Ihrer Familie und allen Kunden und Lesern von LYNX besinnliche Tage, einen guten Rutsch und vor allem Gesundheit.
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