Salzgitter senkt die Prognose und erwartet einen höheren Verlust, doch das ist wohl das kleinste Problem. Der Countdown läuft.
Was feiert die Börse da eigentlich?
Salzgitter hat Quartalszahlen vorgelegt und die Börse feiert mit einem Kurssprung von 6,5 %. Endlich die Trendwende?
Die Börse reagiert begeistert auf die vorgelegten Quartalszahlen. Doch bei näherem Hinsehen stellt sich die Frage, was hier eigentlich gefeiert wird. Zwar hat der Stahlkonzern seine Verluste im Vergleich zum Vorjahr verringert, doch die Bilanz bleibt tiefrot.
Das Vorsteuerergebnis (EBT) für die ersten neun Monate liegt bei minus 72,7 Mio. Euro nach minus 141,2 Mio. Euro im Vorjahr.
Das Ergebnis hat sich auf Jahressicht zwar verbessert, lag aber dennoch bei -0,93 Euro je Aktie.
Der Umsatz ist auf Jahressicht von 7,73 auf 6,87 Mrd. Euro eingebrochen. Der Rückgang erstreckt sich über alle Geschäftsbereiche, der Umsatz war in den Bereichen Stahlerzeugung, Stahlverarbeitung, Handel, Technologie und bei den Beteiligungen rückläufig.
Die stille Erosion
Das Eigenkapital war rückläufig, das Fremdkapital ist weiter gestiegen. Die Nettofinanzposition lag bei -810,9 Mio. Euro.
Die Umsatzprognose für das laufende Geschäftsjahr wurde von 9,0–9,5 Mrd. Euro auf „leicht oberhalb von 9,0 Mrd. Euro“ gesenkt.
Der erwartete Verlust wurde von „zwischen -100 Mio. € und 0 Mio. €“ auf „zwischen -100 Mio. € und -50 Mio. €“ angepasst.
Im Klartext bedeutet das, dass bisher noch die Hoffnung auf eine schwarze Null bestand, jetzt rechnet man mit einem Verlust von mindestens 50 Mio. Euro – vermutlich werden es aber eher 75 Mio. Euro.
Die schwachen Ergebnisse sind weniger ein Spiegel interner Fehler als vielmehr Ausdruck der schwierigen Rahmenbedingungen in Deutschland. Die Bürokratie lähmt, Energiepreise bleiben untragbar hoch, und die regulatorischen Auflagen sind im internationalen Vergleich kaum zu bewältigen. Wie soll ein Stahlhersteller unter diesen Umständen im globalen Wettbewerb bestehen?
ETS II – das Gesetz, das den Stahl brechen könnte
Auch der Blick in die Zukunft lässt wenig Hoffnung zu. Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen, insbesondere der deutschen Stahlindustrie, schwindet weiter. Steigende CO₂-Preise und immer schärfere Klimavorgaben machen den Standort zunehmend unattraktiv. Der kommende Emissionshandel ETS II, der ab 2027 gelten soll, könnte für viele Betriebe zum Wendepunkt werden – oder zum Todesstoß.
Merken Sie sich meine Worte. Salzgitter ist angezählt, nicht aus eigenem Verschulden, sondern politisch.
Vielleicht fehlt mir die Kreativität, aber ich sehe nicht, wie Salzgitter die Herausforderungen durch ETS II meistern soll, ohne massiven Schaden davonzutragen. Schwarze Zahlen? Sehr unwahrscheinlich.
Wie lange hält der Bürger das noch aus?
ETS II, Teil des europäischen „Fit for 55“-Pakets, wird den Preis für den Ausstoß von Kohlendioxid voraussichtlich drastisch erhöhen – von heute rund 80 Euro auf bis zu 200 Euro pro Tonne.
Das wird nicht nur Stahlwerke treffen, sondern die gesamte Wirtschaft. Ein CO₂-Preis in dieser Höhe würde etwa den Liter Benzin um 32 Cent verteuern, zuzüglich Mehrwertsteuer. Damit steigen nicht nur die Kosten für Mobilität, sondern auch für Transport, Produktion und Heizen.
Kurz gesagt: Alles wird teurer – für Unternehmen wie für Verbraucher.
Diese Entwicklung gefährdet nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch den Klimaschutz selbst. Wenn deutsche Industriebetriebe ihre Produktion ins Ausland verlagern, entstehen nicht weniger Emissionen, sondern mehr – nur eben woanders.
Wir verlieren Industrie, Wohlstand und Einfluss und schaden damit obendrein dem Klima.

Der Kursanstieg der Salzgitter-Aktie ist weniger Ausdruck einer echten Trendwende, sondern vielmehr ein kurzer Moment der Erleichterung. Die fundamentalen Probleme sind nicht gelöst – vielmehr dürfte das dicke Ende erst noch kommen.
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