Ein dramatischer Kurssturz innerhalb weniger Tage schockierte Anleger und Beobachter gleichermaßen. Doch wie ernst ist die Lage?
Von einem Standort zu 10 Millionen Kunden
Redcare Pharmacy, früher bekannt als Shop Apotheke, hat sich in den vergangenen Jahren als eine der führenden Kräfte im europäischen Online-Apothekenmarkt etabliert und eine beeindruckende Erfolgsgeschichte geschrieben.
Was vor über zwei Jahrzehnten als visionäre Idee eines jungen Pharmazeuten in einer stationären Apotheke in Köln begann, hat sich mittlerweile zu einem börsennotierten Unternehmen entwickelt, das heute mehr als 10 Millionen Kunden in sieben Ländern Europas bedient.
Diese Transformation von einem lokalen Familienunternehmen hin zu einem digitalen Schwergewicht im Gesundheitssektor zeigt, wie visionäres Denken und strategische Planung ein Unternehmen nach vorne bringen können.
Das Kerngeschäft von Redcare Pharmacy umfasst den Versandhandel mit rezeptfreien und verschreibungspflichtigen Medikamenten, wobei das Unternehmen sein Angebot weit über die klassische Apotheke hinaus erweitert hat. Neben Medikamenten bietet Redcare eine breite Palette an Gesundheits- und Schönheitsprodukten sowie Nahrungsergänzungsmitteln an, die das Sortiment abrunden und die Bedürfnisse einer modernen, gesundheitsbewussten Kundschaft ansprechen.
Wachstum als strategischer Fokus
Diese Diversifikation hat dazu beigetragen, Redcare als One-Stop-Shop für Gesundheitsprodukte zu positionieren, was die Attraktivität für Verbraucher in einem zunehmend wettbewerbsintensiven Markt steigert.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: In den letzten fünf Jahren hat Redcare Pharmacy seinen Umsatz von 968 Mio. auf 2,37 Mrd. Euro mehr als verdoppelt. Dieses rasante Wachstum ist das Ergebnis einer ambitionierten Expansionsstrategie, die darauf abzielt, Marktanteile in Europa zu sichern und die Reichweite des Unternehmens kontinuierlich zu vergrößern.
Neue Märkte, verbesserte Logistikprozesse und Investitionen in digitale Infrastruktur haben Redcare zu einem Vorreiter in der Branche gemacht. Doch dieses Wachstum hat seinen Preis: Das Unternehmen ist bisher nicht profitabel.
Ein Funke reicht aus
Der Aktienmarkt ist ein sensibles System – oft sensibler, als es vielen bewusst ist. Ein einziger Kommentar kann ausreichen, um den Kurs eines Unternehmens massiv einbrechen zu lassen. Ein aktuelles Beispiel zeigt, wie dramatisch sich solche Aussagen auswirken können: Redcare Pharmacy stürzte nach einem Analystenkommentar von Kepler Cheuvreux von 116 auf 86 Euro – ein Verlust von fast 26 Prozent innerhalb kürzester Zeit.
Der Auslöser war ein Kommentar von Sven Sauer, Analyst bei Kepler Cheuvreux. In seiner Einschätzung sprach er von einem “kritischen, strukturellen Risiko” für Onlineapotheken durch die anstehende Umstellung im deutschen E-Rezept-System.
Ab April 2026 wird die sogenannte GesundheitsID die bisherige Zugangsmethode CardLink ersetzen. Das Problem: Die Nutzung dieser digitalen Identität ist freiwillig – und damit ungewiss. Sauer warnte, dass Patienten ohne GesundheitsID de facto vom E-Rezept ausgeschlossen sein könnten.
Insbesondere für Redcare, dessen Geschäftsmodell stark auf das E-Rezept angewiesen ist, sei das ein massives Risiko. Sollte ein signifikanter Teil der Kundschaft aus technischen oder regulatorischen Gründen wegfallen, wäre das nicht nur ein Umsatzproblem – es könnte die komplette Wachstumsstory infrage stellen.
Panik
Wenn man das liest, versteht man die Panik, die diese Einschätzung ausgelöst hat. Dabei sollte man jedoch niemals vergessen, dass es sich um eine Einzelmeinung handelt.
Darüber hinaus entfällt nur etwa ein Fünftel der Umsätze auf das Geschäft mit rezeptpflichtigen Medikamenten. Dieses Geschäft wird durch die Umstellung auf GesundheitsID sicherlich nicht kollabieren, wenngleich die Umstellung auch eine gewisse Reibung erzeugen könnte.
Ebenso gut wäre es aber auch denkbar, dass das neue System dazu führt, dass mehr Menschen ihre Medikamente online bestellen. Wer kann das schon sicher vorhersagen? Niemand.
Hinzu kommt der Zeitpunkt, zu dem die Äußerungen getätigt wurde. Die GesundheitsID ist Teil der digitalen Gesundheitsstrategie der letzten Bundesregierung und wurde offiziell mit dem Digital-Gesetz (DigiG) auf den Weg gebracht, das im Oktober 2023 vom Bundestag beschlossen wurde und im März 2024 in Kraft getreten ist.
Das Thema ist also alles andere als neu. Das “kritische, strukturelle Risiko” war bereits seit Monaten bekannt. Warum man sich im Juni 2025 plötzlich dazu veranlasst gefühlt hat, auf dieses „Risiko“ hinzuweisen, auf diese Frage werden wir wohl niemals eine Antwort erhalten.
Zum richtigen Zeitpunkt
Der Hinweis das “kritische, strukturellen Risiko” kam jedenfalls zu einem sehr geschickten Zeitpunkt, zumindest aus Sicht der Bären.
Der Chart war bereits angeschlagen und der Kurs lag nur knapp über der wichtigen Unterstützung bei 112 Euro und es war anzunehmen, dass darunter etliche Stopps liegen würden.
Hätte man den Kurs absichtlich unter Druck bringen wollen, was ich natürlich niemals unterstellen würde, hätte man es genau so getan.

Der Kurs stürzte jedenfalls bis zur Unterstützung bei 87 Euro ab und es sieht ganz danach aus, dass dort fleißig gekauft wurde. Die Chartmuster sprechen dafür, dass eine oder mehrere größere Akteure die Aktie auf diesem Niveau akkumuliert haben.
Ausgehend von dieser Basis kommt es jetzt wieder zu einem Aufwärtsimpuls. Über 95 Euro wäre der Weg in Richtung 100 Euro frei. Gelingt ein nachhaltiger Anstieg über 100 Euro, kommt es zu einem prozyklischen Kaufsignal mit einem möglichen Kursziel bei 113 – 116 Euro.
Redcare Pharmacy ist zwar noch nicht profitabel, doch aus fundamentaler Sicht lassen sich dennoch Argumente für steigende Kurse finden.
Seit dem Börsengang lag das KUV durchschnittlich bei 1,22 und aktuell bei etwa 0,70 – das entspricht in etwa demselben Niveau wie am Tief von 2022 und 2019. Darüber hinaus soll 2026 endlich der Sprung in die Profitabilität gelingen.
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