In nur zwei Handelstagen verlor der Dow Jones 9,25 Prozent. Die Performance eines ganzen Jahres wurde dadurch ausgelöscht. Kein Wunder, die Rahmenbedingungen wechselten von „unschön“ zu „gefährlich“. Aber auch ein Kurseinbruch ist keine Einbahnstraße!
Im allerersten Moment, als Donald Trump am Mittwoch begann, diese Einfuhrzölle zu seinem angeblichen „Tag der Befreiung“ für die USA zu verkünden, sausten die Kurse beim Dow-Jones-Index nach oben, weil man dachte: Schau an, da ist ja gar nichts Schlimmes, nur diese „reziproken Zölle“, das ist ja harmlos. Minuten später brachen die Kurse ein. Und zwar, als man sah, was genau da an Zöllen auf den Rest der Welt zukommt. Da verstanden die ersten: Das ist fatal. Und wer dann in den Stunden danach herausfand, wie diese Zölle berechnet wurden, nämlich anhand falscher, nicht geeigneter Daten plus diversester, absurder Annahmen und Unterstellungen, erkannte: Das ist unfair, katastrophal und nebenbei auch noch geeignet, den USA selbst extrem zu schaden.
Dann, am Freitagmittag, folgte die umgehende und völlig nachvollziehbare erste Retourkutsche. Die kam aus China, wo es jetzt für US-Importe heißt: 34 Prozent auf alles, außer gar nichts. Und als kleines Dankeschön verfügt Peking auch noch Exportkontrollen für Seltene Erden, die die USA dringend brauchen, vor allem im Hightech- und Rüstungsbereich.
Der Dow Jones befreite sich in diesen ersten beiden Handelstagen nach Trumps „Tag der Befreiung“ erst einmal vom kompletten Rest an Performance, der nach der Toppbildung für die vergangenen zwölf Monate übriggeblieben war. Und es ist genug darüber geschrieben worden, um es hier kurz zu machen: Diese Abschläge sind berechtigt. Und wenn die US-Regierung unklug genug ist, ihre Drohungen wahr zu machen, dass auf Gegenzölle nur noch viel höhere Zölle seitens der USA folgen würden, ist da noch Luft nach unten. Viel Luft. Aber!
Expertenmeinung: Nach einem derart drastischen Selloff sollten es jetzt die bärischen Trader sein, die wie auf Eiern gehen. Vor allem diejenigen, die erst am Freitag die Seiten gewechselt hatten und angesichts der vorherigen, durch Nichtbeachtung der bärischen Signale (200-Tage-Linie gebrochen, Doppeltopp vollendet) aufgelaufenen Verluste darauf hoffen, dass ihnen die Short-Seite das wieder reinholt. Das kann sein, je nachdem, was Trump jetzt tut bzw. über den Rest des Wochenendes tat (geschrieben wurde der Beitrag am Samstagmittag), kann aus gelinder Panik völlige Panik werden. Das brisante daran ist aber das Wort „kann“!
Denn jeder kleine Augenblick der Beruhigung oder gar eines (zugegeben unwahrscheinlichen) Schritts zurück zur Vernunft im Weißen Haus kann eine drastische Gegenbewegung nach oben auslösen. Eine echte Aufwärtswende ist zwar extrem unwahrscheinlich, denn dafür wurde zu viel ruiniert und wird noch mehr ruiniert werden, wenn dieser ganze Irrwitz erst einmal seine reale Wirkung zeigt. Ich für meinen Teil halte die Befürchtung, die Inflation könnte auf vier bis fünf Prozent steigen und das Wachstum leicht rückläufig werden, für eine charmante Untertreibung. Aber von einer Rallye von vier, fünf oder mehr Prozent, die plötzlich auftaucht, überrollt zu werden, ist trotzdem möglich. Weil?
Weil Gewinne eben erst echte Gewinne sind und nicht nur als Buchgewinn trügerisch auf dem Depotauszug stehen, wenn man die Gewinnposition schließt. Und das heißt für die Short-Seite: Die Aktien, die man leer verkauft hat, muss man zurückkaufen. Das zieht die Kurse. Die Futures, in denen man Short ging, schließt man durch eine Gegenposition, sprich man muss Long gehen. Kurz: Wollen die Bären mal Gewinne mitnehmen, treibt das die Kurse nach oben. Und bei 9,25 Prozent Kurseinbruch binnen zweier Tage beim Dow Jones wird auch die Gegenbewegung kräftig ausfallen.
Wenn sie denn kommt, könnte man sagen. Aber ein, zwei Tage ohne neue Hiobsbotschaften können reichen, alleine, weil der Dow Jones jetzt in einer Region angekommen ist, in der die Bären normalerweise erst einmal Kasse machen würden. Die Charts zeigen, worum es geht:
Im Chart auf Tagesbasis haben wir die ersten zwei Aspekte, die Eindeckungen jetzt wahrscheinlicher machen: Zum einen hat der Dow das rechnerische Kursziel des Doppeltopps (die Distanz zwischen dem höheren der beiden Hochs und der Nackenlinie, nach unten abgetragen) jetzt erreicht, zugleich ist der RSI-Indikator satt in die überverkaufte Zone gerutscht.

Im Chart auf Wochenbasis sehen wir dann, dass der Index schon nahe an die untere Begrenzung des 2022er-Aufwärtstrendkanals gefallen ist, die momentan innerhalb der Supportzone 37.000 zu 37.600 Punkte verläuft. Das sind Argumente, um auch mal Gewinne zu sichern. Es sei denn, Trump und seine Entourage liefern jetzt zügig neue Argumente, die die Sache noch schlimmer machen. Aber da man sich dessen eben nie sicher sein kann, kann es nur einen Rat geben: Vorsicht auf der Short-Seite! Wobei dass für die Long-Seite ohnehin gilt, denn dieser Aktienmarkt ist jetzt ein fallendes Messer mit sehr scharfer klinge!

Sofern nicht anders angegeben, beabsichtigen wir nicht, diesen Artikel zu aktualisieren. In Zukunft können aber Analysen zum selben Finanzinstrument veröffentlicht werden.
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