TeamViewer hat in den letzten Jahren einiges falsch gemacht – doch die Zahlen erzählen inzwischen eine neue Geschichte.
Vom Börsenliebling zur Depotleiche
Teamviewer, einst ein strahlender Stern am Firmament der deutschen Börsenlandschaft, ist heute nur noch ein Schatten.
Das Unternehmen hat das Vertrauen der Anleger mit einem kostspieligen Werbedeal nachhaltig beschädigt.
Ein fragwürdiger und sehr großer Zukauf im letzten Jahr dürfte sicherlich auch nicht vertrauensbildend gewesen sein:
TeamViewer auf riskantem Kurs: 720-Millionen-Übernahme
Jedem erfahrenen Anleger ist bewusst, welche Gefahren große Übernahmen mit sich bringen. Der Zukauf hat in etwa das Sechsfache des Jahresgewinns von Teamviewer. In Anbetracht dieser Größenordnung steht viel auf dem Spiel.
Für viele ist die Aktie zur Depotleiche geworden, andere haben die Reißleine gezogen und möchte am liebsten nicht mehr an Teamviewer erinnert werden.
Der Kursverlauf dürfte ebenfalls kaum jemanden animieren, sich mit der Aktie zu beschäftigen. Vielleicht wird dabei jedoch wirtschaftliche Fortschritte übersehen? Vielleicht hat sich die Übernahme von 1E inzwischen als Glücksgriff erwiesen? Diese Frage werden wir in diesem Artikel erörtern.
Geschäftsmodell: Vom Freemium-Ansatz zur Abo-Strategie
Das Herzstück des Geschäftsmodells von TeamViewer ist sein Freemium-Ansatz. Seit der Gründung im Jahr 2005 bietet das Unternehmen privaten Nutzern eine kostenlose Version seiner Software an, während Unternehmen eine kostenpflichtige Lizenz erwerben müssen.
Diese Strategie hat TeamViewer ermöglicht, eine breite Nutzerbasis aufzubauen, die als Sprungbrett für die Gewinnung zahlender Geschäftskunden dient. Der Großteil der Einnahmen stammt jedoch aus dem Unternehmenssegment, wo TeamViewer auf langfristige Kundenbeziehungen setzt.
In den letzten Jahren hat das Unternehmen sein Modell weiterentwickelt und ist von einem traditionellen Lizenzverkaufsmodell zu einem Abonnementmodell übergegangen. Dieser Wandel entspricht den aktuellen Trends in der Softwarebranche und sichert TeamViewer regelmäßige, vorhersehbare Einnahmen.
Wichtigste Produkte
Die wichtigsten Produkte sind TeamViewer Remote, TeamViewer Tensor, TeamViewer Frontline und TeamViewer IoT.
TeamViewer Remots ist das eindeutige Flaggschiff und ermöglicht Fernzugriffe und technischen Support für Computer und mobile Geräte.
TeamViewer Tensor ist eine Cloud-basierte Plattform, die speziell für Unternehmen entwickelt wurde und ein umfassendes Framework für IT-Management bietet. TeamViewer Frontline ist eine Augmented-Reality-Lösung, die in der Industrie eingesetzt wird, etwa für Wartung, Reparatur oder Schulungen, und Arbeitsprozesse effizienter gestaltet.
Mit TeamViewer IoT können vernetzte Geräte gesteuert und verwaltet werden.
Diese Produkte sind vielseitig einsetzbar und helfen Unternehmen, ihre digitalen Prozesse zu optimieren.
Die Ausrichtung auf Industrie 4.0 und innovative Technologien wie Augmented Reality zeigen, dass TeamViewer über den klassischen Fernzugriff hinausdenkt. Ob das Ende Früchte tragen wird, muss sich noch zeigen. Stehenzubleiben und neue Trends zu ignorieren ist aber sicherlich keine Alternative.
Stimmungstief trotz operativer Erfolge
Auf geschäftlicher Ebene scheint sich einiges getan zu haben, seitdem die Aktie bei Anlegern in Ungnade gefallen ist.
Nachdem Teamviewer den kostspieligen Werbedeal als Trikotsponsor für Manchester United Geschichte beendet hat, ist der Gewinn im Geschäftsjahr 2023 von 0,37 auf 0,66 Euro je Aktie deutlich gestiegen.
Im Geschäftsjahr 2024 konnte das Unternehmen daran anknüpfen. Der Umsatz konnte um 7 % auf 671,4 Mio. Euro gesteigert werden.
Die wiederkehrenden Einnahmen (AAR, annual recurring revenue) verbesserten sich um 6 % auf 684,1 Mio. Euro.
