EUR.TRY Prognose Türkische Lira implodiert: Aktuelle Lage, Ausblick und Kursziele – Update vom 15.August

Aktuelle Entwicklung des EUR.TRY

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EUR.TRY
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Ticker: EUR.TRY
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Update vom 15. August

Die türkische Lira hat wie erwartet eine Gegenbewegung vollzogen und die Leerverkäufer wurden auf dem falschen Fuß erwischt. Seit der Analyse ist der Wechselkurs von 7,8000 auf derzeit 6,8940 eingebrochen. Im Tief lag der Kurs bei 6,6573.
Am Ende war eine Leitzinserhöhung durch die Notenbank am Bospurus nicht einmal notwendig. Die überkaufte Lage reichte aus. Das Pendel schwenkte von Panik in Richtung Entspannung und die Lira-Leerverkäufer, die ihren Trade unter hohen Zinsen eingegangen waren, wurden aus dem Markt gespült.

Dadurch hat sich das Chance-Risiko-Verhältnis erneut verschoben und es wäre ratsam zumindest Teilgewinne zu sichern.
Aus charttechnischer Sicht scheint das Währungspaar in der Unterstützungszone zwischen 6,75 und 6,90 vorerst auf größeres Interesse zu stoßen. Kurzfristig ist die Lage überverkauft und eine Gegenbewegung in Richtung 7,00 und 7,25 wäre zeitnah denkbar.

Fällt das Währungspaar EUR/TRY hingegen nachhaltig unter 6,75, muss mit einer Fortsetzung der Abwärtsbewegung in Richtung 6,50 bis 6,40 gerechnet werden.

Mittel- bis langfristig sollte die Türkische Lira allerdings weiter abwerten, es sei denn die Notenbank ergreift nachhaltige Maßnahmen.

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Der folgende Artikel wurde am 13.August um 11:10 Uhr veröffentlicht:

Wie man am langfristigen Chart sehen kann, ist die Abwertung der Türkischen Lira kein neues Phänomen. Die Geschwindigkeit, mit der die Währung an Wert verliert, ist es allerdings. Die Lage in der Türkei kann man durchaus als dramatisch bezeichnen.

Sinkt der Kurs der Türkischen Lira, werden alle Waren aus dem Ausland teurer und die Kaufkraft sinkt. Das betrifft auch alltägliche Güter und dementsprechend die Menschen auf der Straße.
Bei einigen Prozent Entwertung pro Jahr ist dieser Prozess unerfreulich aber eben auch schleichend.

Die Wirtschaft passt sich an, durch die hohe Inflation müssen auch die Löhne steigen. Die aktuelle Lage unterscheidet sich aber grundlegend. Verliert eine Währung innerhalb von wenigen Monaten 45% an Wert, hat das schwerwiegende Folgen für die Wirtschaft. Am härtesten trifft es wie immer die Menschen mit dem geringsten Einkommen. Denn die Preise von Lebensmitteln sind geradezu explodiert. Kartoffeln, Karotten und Zwiebeln kosten beispielsweise plötzlich das Doppelte.

Was beeinflusst den Währungskurs?

Am Ende werden die Kurse von frei konvertierbaren Währungen wie der Türkischen Lira schlichtweg durch Angebot und Nachfrage bestimmt.

Maßgeblich dafür sind vor allem Inflation und Leitzins.
Liegt die Inflation in der Türkei beispielsweise bei 10% und in der Eurozone bei 0%, sollte die türkische Lira zum Euro jährlich um 10% abwerten.
Diesem Effekt können die Notenbanken über den Leitzins entgegenwirken. Bieten beispielsweise Staatsanleihen in der Türkei aber 14% an Zinsen und in der Eurozone sind es 0%, kehrt sich der Kapitalstrom um. Die Lira würde in diesem Szenario aufwerten.

(Es handelt sich hier um eine grobe Vereinfachung)

Unter dem Strich bedeutet das: Fließt Geld aus einem Land ab, sinkt der Wert der Währung und vice versa.

Genau hier liegt bereits seit Monaten das Problem. Der türkische Präsident Erdogan wird im Ausland zunehmend als Unsicherheitsfaktor wahrgenommen. Das Land entwickelt sich ganz klar in eine autokratische Richtung.

