Jede Berichtssaison hat ihre Eigenheiten, doch diese ist ganz besonders – ein statistischer Ausreißer, wie man ihn selten erlebt.
Ein Markt am Limit – warum die Berichtssaison so brutal ausfällt
In dieser Berichtssaison haben wir bereits etliche Crashs erlebt. Das wäre für sich genommen nichts Besonderes, denn das kommt immer vor.
Was diese Berichtssaison jedoch unterscheidet, ist der Umfang der Kursverluste und auf welcher Basis sie stattfinden.
Die durchschnittlichen Kursverluste nach enttäuschenden Quartalszahlen oder der Senkung von Prognosen sind auf den höchsten Stand seit Jahrzehnten gestiegen.
Selbst 2022, als es nach Quartalszahlen gefühlt immer abwärts ging, waren die Kursverluste nicht so dramatisch.
Das ist ein klarer Hinweis darauf, wie fragil der Markt sein könnte.
Liefern Unternehmen nicht durchweg ab, übertreffen die Schätzungen und erhöhen gleichzeitig die Prognosen, geht es teilweise drastisch abwärts.
Das ließ sich beispielsweise bei Monday.com beobachten:
Totaler Kollaps: Einstiegschance bei Monday.com?
Sind die Erwartungen zu hoch oder sind die Kurse für realistische Erwartungen zu hoch? Im Endeffekt ist beides dasselbe.
Zu viel billiges Geld
Aus meiner Sicht mehren sich die Warnzeichen bereits seit längerer Zeit. Inflation, Zölle, vergleichsweise hohe Leitzinsen, zunehmende Konflikte – nichts davon spricht für steigende Kurse.
Was den S&P 500 und die Kurse im Allgemeinen in Wirklichkeit treibt, ist die enorme Ausweitung der Geldmenge, vor allem durch die rasante Verschuldung vieler Staaten – allen voran die USA. Daraus resultiert ein enormer Anlagedruck.
Man muss sich nur im Alltag umschauen: Das Geld entwertet in großer Geschwindigkeit, daher scheint jede Anlageklasse recht zu sein, um Cash loszuwerden.
Das führt jedoch zu Fehlallokationen, Blasen und bereitet heute schon den Boden für einen Crash. Der kann nächste Woche beginnen oder aber in 2 Jahren – aber er wird kommen.
Warum Cybersecurity alternativlos bleibt
Kommen wir zurück zu Fortinet, einem Paradebeispiel für die aktuelle Berichtssaison.
Fortinet ist ein Spezialist für Netzwerksicherheit. Das Geschäftsmodell basiert auf dem Verkauf von Netzwerksicherheitslösungen wie Firewalls, VPNs, Antivirus-Software, Cloudsicherheit und anderen Lösungen für die Cybersicherheit.
Zusätzlich bietet Fortinet auch Managed-Security-Services an, bei denen das Unternehmen die Sicherheit seiner Kunden überwacht und verwaltet.
Mit ihrem Secure Access Service Edge (SASE) Modell sind Unternehmen in der Lage, die Zugänge zu Anwendungen und Infrastrukturen abzusichern. Besonders gilt das für Endanwender, die remote arbeiten.
Fortinet war oder ist demnach ein großer Profiteur der zunehmenden Digitalisierung und des Trends zum Homeoffice, wenngleich es bei dem zweiten Thema auch gewisse Strömungen in die entgegengesetzte Richtung gibt.
An den grundlegenden Trends ändert das aber wenig, die Richtung ist vollkommen klar. Die Digitalisierung der Welt wird sich unaufhörlich fortsetzen und das führt dazu, dass die Cybersecurity-Branche von einer stetig steigenden Nachfrage getragen wird.
Das hört man als Anleger gerne
Für die meisten Unternehmen stellt sich nicht die Frage, ob man die Sicherheitssysteme von Anbieter A oder B verwendet, sondern welche man zu den ohnehin schon verwendeten Systemen noch zusätzlich braucht.
Cybersecurity ist daher ein integraler Bestandteil geworden, um die Integrität, Verfügbarkeit und Vertraulichkeit von Informationen zu gewährleisten und um den reibungslosen Betrieb von Geschäfts- und Regierungssystemen sowie kritischen Infrastrukturen zu gewährleisten.
Die Kosten für Cybersecurity sind im Verhältnis zu den möglichen Schäden marginal und machen auch grundlegend nur einen minimalen Anteil aller Ausgaben aus.
