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Dow Jones: 50.000 Punkte – nur ein Bullen-Traum?

von Ronald Gehrt
15.09.2025 | 08:08 Uhr

Die Analysen von Ronald Gehrt basieren auf einer Kombination fundamentaler Fakten und Daten mit der aktuellen chart- und markttechnischen Situation des/der hier vorgestellten Index/Rohstoffs/Währungspaars/Aktie. Bilanz- und Konjunkturdaten sowie wirtschafts- und finanzpolitische Fakten, Nachrichten und/oder Statements werden als Grundlage zur Beurteilung der charttechnischen und markttechnischen Perspektive des untersuchten Werts analysiert.

Hören Sie sich die Audioversion dieses Artikels an (KI-generiert).

Im November 2024 erreichte der Dow Jones erstmals 45.000 Punkte. Es war eine lange, zähe Angelegenheit und bedurfte mehrerer Anläufe, bis dieser Deckel im August gesprengt wurde. Aber jetzt könnte es zügig bis 50.000 gehen – oder sind das nur Bullen-Träume?

Antworten auf die Frage nach der Chance, historisch wirkende Kursmarken zu erreichen, sind immer mit vielen „Wenns“ verbunden. Denn richtig mag schon sein, dass die derzeit vorherrschende Kombination aus fehlendem Risikobewusstsein, fehlendem Fachwissen und blanker Gier nach oben nichts unmöglich macht. Diese Mixtur hat aber zugleich den Haken, dass sich zu sicher fühlende Anleger hektisch, ggf. sogar panisch reagieren, wenn ihr „Goldlöckchen-Szenario“ auf einmal Risse bekommen sollte. Und da solche Risse im Fundament in der Regel durch externe Einflüsse entstehen, kann man nicht vorhersagen, ob sie vor einem Erreichen der 50.000er-Marke auftauchen oder nicht.

Was man festhalten kann, ist: Diese runde Marke ist prozentual nicht allzu weit entfernt. Gemessen am bisherigen, am Donnerstag bei 46.137 Punkten erreichten Verlaufshoch wären das gerade einmal 8,37 Prozent. In einer euphorischen Phase wäre das durchaus binnen weniger Wochen zu machen.

Zwar steigt der Dow Jones derzeit eher langsam. Das sehen wir daran, wie lange es dauerte, die 45.000 nachhaltig zu überbieten, ebenso wie anhand des Charts auf Monatsbasis, den wir dafür logarithmisch berechnet haben. Denn da hat ein Prozent Kursanstieg immer die gleiche Größe auf der Y-Achse, sodass man die Dynamik des Kursanstiegs im langfristigen Kontext besser ermessen kann. Das ist aber kein Hindernis für eine Intensivierung des Aufwärtstrends, im Gegenteil könnte man behaupten, dass gerade deswegen noch einiges nach oben möglich wäre, bevor man den Dow Jones als „heiß gelaufen“ einordnen müsste.

Dem entgegen spricht zwar die Bewertung: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des Index, errechnet aus dem Schnitt der KGVs der in ihm enthaltenen Aktien, liegt momentan mit 25,1 historisch am oberen Ende der Bandbreite. Aber es ging 2024 sogar noch teurer – da hatte das US-Index-Flaggschiff zeitweise sogar fast ein KGV von 28 erreicht – und brach deswegen trotzdem nicht weg. Das bullische Lager könnte sich somit ausrechnen, dass der Index allemal noch zehn Prozent zulegen könnte, bevor er erneut so teuer ist wie am Bewertungs-Hoch 2024. Und diese zehn Prozent reichen für einen Run an die 50.000 aus.

Den aktuellen Kurs und Chart des Dow Jones sowie Kursinformationen und alle Aktien des Index finden Sie hier.

Expertenmeinung: Aber die Konjunktur? Die Gefahr, dass die Inflation wieder anzieht, ist noch keineswegs gebannt, dafür ist jetzt aus dem vagen Risiko, dass der Arbeitsmarkt in die Knie gehen könnte, bereits eine Tatsache geworden. Kann ein Aktienindex in einem solchen Umfeld noch so weit steigen?