Die Auslandsinvestitionen in die Türkei sind rückläufig, die Nachfrage nach Lira schwach.
Gleichzeitig ist die Inflation hoch und steigt immer weiter. Wer also Barvermögen hat, schafft es ins Ausland. Das drückt den Kurs zusätzlich.

Was schwächt die Lira?

Zuletzt wurden in der Türkei Inflationsraten von 12-15% gemeldet, in Wirklichkeit dürfte der Wert wohl noch deutlich höher und über dem Leitzins von 17,75% liegen.

Der Realzins von Anlagen in Türkischer Lira ist also negativ und daher fließt Geld ab.

Mehrfach hat die türkische Regierung Druck auf die Notenbank ausgeübt und eine notwendige Erhöhung des Leitzinses verhindert. Man wollte die Wirtschaft nicht abwürgen, denn wichtige Wahlen mussten gewonnen werden. Jetzt wird die Zeche fällig.

Wird der Leitzins trotz hoher Inflation nicht angehoben, wirkt das wie ein Brandbeschleuniger. Die Schere zwischen Zins und Inflation wird immer größer und der Realzins sinkt dementsprechend.
Der Druck, Geld ins Ausland zu schaffen, nimmt zu und im Gegenzug fließt kaum neues Geld ins Land.
Dadurch gibt die Währung weiter nach, Importe werden teurer, die Inflation steigt abermals usw. Es ist ein Teufelskreis.

Wie kam es zum Kurssturz?

Die Lage war bereits schlecht und die Abwertung war absolut gerechtfertigt.
Seit Anfang des Jahres war der Wert einer Lira bereits von 0,22 auf 0,16 Euro gesunken. Nach der Ankündigung der US-Regierung, ging es im Tief bis auf 0,1250 abwärts. Der Tagesverlust lag bei rund 20%.

US-Präsident Trump hat wieder einmal ein Fass zum Überlaufen gebracht. Mit der Erhöhung der Zölle auf Stahlimporte alleine, kann man den Kurssturz aber nicht rechtfertigen.

Die USA haben im vergangenen Jahr rund 2,0 Mio. Tonnen Stahl aus der Türkei importiert und sind einer der größten Abnehmer. Im Verhältnis zur gesamten Handelsbilanz sind die Zölle aber nur ein Tropfen im Ozean.
Die Stahlexporte in die USA entsprechen nicht einmal 1% aller Ausfuhren. Das wird den Außenhandel wohl kaum aus dem Gleichgewicht bringen.

Einschätzung der aktuellen Lage

Eine mittelfristige Abwertung der Lira ist richtig. Der Kurssturz scheint aber überzogen und von Panik getrieben zu sein. Dennoch wurden dadurch auch Fakten geschaffen, denn die Inflation im Land wird weiter angeheizt.

Eine unabhängige Notenbank würde den Leitzins jetzt deutlich erhöhen. Die Lage könnte sich schlagartig entspannen, denn bei einem Leitzins von 25% statt 17,75% sieht die Welt gleich wieder anders aus.

Hier liegt die eigentliche Kernfrage. Ist die türkische Notenbank noch unabhängig genug und kann sie die offensichtlich notwendigen Maßnahmen durchführen? Lenkt Erdogan ein?

Der Markt beantwortet die Frage derzeit mit „Nein“. Erfolgt überraschend doch noch eine angemessene Reaktion der Notenbank, würde es wohl zahlreiche Trader auf dem falschen Fuß erwischen.

Denn die türkische Lira wird derzeit massiv leerverkauft. Es ist ein Spiel mit dem Feuer, schließlich ist der Trade nicht kostenlos. Es fallen 15-20% Zinsen an.
Erhöht die Notenbank den Leitzins, steigen die Kosten der Leerverkäufer noch weiter. Gleichzeitig wird es unwahrscheinlicher, dass die Währung noch weiter abwertet.

Man muss sich das noch einmal bewusst machen. Bei 15% Zinsen muss die Lira ausgehend vom aktuellen Niveau um mehr als 15% abwerten, damit der Trade profitabel ist.

Der Druck ist also hoch. Kommt es zu einer größeren Gegenbewegung, werden wohl unzählige Marktteilnehmer aussteigen (müssen).

