Ein nahezu unsichtbarer Akteur rückt plötzlich ins Rampenlicht der Tech-Giganten. Amazon, Google und Microsoft setzen auf Marvell.
ASICs: Die neue Geheimwaffe
Marvell Technology ist ein Unternehmen, das vielen Anlegern bislang eher als mittelgroßer Halbleiterhersteller bekannt war, doch diese Wahrnehmung wird dem tatsächlichen Potenzial des Unternehmens nicht länger gerecht.
Marvell ist einer der weltweit führenden Hersteller von Halbleiterchips, vor allem ASICs.
Application-Specific Integrated Circuits (ASICs) sind speziell entwickelte Halbleiterchips, die für eine bestimmte Funktion oder Anwendung optimiert sind. Im Gegensatz zu universellen Prozessoren wie CPUs oder GPUs, die für eine Vielzahl von Aufgaben ausgelegt sind, werden ASICs maßgeschneidert, um eine spezifische Aufgabe mit maximaler Effizienz auszuführen.
Bisher haben ASICs eine untergeordnete Rolle gespielt, doch das hat sich spätestens durch KI geändert.
Diese Spezialisierung führt dazu, dass ASICs weniger Strom verbrauchen, schneller arbeiten und kompakter sind als universelle Chips, die für eine breite Palette von Aufgaben ausgelegt sind.
Die Entwicklung eines ASIC ist ein komplexer und ressourcenintensiver Prozess. Er umfasst die Definition der spezifischen Anforderungen, die Entwicklung des Designs, die Simulation und Validierung sowie die Produktion in einer Halbleiterfabrik (Foundry).
Vom Spezialauftrag zum Milliardenmarkt
Hyperscaler, also die großen Technologieunternehmen wie Amazon, Google, Microsoft und Meta, betreiben riesige Rechenzentren, die enorme Mengen an Daten verarbeiten, insbesondere für KI-Anwendungen wie maschinelles Lernen, Sprachmodelle oder Bilderkennung.
Diese Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre Rechenleistung zu maximieren, während sie gleichzeitig die Kosten und den Energieverbrauch minimieren. ASICs bieten hier eine ideale Lösung, da sie speziell auf die Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens zugeschnitten werden können.
Die Entwicklung eines ASIC ist technisch anspruchsvoll und erfordert spezialisierte Expertise, die nur wenige Unternehmen weltweit bieten können. Hyperscaler wie Amazon oder Microsoft verfügen zwar über beträchtliche Ressourcen, aber oft fehlt ihnen das Know-how oder die Infrastruktur, um hochmoderne Chips komplett eigenständig zu entwickeln.
An dieser Stelle kommt Marvell ins Spiel.
Kooperation mit Amazon, Google und Microsoft
Marvell entwickelt ASICs für Amazons KI-Beschleuniger, darunter den Trainium2-Chip für das Training von KI-Modellen und den AWS-Inferentia3-Chip für KI-Inferenz, die 2025 an Fahrt gewinnen werden.
Marvell unterstützt Google bei der Entwicklung von maßgeschneiderten CPUs, die bereits in Produktion gehen und in den kommenden Jahren weiter skalieren werden.
Marvell hat kürzlich einen bedeutenden Auftrag von Microsoft gewonnen, der voraussichtlich größer ist als die Projekte mit Amazon und Google zusammen. Dieser Chip, basierend auf 3-Nanometer-Technologie und HBM4-Speicher, wird 2025 und 2026 stark ausgebaut, um Microsofts Rückstand im Bereich maßgeschneiderter KI-Chips aufzuholen.
Darüber hinaus arbeitet Marvell mit zwei bis vier weiteren großen, nicht offengelegten Hyperscalern zusammen, deren Projekte in den Jahren 2025 bis 2026 starten und erhebliches Wachstumspotenzial bieten.
Im Klartext bedeutet das, dass alle oder nahezu alle Hyperscaler eine Kooperation mit Marvell eingegangen sind, um Chips zu entwickeln.
Die ersten Resultate dieser Zusammenarbeit sind in der zweiten Jahreshälfte 2024 auf den Markt gekommen, doch das ist erst der Anfang.
Die Entwicklung von Chips kann Jahre in Anspruch nehmen. Die Chips (Maia), die man für Microsoft entwickelt, dürften beispielsweise erst 2026 auf den Markt kommen und das Wachstum befeuern.
Vom Höhenflug zum Absturz
Daher ist die Aktie zeitweise zu einem Höhenflug übergegangen, in den letzten Wochen wurde Marvell wieder massiv abverkauft.
Es wäre gut möglich, dass der Markt dabei etwas übersieht.
Branchentrends deuten darauf hin, dass der Markt für maßgeschneiderte ASICs in den nächsten drei bis fünf Jahren auf 60 bis 80 Milliarden US-Dollar wachsen wird.
Marvell und Broadcom bilden in diesem Markt ein Duopol, da sie die einzigen Unternehmen sind, die die notwendige Expertise und das geistige Eigentum besitzen, um Chips auf dem neuesten Stand der Technik zu entwickeln.
Marvells ASIC-Geschäft, das derzeit weniger als 1 Mrd. USD Umsatz generiert, könnte in den nächsten Jahren mehr als verzehnfachen, angetrieben durch die bereits bekannten Projekte und neue Aufträge.
Sollte das geschehen, würde sich der Konzernumsatz dadurch verdreifachen.
Ausblick und Bewertung
Die Konsensschätzungen schlagen in eine ähnliche Kerbe. Für das laufende Geschäftsjahr wird ein Umsatzsprung von 39 % und ein Gewinnsprung um 78 % erwartet.
Im kommenden Jahr sollen Umsatz und Gewinn ebenfalls um mehr als 20 % zulegen.
Am 29. Mai legt das Unternehmen Quartalszahlen vor (das erste Quartal läuft bei Marvell bis Ende April), dann werden wir sehen, ob die hochgesteckten Ziele realistisch sind.
Sollten die Konsensschätzungen richtig sein, kommt Marvell auf eine forward P/E von 21,8.
Marvell Technology ist, wie in der Branche üblich, fabless. Das Unternehmen übernimmt vor allem das Design und die Entwicklung von Halbleiterchips, die eigentliche Fertigung ist an spezialisierte Halbleiterfabriken (Foundries) ausgelagert. Daher ist man anfällig für mögliche Zölle, was auch der Hauptgrund für den Abverkauf darstellen dürfte.

Marvell ist übergeordnet klar bullisch, in Anbetracht der hohen Volatilität aber nichts für schwache Nerven. Gelingt ein Ausbruch über 66 USD, kommt es zu einem prozyklischen Kaufsignal mit möglichen Kurszielen bei 76-78 und 90 USD.
Fällt die Aktie jedoch unter 60 USD, muss mit einem erneuten Rücksetzer in Richtung 50 USD gerechnet werden.
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