Die USA bombardieren iranische Atomanlagen, die NATO-Staaten heben ihr Ziel für Verteidigungsausgaben auf mindestens fünf Prozent ihres BIP an und die Hensoldt-Aktie fällt. Das wirkt unlogisch. Aber der Verkaufsdruck kam auch nicht von der Nachrichtenseite.
Analysten haben großen Einfluss auf die Meinungsbildung der Anleger. Aber sie haben es dabei nicht gerade leicht, zumindest, wenn sie es sich nicht gezielt leicht machen wollen. Dann würden sie in einer Hausse ein bestehendes Kursziel einfach kurz vor Erreichen ein Stück höher setzen. Immer dem Trend voraus, egal, ob der längst überzogen ist oder vernunftbasiert noch eine Menge Luft nach oben wäre.
Diejenigen, die ihre Aufgabe ernst nehmen, haben indes das Problem, dass taugliche Kursziele und Einstufungen bei Aktien eine Glaskugel erfordern würden, die nicht einmal das Unternehmen selbst zu haben glaubt. Denn da wird, meist in Zielspannen, vorsichtig bis zum Jahresende vorausgeschaut. Bisweilen, wenn die Lage zu unübersichtlich wird, werden Prognosen auch mal gestrichen. Von den Analysten aber erwarten die Anleger, dass sie wissen, was kommt und ihre Kursziele wie Leuchttürme funktionieren, die dafür sorgen, dass des Anlegers Geld immer wieder sicher in den Hafen kommt.
Aber wenn man so gut und ernsthaft wie möglich versucht, diesem Anliegen nachzukommen, kann es eben auch mal sein, dass man als Analyst die Warnflagge schwenkt und erklärt: So, das war es aus meiner Sicht, mehr ist hier vorerst nicht drin. So geschehen bei der Hensoldt-Aktie, für die die Citigroup zwar das Kursziel, das am 21. Mai auf 85 Euro gesetzt wurde, auf 88 Euro anhob, die Aktie jetzt aber, nachdem sie bereits deutlich darüber gelaufen war, nicht mehr mit „Neutral“, sondern mit „Verkaufen“ einstuft. Einfach, weil sich der Analyst dort sagt: Angesichts dessen, was wir erwarten können, ist ein Kurs von 88 Euro in Ordnung, alles darüber wäre zu hoch.
Und nun? Solche Statements hören und lesen die Anleger natürlich gar nicht gerne. Vor allem in Märkten, in denen man schon fast irrational bullisch unterwegs ist, werden „Verkaufen“-Empfehlungen gerne ignoriert. Auch hier, bei Hensoldt?
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Expertenmeinung: Zumindest war am Montag auffällig, dass die Aktie als unmittelbare Reaktion auf diese neue Einschätzung der Citigroup anfangs bis zu 6,9 Prozent nachgab. Dann aber genau fünf Cent über dem neuen Kursziel des Citigroup-Analysten wieder anzog und den Tag mit einem deutlich auf 2,1 Prozent reduzierten Verlust beendete. Wäre die Aktie von unten an das Ziel herangelaufen und hätte dann abgedreht, wäre das noch nachvollziehbar gewesen. Aber von oben ein niedriger liegendes Kursziel erreichen und das als Kaufargument werten … wer macht denn sowas?

Einige vielleicht, aber wohl kaum die Mehrheit. Aber während die morgendliche Reaktion auf die „Verkaufen“-Einstufung mit dieser direkt verbunden war, dürften es die Käufe Richtung Handelsende nicht gewesen sein. Denn wir sehen im Chart, dass die Hensoldt-Aktie am Tagestief genau auf der April-Aufwärtstrendlinie aufgesetzt hatte. Diese Linie war es, die Käufe generierte. Sie wollte man verteidigen, sie soll als Sprungbrett für den nächsten Rallye-Impuls dienen. Aber kann das etwas werden, wenn ein tieferes Kursziel ausgelobt wurde?
Das kann es deswegen, weil dieses neue Kursziel zwar nüchtern betrachtet realistisch wirkt, aber viele derjenigen, die hier in einer seit Jahresbeginn im Kurs verdreifachten Aktie auf Basis des Treibstoffs „Glaskugel“ auf der Hausse-Seite agieren, die Sache nicht nüchtern betrachten. Bärische Aussagen zu einer haussierenden Aktie werden eben gerne mal ignoriert. Und auch, wenn sogar das höchste der aktuellen Kursziele bei 110 Euro schon fast erreicht war: Über kurz oder lang wird irgendjemand ein höheres Ziel ausrufen und den Bullen damit neue Motivation geben. Ob fundiert oder nicht, ist da gerne mal egal. Aber:
Auch, wenn Hensoldt als ein Unternehmen aus dem Verteidigungssektor den Vorteil hat, durch die Anhebung der Verteidigungsausgaben auf Jahre hinaus wachsen zu können, ist es immer die Frage, wie viele Anleger, die gestern nicht bei den Rückkäufen dabei waren, der Ansicht zustimmen, dass das Ende der Fahnenstange bereits erreicht wurde. Diese Klientel könnte eine solche Erholung durchaus nutzen, um zu besseren Kursen als am Montagmorgen doch noch zu verkaufen.
Sollte diese bei gut 88 Euro verlaufende Linie doch noch auf Schlusskursbasis brechen, wäre das nächste Kursziel aus rein charttechnischer Sicht das März-Hoch bei 81 Euro.
Es wäre zwar eher überraschend, wenn die Aktie angesichts ihrer mittelfristigen Perspektiven da drunter gehen würde. Aber „eher überraschend“ und „unmöglich“ sind zwei Paar Schuhe. Daher sollte, wer hier aggressiv und kurzfristig Long agiert, diese gestern so sauber verteidigte April-Aufwärtstrendlinie nicht aus den Augen lassen!
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