Noch vor wenigen Jahren schien Nike nahezu unangreifbar. Heute kämpft der Konzern mit sinkenden Gewinnen, wachsender Konkurrenz und strategischen Altlasten.
Gewinne brechen ein, Konkurrenz wächst
Es gab Zeiten, in denen galt Nike als sichere Bank. Das Geschäft lief geradezu von allein und die Schuhe des Konzerns waren geradezu allgegenwärtig.
Doch das ist längst nicht mehr der Fall. Erste Anzeichen eines Problems waren im Geschäftsjahr 2023 (das Geschäftsjahr von Nike läuft bis Ende Mai) erkennbar, als der Gewinn um 14 % einbrach.
Anschließend erholte sich das Geschäft wieder, doch im letzten Geschäftsjahr kam es dann knüppeldick.
Das Ergebnis brach nahezu um die Hälfte, auf den niedrigsten Stand seit 2016, ein. Die Probleme betreffen aber nicht nur Nike. Andere etablierte Anbieter wie Adidas oder Puma kamen in den letzten Jahren ebenfalls in schwieriges Fahrwasser – oder stecken noch mitten in der Krise.
In den letzten Jahren hat sich das Wettbewerbsumfeld drastisch verändert. Während Nike über Jahrzehnte hinweg den Massenmarkt dominierte, haben spezialisierte Marken wie On Holding, Hoka und Lululemon den Giganten in die Zange genommen. Diese agilen Herausforderer besetzen lukrative Nischen, beispielsweise im Bereich Sportbekleidung oder Performance-Running.
Der Konkurrenz Tür und Tor geöffnet
Ein wesentlicher Teil der Probleme ist hausgemacht und lässt sich auf die Vertriebsstrategie der vergangenen Jahre zurückführen. Unter der vorherigen Führung konzentrierte sich Nike massiv auf das Direct-to-Consumer-Geschäft.
Diese Strategie war auf den ersten Blick komplett plausibel, denn durch den Direktverkauf steigen natürlich die Margen.
Dabei kappte Nike jedoch viele Beziehungen zu traditionellen Großhandelspartnern. In der Realität führte dies jedoch dazu, dass Nike-Produkte in vielen Regalen fehlten, was Raum für die Konkurrenz öffnete – Raum, den die Konkurrenz sonst nie bekommen hätte.
Gleichzeitig blieb das Wachstum im digitalen Direktvertrieb hinter den hohen Erwartungen zurück. Vor allem bei Schuhen scheinen die Verbraucher einen Einkauf im Geschäft vorzuziehen.
Besser als erwartet…
Der neue CEO Elliott Hill, der den Posten im Oktober 2024 übernommen hat, sieht sich nun mit der Herkulesaufgabe konfrontiert, diese Strategie zu korrigieren und die Marke wieder in den Fokus der Sportler und Fachhändler zu rücken.
Bisher scheinbar ohne Erfolg. Das jüngste Quartal ist zwar besser ausgefallen als angenommen, die Probleme scheinen aber längst nicht vom Tisch zu sein.
Der Gewinn lag in Q2 mit 0,53 USD je Aktie weit über den Erwartungen von 0,38 USD. Mit einem Umsatz von 12,4 Mrd. USD wurden die Analystenschätzungen von 12,1 Mrd. USD ebenfalls übertroffen.
Auf den ersten Blick ist das nicht schlecht, aber aus meiner Sicht ist es wichtiger, in welche Richtung sich die Dinge entwickeln und nicht, ob arbiträre Erwartungen erfüllt wurden.
Das Großhandelsgeschäft verzeichnete ein Wachstum von 8 %, das Direct-to-Consumer-Geschäft war jedoch um 8 % rückläufig.
Besonders alarmierend ist die Entwicklung im Großraum China, der einst als wichtigster Wachstumsmotor galt. Hier verzeichnete Nike einen Umsatzrückgang von 17 Prozent auf 1,4 Mrd. USD.
Die Bruttomarge verschlechterte sich um 300 Basispunkte auf 40,6 %. Unter dem Strich stagnierte der Umsatz und der Gewinn war um 32 % rückläufig.
…aber noch keine Trendwende
Ich möchte die Lage aber auch nicht unnötig schlechtreden. Mit einem Quartalsergebnis von 0,53 USD je Aktie wäre man bei Nike, hochgerechnet auf das Jahr, derzeit sicherlich zufrieden.
Den aktuellen Schätzungen zufolge wird das Ergebnis im laufenden Geschäftsjahr bei 1,60 USD je Aktie liegen.
Darüber hinaus verweist der Vorstand darauf, dass die Bruttomarge ohne die negativen Zoll-Auswirkungen sogar gestiegen wäre.
Das wesentlich größere Problem ist der Ausblick. Nike scheint die Talsohle noch nicht durchschritten zu haben.
Für das dritte Quartal stellt Nike einen Umsatzrückgang im niedrigen einstelligen Prozentbereich in Aussicht. Gleichzeitig soll die Bruttomarge voraussichtlich um 175 bis 225 Basispunkte sinken, also um etwa 2 %.
Auch an dieser Stelle wird wieder auf die Auswirkungen der Zölle in Nordamerika verwiesen, die Nike mit 315 Basispunkten beziffert.
Im kommenden Geschäftsjahr, das allerdings erst im Juni 2026 beginnt, soll endlich der geschäftliche Turnaround erfolgen. Derzeit sehen die Konsensschätzungen einen Gewinnsprung um 50 % auf 2,50 USD je Aktie vor.
Es wäre gut möglich, dass das geschieht. Wenn Krisen überwunden werden, sind größere Gewinnsprünge keine Seltenheit. Mit einem Gewinn von 2,40 USD je Aktie wäre Nike noch immer weit von einem Rekordergebnis entfernt.
Anleger sind aus meiner Sicht aber gut beraten, erst einmal abzuwarten, ob der Turnaround auch wirklich gelingt. Sollten die ersten starken Quartale hereinflattern und sich ein geschäftlicher Aufwärtstrend abzeichnen, hat man noch Zeit genug.

Fällt die Aktie per Wochenschluss unter 60 USD, kommt es zu einem prozyklischen Verkaufssignal mit möglichen Kurszielen bei 54 und 50 USD. Wird auch die Unterstützung bei 40 USD durchbrochen, trübt sich das Chartbild weiter ein.
Gelingt hingegen eine Stabilisierung über 60 USD, könnte das eine Erholung in Richtung 67 – 70 USD einleiten. Wirklich aufhellen würde sich das Chartbild mit Überwinden des Abwärtstrends nahe 70 USD.