Kann er. Er muss nicht, keine Frage, aber er könnte. Denn momentan scheint eine Mehrheit der Anleger sich auf die (nicht vorhandene) Sicherheit zu stützen, dass durch Leitzinssenkungen alles wieder in die bullische Spur kommt und die Inflation einfach von alleine verschwindet, sollte sie überhaupt stärker werden. Diese „Hypothese“ ist zwar so nicht haltbar. Aber am Aktienmarkt war es schon immer so, dass nur genug Akteure an etwas glauben müssen, um es durch ihr eigenes Handeln real werden zu lassen: Wenn genug Anleger im Glauben an eine unzerstörbare Dauer-Hausse immer weiterkaufen, kann der Dow Jones eben auch nicht abdrehen. Aber wie oben erwähnt:

Dow Jones: Tages-Chart vom 12.09.2025, Kurs 45.834,22 Punkte, Kürzel: INDU | Quelle: TWS | Online Broker LYNX
Dow Jones: Tages-Chart vom 12.09.2025, Kurs 45.834,22 Punkte, Kürzel: INDU | Quelle: TWS

Die große Unbekannte besteht in jederzeit möglichen, externen Irritationen, die einen solchen „Glauben“ blitzschnell verschwinden lassen können. Und da sollte man sich nicht zu sicher sein, dass, was längst als abgehakt gilt, nicht doch wieder zum Schreckgespenst werden könnte, z. B. die Inflation oder die drückende Wirkung der Zölle.

Dow Jones: Monats-Chart vom 12.09.2025, Kurs 45.834,22 Punkte, Kürzel: INDU | Quelle: TWS | Online Broker LYNX
Dow Jones: Monats-Chart vom 12.09.2025, Kurs 45.834,22 Punkte, Kürzel: INDU | Quelle: TWS

Ein anderer Faktor, den man nicht greifen kann, ist die Frage, wie viele Marktteilnehmer dem Anstieg gelassen und mit vollem Depot, aber mit großer Skepsis und einem Finger über der „Exit-Taste“ bislang nur zuschauen, weil das Momentum der Aufwärtsbewegung derzeit noch gut ist. Wird die meist ja große Mehrheit derer, die den täglichen Handel nur passiv begleiten, aktiv, weiß man nie, was aus einer solchen Wundertüte herauskommt.

Fazit: Die Gier, die viele derzeit erfasst hat, kann zusammen mit einem schwindenden Bewusstsein für Risiken auch einen Dow Jones bei 50.000 ermöglichen. Aber sicher ist das eben in keiner Weise. Und unsicher genug, um keine Long-Position ohne Stoppkurs zu halten. Wobei man es derzeit relativ einfach hätte, diesen zu platzieren: Sinnvoll wäre es für aggressivere Long-Trades, einen Stop Loss unter der jetzt als markante Unterstützung fungierenden Zone um 45.000 Punkte anzusiedeln, ein-, zweihundert Punkte unter das bisherige Verlaufstief des Septembers, das Anfang des Monats bei 44.948 Zählern markiert wurde.

Sofern nicht anders angegeben, beabsichtigen wir nicht, diesen Artikel zu aktualisieren. In Zukunft können aber Analysen zum selben Finanzinstrument veröffentlicht werden.

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Nach dem Abitur 1984 studierte der gebürtige Hamburger an der Universität der Bundeswehr Betriebswirtschaftslehre. Im Anschluss an seine Dienstzeit als Offizier begann seine Zeit als Analyst und Finanzjournalist. Seit 1996 war und ist er als Redakteur, Referent und Kolumnist in zahlreichen Funktionen aktiv, seit 2016 ist er unter anderem Analyst bei LYNX. Gehrt ist ein Allrounder, der in der fundamentalen, d.h. volks- und betriebswirtschaftlichen Analyse ebenso sattelfest agiert wie in den verschiedenen Disziplinen der Technischen Analyse wie Chart- und Markttechnik und Sentinentanalyse.

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