MDAX: Achtung, „Gravestone Doji“!

von Ronald Gehrt
14.11.2025 | 08:17 Uhr

Die Analysen von Ronald Gehrt basieren auf einer Kombination fundamentaler Fakten und Daten mit der aktuellen chart- und markttechnischen Situation des/der hier vorgestellten Index/Rohstoffs/Währungspaars/Aktie. Bilanz- und Konjunkturdaten sowie wirtschafts- und finanzpolitische Fakten, Nachrichten und/oder Statements werden als Grundlage zur Beurteilung der charttechnischen und markttechnischen Perspektive des untersuchten Werts analysiert.

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Kann ein Index im Plus schließen und trotzdem ein potenziell bärisches Signal abliefern? Ja, das geht. Und genau das passierte gestern beim MDAX. Das kleine Plus des Donnerstags dürfte die Bullen ziemlich nervös machen, weil es am Morgen noch ein großes gewesen war.

Am Morgen hatte der MDAX noch starke 1,8 Prozent zugelegt. Zum Handelsende blieben davon noch 0,12 Prozent übrig. Dabei hatte der Index zum Handelsstart eine kleine Aufwärts-Kurslücke generiert, was dazu führte, dass er sogar noch unter dem Eröffnungskurs schloss. Damit sehen wir hier einen perfekten „Gravestone Doji“. Der hätte zwar eine noch unerfreulichere Bedeutung, wenn er am Ende einer langen Aufwärtsbewegung auftauchen würde und nicht, wie hier, im Zuge einer Korrektur. Aber ob vorherige Rallye oder nur der Versuch, sich – wie im aktuellen Fall – aus einer Korrektur zu befreien: Die Grundaussage dieses Dojis ist, dass die Bullen hier womöglich die Beerdigung ihrer Ambitionen erleben.

MDAX: Chart vom 13.11.2025, Kurs 29.610,57 Punkte, Kürzel: MDAX | Quelle: TWS | Online Broker LYNX
MDAX: Chart vom 13.11.2025, Kurs 29.610,57 Punkte, Kürzel: MDAX | Quelle: TWS

Zumal dieser Abverkauf von eingangs kräftigen Kursgewinnen nicht im charttechnischen Niemandsland stattfand. Dass der MDAX dadurch die zeitweise schon überbotene, kurzfristige Abwärtstrendlinie nicht bezwang, ist das kleinere der Probleme, mit denen sich die Bullen jetzt konfrontiert sehen. Weitaus kritischer ist, dass der Index im Vorfeld an die wichtige 200-Tage-Linie herangelaufen war, diese dann gestern überbot, deutlich weiter stieg und am Ende wieder von oben auf diesen gleitenden Durchschnitt zurückfiel. Kurz: Hier ist ein Ausbruchsversuch komplett misslungen. Und das dritte Problem ist:

Den aktuellen Kurs und Chart des MDAX sowie Kursinformationen und alle Aktien des Index finden Sie hier.

Expertenmeinung: Diejenigen, die am Donnerstag in die anfänglichen Gewinne hinein ausstiegen, haben durchaus taugliche Argumente auf ihrer Seite. Zum einen drückten den Index Abgaben bei im Vorfeld sehr stark gelaufenen Werten wie Aixtron, Nordex oder der Auto1 Group, bei denen diese Gewinnmitnahmen durchaus noch ein wenig weitergehen könnten. Vor allem aber sorgte der Umstand für Unruhe, dass in den USA zwar der bislang längste Shutdown der Geschichte endlich vorbei ist, der Jubel an den US-Aktienmärkten aber ausblieb und im Gegenteil Verkäufe das Bild an der Wall Street bzw. am Times Square, wo die Nasdaq ihren Sitz hat, bestimmten.

Aussagen der Sprecherin des Präsidenten und eines seiner Wirtschaftsberater, dass einige entscheidende Konjunkturdaten des Oktobers wie Inflations- und Arbeitsmarktdaten nicht verspätet, sondern gar nicht veröffentlicht werden könnten, beunruhigen die Akteure jenseits des Atlantiks, aber natürlich auch hierzulande. Denn wenn solche Andeutungen von ohne Not „einkassierten“ Daten auftauchen, sagt sich wohl so ziemlich jeder, dass da irgendetwas höchst Ungutes im Busch sein könnte.

Noch ist der MDAX durch diese Bullen-Pleite nicht bärisch. Dazu müsste nicht nur die 200-Tage-Linie, sondern auch das Zwischentief bei 28.770 Punkten brechen und damit aus der vermeintlichen Bärenfalle (die man konstatieren konnte, nachdem der MDAX sofort nach diesem letzten Tief am vergangenen Freitag wieder über die Supportzone 28.988/29.266 Punkte hinaus anzog) doch noch einen Sieg der Bären machen. Aber das Risiko, dass es so kommt, ist nicht unbedingt klein. Denn ein solcher „Gravestone Doji“ als Ergebnis des Versuchs, die 200-Tage-Linie mit Schwung zu bezwingen, dürfte die Zahl derer, die sofort mit eigenem Geld nachsetzen und die kritische Situation damit bereinigen wollen, vermutlich deutlich eingrenzen.

Der Inhalt dieses Artikels wurde erstellt am 13.11.2025 um 22:17 Uhr. Sofern nicht anders angegeben, beabsichtigen wir nicht, diesen Artikel zu aktualisieren. In Zukunft können aber Analysen zum selben Finanzinstrument veröffentlicht werden.

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Nach dem Abitur 1984 studierte der gebürtige Hamburger an der Universität der Bundeswehr Betriebswirtschaftslehre. Im Anschluss an seine Dienstzeit als Offizier begann seine Zeit als Analyst und Finanzjournalist. Seit 1996 war und ist er als Redakteur, Referent und Kolumnist in zahlreichen Funktionen aktiv, seit 2016 ist er unter anderem Analyst bei LYNX. Gehrt ist ein Allrounder, der in der fundamentalen, d.h. volks- und betriebswirtschaftlichen Analyse ebenso sattelfest agiert wie in den verschiedenen Disziplinen der Technischen Analyse wie Chart- und Markttechnik und Sentinentanalyse.

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