Der operative Cashflow stieg um 8 % auf 249,2 Mio. Euro. Das EBIT konnte um 24 % auf 206,4 Mio. Euro gesteigert werden, die EBIT-Marge kletterte von 27 auf 31 %.
Der Gewinn kletterte von 0,66 auf 0,77 Euro je Aktie.
Die Net Retention Ratio verbesserte sich von 94 auf 100 %, was für eine zunehmende Kundenbindung spricht.
Teamviewer hat tatsächlich auf allen Ebenen Fortschritte erzielt.
Die erste eingangs gestellte Frage kann somit positiv beantwortet werden. Jetzt stellt sich nur noch die Frage, wie die Integration von 1E verläuft.
Erste Fortschritte – aber kein Wachstumswunder
Darauf liefert das laufende Geschäftsjahr eine Antwort. Teamviewer zufolge wurden „sehr gute Fortschritte“ bei der Integration von 1E erzielt. Die Marktresonanz auf die Einführung des DEX-Addons für SMB-Kunden sowie die neue Digital-Workplace-Plattform seit positiv.
In den ersten sechs Monaten konnte der Umsatz um 6 % auf 380,9 Mio. Euro gesteigert werden, obwohl das Enterprise-Geschäft ein Umsatzplus von 13 % verzeichnet hat.
Nüchtern betrachtet lässt sich also keine großartige Belebung des Geschäfts erkennen und die Entwicklung von 1E ist auch wenig beeindruckend. Im zweiten Quartal lag das Umsatzwachstum lediglich bei 2 % auf 17,0 Mio. Euro (in lokaler Währung lag das Plus bei 7 %).
Der Vorstand begründet das wie folgt: „Verzögerte Entscheidungsprozesse auf Kundenseite beeinflussten hingegen unser kürzlich erworbenes 1E-Geschäft, dessen Lösungen im US-Markt und im öffentlichen Sektor stark vertreten sind.“
Beim Konzerngewinn sieht die Entwicklung jedoch etwas besser aus. Das Ergebnis konnte im ersten Halbjahr um 10 % von 0,30 auf 0,33 Euro je Aktie gesteigert werden.
Fundamentale Bewertung: Günstig, aber risikobehaftet
Die Prognose für 2025 wurde bestätigt. Teamviewer stellt weiterhin ein Umsatzplus von 5,1 – 7,7 % auf 778 – 797 Mio. Euro in Aussicht und eine unveränderte bereinigte EBITDA-Marge in Aussicht.
Die annualisierten wiederkehrenden Umsätze sollten um 7,5 – 10,8 % auf 815 – 840 Mio. Euro steigen.
Die Vorzeichen sind demnach positiv. Der CFO hat bereits durch die Blume kommuniziert, dass die Prognose übertroffen werden könnte und für die zweite Jahreshälfte ein beschleunigtes Wachstum in Aussicht gestellt.
Die Kostenschätzungen, wonach das Ergebnis in diesem Jahr von 0,77 auf 0,88 Euro je Aktie steigen soll, sind daher plausibel.
Teamviewer kommt demnach auf ein KGVe von 10,5.
Auf den ersten Blick ist Teamviewer spottbillig, die Charakteristiken des Geschäftsmodells und die Wachstumsraten würden die Bewertung problemlos rechtfertigen, wären da nicht zwei Haken.
Das größte Problem an Teamviewer ist die fragwürdige Kapitalallokation der letzten Jahre. Wer kann schon sicher sein, dass nicht weitere Entscheidungen dieser Art getroffen werden?
Erst ein kostspieliger Werbedeal, dann eine gigantische Übernahme, die unmittelbar im zweiten Problem münden: Eine hohe Verschuldung.
Die Nettoverschuldung liegt derzeit bei 991,7 Mio. Euro, was fast zwei Drittel des Börsenwerts entspricht und mehr als dem vierfachen des freien Cashflows.

Aus fundamentaler Sicht findet man durchaus Gründe, die für einen Kauf sprechen. Wann das negative Sentiment jedoch drehen wird, ist unmöglich vorherzusagen. Dazu wären wohl herausragende Quartalszahlen, eine Erhöhung der Prognose oder klare Kaufsignal möglich – im bestenfalls alles.
Die Aktie könnte gerade ein Verkaufssignal unter 9,00 Euro abgewehrt haben. Das schürt die Hoffnung auf steigende Kurse. Mögliche Kursziele liegen bei 10,00 und 11,30 Euro.
Fällt die Aktie hingegen unter 9,00 Euro, wäre ein Rückfall auf das Allzeittief bei 7,67 Euro denkbar.
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