Das führt dazu, dass Kunden, die erstmal gewonnen wurden, in der Regel auch für eine lange Zeit Kunden bleiben.
Darüber hinaus ist das Geschäft von Anbietern wie Fortinet hochprofitabel, gut skalierbar und dank der gängigen Abo-Modelle auch gut planbar.
Fortinet auf Siegeszug
Diese Trends und Faktoren haben dazu beigetragen, dass Fortinet ein massiver Outperformer wurde.
In den zurückliegenden zehn Jahren konnte der Umsatz von 1,01 Mrd. USD auf 5,96 Mrd. USD gesteigert werden.
Der freie Cashflow legte im selben Zeitraum von 0,28 auf 2,43 USD je Aktie zu.
Das Geschäft ist gut skalierbar und hochprofitabel, die FCF-Marge liegt bei über 30 %. Daher konnte man das Wachstum vollständig aus dem laufenden Cashflow finanzieren. Nennenswerte Schulden hat das Unternehmen nicht.
Seit 2017 kauft das Unternehmen sogar sukzessive eigene Aktien zurück und hat die Zahl der ausstehenden Papiere von 872 auf 764 Millionen Stück reduziert.
Mal wieder ein Kurssturz
Doch all das hat Fortinet nicht davon bewahrt, von Zeit zu Zeit eine größere Korrektur zu vollziehen oder einen handfesten Crash hinzulegen.
An dieser Stelle könnte ich wieder das Lied von der irrationalen Kurzsichtigkeit des Marktes anstimmen, aber ich belasse es dabei.
Stattdessen schauen wir uns an, was den Kurssturz ausgelöst hat.
Der Gewinn lag in Q2 mit 0,64 USD je Aktie weit über den Erwartungen von 0,59 USD. Mit einem Umsatz von 1,63 Mrd. USD wurden die Analystenschätzungen von 1,62 Mrd. USD ebenfalls übertroffen.
Auf Jahressicht entspricht das einem Umsatzplus von 14 % und einem Gewinnsprung von 12 %.
Der operative Cashflow verbesserte sich um 32 % auf 451,9 Mio. USD. Aufgrund von größeren Anschaffungen war der FCF jedoch von 318,9 auf 284,1 Mio. USD rückläufig.
Ob das alles einen Kurssturz von fast 30 % rechtfertigt, ist fragwürdig. Bei der UBS hatte man aber sofort eine Begründung gefunden. Das Geldhaus warnt vor „niedrigen zweistelligen“ Wachstumsraten, da Fortinet für das vierte Quartal nur ein Umsatzplus von 11 % in Aussicht stellt, was unter den langfristigen Zielen von 12 % liege.
Ich musste herzlich lachen.
Prognosen, Panik und Potenzial
Die Prognose für das laufende Geschäftsjahr wurde in unbedeutendem Umfang angepasst und weitgehend bestätigt.
Die Umsatzprognose wurde beispielsweise von durchschnittlich 6,75 auf 6,80 Mrd. USD erhöht, beim Servicegeschäft jedoch von 4,65 auf 4,60 Mrd. USD gesenkt. Die operative Marge wurde von durchschnittlich 32,5 % auf 32,75 % erhöht und die Gewinnerwartungen von 2,46 auf 2,50 USD je Aktie leicht erhöht.
Weder die Quartalszahlen noch der Ausblick haben irgendwelche tiefgreifenden neuen Informationen geliefert, die die Lage grundlegend verändert haben oder würden.
Den Konsensschätzungen zufolge soll der freie Cashflow in diesem Jahr um 14 % auf 2,77 USD je Aktie steigen.
Fortinet kommt demnach auf einen forward P/FCF von 28,3. Damit ist die Aktie zum ersten Mal seit August vergangenen Jahres wieder fair bewertet. In den letzten fünf Jahren lag der P/FCF durchschnittlich bei 29,7.

Die erste Panik ist schnell verflogen. Mit der Rückkehr über 78 USD wurde sogar ein Kaufsignal ausgelöst. Ein erstes mögliches Kursziel liegt bei 82,00 – 83,50 USD. Darüber wäre sogar ein schneller Gap-Close denkbar.
Fällt die Aktie hingegen unter 78 USD zurück, muss mit erneuten Kursverlusten in Richtung 73 oder 70 USD gerechnet werden.
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