Charttechnischer Ausblick

Langfristig ist der EUR/TRY weiterhin klar bullisch und die türkische Lira sollte weiter abwerten. Kurzfristig überwiegen die Risiken für Eurobullen aber wohl eher.

Erfolgt eine Reaktion durch die Türkische Notenbank, kann die Stimmung schnell kippen. Erste Verkaufssignale würden sich unterhalb von 7,70 und 7,60 ergeben. In diesem Fall wären weitere Verluste in Richtung 7,50 sowie 7,40 und 7,25 denkbar.

Greift die Notenbank hingegen nicht ein oder beschließt nur halbherzige Maßnahmen, könnte das Währungspaar EUR/TRY auch direkt über 8,00 ausbrechen. In diesem Fall läge das erste Ziel bei 8,25.

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Vorherige Analysen von EUR.TRY

Währungen sind meist ein Abbild der jeweiligen Wirtschaft. Nicht unbedingt des Wachstums, sondern der Wirtschaftspolitik. Was sich bei der Türkischen Lira durch einen permanenten Abwärtstrend zu Euro und US-Dollar bemerkbar machte. Noch Ende 2010 bekam man für zwei Türkische Lira einen Euro. Jetzt kostet ein Euro fünf Lira. Ein dramatischer Wertverfall, der aber der Türkei gar nicht so unrecht ist – wie allen Ländern, die eine schwache Währung haben. Denn dadurch werden türkische Exporte billiger, der Umsatz steigt, in der Folge auch das Wirtschaftswachstum. Derzeit liegt das Wachstum des türkischen Bruttoinlandsprodukts bei sagenhaften 7,8 Prozent zum Vorjahresquartal (der aktuellste Wert ist der vom vierten Quartal 2017). Eigentlich müsste die türkische Notenbank die Zinsen erhöhen, um den Wertverfall der Lira zu stoppen und vor allem die Inflation zu bremsen. Denn die liegt momentan knapp über zehn Prozent und bremst dadurch den Wachstumseffekt für die Konsumenten wieder aus. Aber die Politik verhindert das, eben weil diese schwache Lira die Wirtschaft am Kochen hält. Eine knifflige Situation, in der die Devisentrader bislang einfach den mittel- und langfristigen Aufwärtstrend des Euro weiter verfolgten – mangels Signalen, dass die „Schwachwährungspolitik“ ein Ende finden könnte. Erfolgte gestern womöglich ein solches Signal? Expertenmeinung: Präsident Erdogan kündigte vorgezogene Neuwahlen an. Die sollen bereits Ende Juni stattfinden, ein Jahr vor dem eigentlich vorgesehenen Termin. Das begründete er einerseits mit der Lage in den Nachbarländern Irak und Syrien, andererseits mit der Notwendigkeit, wirtschaftspolitische Entscheidungen zu treffen. Das löste natürlich Verwirrung aus. Angesichts der bereits jetzt auf ihn vereinten Machtfülle stellt sich den Inverstoren die Frage, was nach einer solchen Wahl wirtschaftspolitisch anstehen könnte, was bisher nicht möglich war. Die Reaktion war ein nachgebender Euro zur Lira: Der Kurs rutschte, nachdem er seinen erstmaligen Ausflug über fünf Lira vor einer Woche beendet hatte, an die 20-Tage-Linie als nächstgelegene Unterstützung heran. Aber hätte eine Trendwende hin zu einem schwächeren Euro, einer stärkere Lira, wirklich eine Chance? Es wäre zumindest überraschend, denn warum sollte bei der ohnehin von Erdogan dominierten wirtschaftspolitischen Ausrichtung danach eine Wende eintreten, die für eine mittelfristig wieder festere Türkische Lira, sprich eine Abwärtswende in der Euro/Lira-Relation gut wäre? Andererseits sind Spekulationen angesichts der klaren charttechnischen Konstellation müßig, denn Euro/Lira weist eine klar umrissene, neuralgische Supportzone zwischen 4,72 und 4,75 Lira pro Euro aus. Erst, wenn diese Zone signifikant durchbrochen wäre, hätte ein Short-Trade auf den Euro zur Lira, der vom Zeithorizont her über kurzfristiges Trading hinausginge, eine Chance. Eine spannende Konstellation, die im Auge zu behalten sich lohnen dürfte! Chart vom 18.04.2018, Kurs 4,9744 TRY, Kürzel EUR.TRY