Die Rallye von Expedia könnte vor einem entscheidenden Wendepunkt stehen. Einsteigen, aussitzen oder Reißleine ziehen?
Im letzten Artikel bin ich ausführlich auf die aktuelle Situation bei Airbnb eingegangen (Buybacks, Wachstum, volle Kassen: Nachzügler-Chance Airbnb?) und natürlich wurde auch Expedia thematisiert.
Die Aktie notiert inzwischen nahe dem Allzeithoch und hat die kurstechnische Durststrecke, im Gegensatz zu Airbnb, längst hinter sich gelassen.
Seitdem die Aktie 2022 abgestürzt ist, habe ich mich zigmal positiv zur Aktie geäußert, und wer die Volatilität ausgehalten hat, ist damit sehr gut gefahren. Je nach Einstiegszeitpunkt liegt die annualisierte Rendite in dieser Zeit bei 20 – 40 %.
Jetzt stellt sich die Frage, ob die Rallye langsam ihr Ende erreicht hat.
Mehr als nur Hotelbuchungen
Expedia Group gehört zu den weltweit führenden Reisevermittlungsportalen für Flüge, Hotels, Mietwagen, Ferienunterkünfte, Aktivitäten und Pauschalreisen.
Zur Gruppe gehören neben Expedia auch Marken wie Hotels.com, Vrbo, Travelocity, Hotwire, Orbitz, Ebookers, CheapTickets, CarRentals.com, Expedia Cruises, Wotif und Trivago.
Mit den verschiedenen Marken adressiert das Unternehmen unterschiedliche Kundengruppen und Segmente in allen möglichen Bereichen.
Das Geschäftsmodell von Expedia basiert auf mehreren komplementären Erlösquellen. Zum einen das Merchant-Modell, bei dem Expedia als Händler agiert und beispielsweise Kontingente in Hotels einkauft und sie mit entsprechendem Aufschlag weiterverkauft.
Hinzu kommt das Agenturmodell, bei dem Expedia lediglich als Vermittler fungiert und Provisionen erhält, sowie eine Advertising- und Media-Einheit (Expedia Group Media Solutions), die besonders hohe Margen erzielt, indem sie Anzeigen an Reiseanbieter verkauft.
Ein weiterer Hebel sind Affiliate-Partnerschaften und Loyalty-Programme – insbesondere die 2024 eingeführte One-Key-Plattform, die Expedia Rewards, Hotels.com Rewards und Vrbo Rewards bündelt, stärkt das Kundenbindungs-Potenzial und ermöglicht wiederkehrende Einnahmen.
Die stille Transformation
In den letzten Jahren hat das Unternehmen eine ganze Reihe strategischer Maßnahmen ergriffen, um sich schlanker aufzustellen und die Profitabilität zu erhöhen.
Bereits vor 2020 wurde ein Programm zur Kostenreduktion und Effizienzsteigerung gestartet, wodurch die Fixkosten deutlich gesenkt werden konnten.
Darüber hinaus gab es Anpassungen im Working-Capital-Management, die sich positiv auf den Cashflow ausgewirkt haben. Hinzu kamen eine stärkere Fokussierung auf das margenstarke Merchant-Geschäft und Investitionen in Loyalitätsprogramme und KI-getriebene Tools.
Das hat teilweise auch Geld gekostet, ist aus meiner Sicht aber strategisch richtig.
Die wichtigste Maßnahme war jedoch wohl sicherlich, dass Expedia eine Konsolidierung der Technologieinfrastruktur von über 20 Plattformen auf drei durchgeführt hat. Dadurch wurden die Cloud-Kosten um mehr als 10 % gesenkt.
In Summe hat das dazu geführt, dass sich die operative Marge massiv verbessert. Von etwa 8 % im Jahr 2019 auf 12 % im Jahr 2024.
Rekorde auf Rekorde
Dieser Umstand, gepaart mit dem organischen Wachstum, hat zu massiven Gewinnsteigerungen geführt. Im laufenden Geschäftsjahr dürfte Expedia mehr als doppelt so viel wie 2019 verdienen.
Derzeit sehen die Konsensschätzungen für dieses Jahr einen Gewinnsprung um 18 % auf 14,25 USD je Aktie vor. Expedia kommt demnach auf eine forward P/E von 13,7. In den fünf Jahren vor 2020 lag die P/E durchschnittlich bei über 20, obwohl die Wachstumsraten und die Margen damals niedriger waren.
Ferner sprechen die jüngsten Quartalszahlen dafür, dass die Prognosen zu niedrig sein könnten.
Im zweiten Quartal lag der Gewinn mit 4,24 USD je Aktie weit über den Erwartungen von 4,14 USD. Mit einem Umsatz von 3,78 Mrd. USD wurden die Analystenschätzungen von 3,72 Mrd. USD ebenfalls übertroffen.
Auf Jahressicht entspricht das einem Umsatzplus von 6 % und einem Gewinnsprung von 21 %.
Der freie Cashflow ist jedoch um 29 % auf 921 Mio. USD gesunken. Das sollte einen als Anleger jedoch nicht verunsichern, da der Cashflow bedingt durch das Geschäftsmodell von Quartal zu Quartal stark schwankt.
Darüber entsprechen 921 Mio. USD etwa 7,14 USD je Aktie, also weitaus mehr als der gemeldete Gewinn.
Expedia nutzt den starken Cashflow weiterhin für massive Buybacks. Im ersten Halbjahr hat das Unternehmen für 957 Mio. USD eingezogen, wodurch die Zahl der ausstehenden Aktien auf Jahressicht von 131,9 auf 126,4 Millionen Stück gesunken ist.
Expedia zeigt sich aufgrund der unvorhersehbaren Rahmenbedingungen trotzdem zurückhaltend.
Die Prognose für das Umsatzwachstum im laufenden Geschäftsjahr wurde von 2 – 4 % auf 3 – 5 % vorsichtig erhöht. Darüber hinaus stellt man einen Anstieg der EBITDA-Marge um 100 statt 75 – 100 Basispunkte in Aussicht.
Mit Blick auf die ersten beiden Quartale ist der Ausblick sehr konservativ. Der Vorstand will scheinbar keinesfalls die Erwartungen verfehlen.

Als Reaktion auf die Quartalszahlen ist es zu einem Kurssprung gekommen. Zeitweise notierte die Aktie bei über 210 USD, hat jedoch bei 195,26 USD geschlossen.
Für die Bullen ist das eine schwierige Situation. In der Regel kommt es im Anschluss an derartige Intraday-Abverkäufe zu weiteren Kursverlusten.
Fällt die Aktie jetzt unter 190 USD, ist ein Rücksetzer in Richtung 178 USD wahrscheinlich.
Sollte die Aktie jedoch nicht unter 190 USD fallen, könnte der Spuk bereits vorüber sein.
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